Herrlicher Weihnachtsschmaus

Gut gespeist
Ausgabe Nr. 1
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Ernährung ist etwas sehr Persönliches: Auch beim Weihnachtsessen.
Ernährung ist etwas sehr Persönliches: Auch beim Weihnachtsessen. ©istock
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Weihnachten – das ist, neben vielem anderen – auch das Fest der kulinarischen Traditionen. Aber was macht das Weihnachtsessen eigentlich gar so besonders? Eine Spurensuche mit Ernährungspsychologin Simone Ebner.

Was kochen Sie denn heuer zu Weihnachten? Wissen Sie es schon? Wenn die Antwort „Ja“ lautet, gehören Sie vielleicht sogar zu jenen rund 45 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher, die am Heiligen Abend und den beiden Tagen danach immer dieselbe Menüabfolge auf den Tisch bringen. Denn obwohl unsere täglichen Essgewohnheiten immer facettenreicher werden, halten sich viele gerade zu den Weihnachtsfeiertagen ganz besonders gerne an liebgewonnene kulinarische Traditionen. 

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Traditionelles Weihnachtsessen

„Traditionelle Gerichte haben oft eine lange Geschichte und werden über viele Generationen weitergegeben“, sagt dazu Simone Ebner. Sie ist klinische Psychologin, Gesundheits- und Ernährungspsychologin sowie integrative Ernährungsexpertin und beschäftigt sich als solche vereinfacht gesagt mit den psychologischen Einflussfaktoren auf unser Essverhalten sowie mit den Auswirkungen der Ernährung auf unser körperliches und seelisches Wohlbefinden. „Kulinarische Traditionen sind Ausdruck der kulturellen Identität und auch der Familienidentität und tragen zur Aufrechterhaltung von Werten bei“, betont sie. Dazu kommt: Überlieferten Rezepten aus älteren Generationen wird meist eine große Bedeutung entgegengebracht. „Solche ,alten‘ Rezepte in der heutigen Zeit wieder und wieder auf den Teller zu bringen, schafft eine Verbindung zu früheren Generationen und spricht uns ganz tief in unserem Inneren an“, sagt Simone Ebner. „Die Zubereitung und der Verzehr dieser Speisen kann auch mit Erinnerungen und Emotionen verbunden sein, die mit früheren Weihnachtsfesten und geliebten Menschen assoziiert sind. Der Duft oder der Genuss der traditionellen Vanillekipferl können so zum Beispiel schöne Kindheitserinnerungen an das gemeinsame Backen mit der Oma wecken.“
 

Weihnachtsessen: Vorhersehbar und sicher

Traditionen ganz generell, so Simone Ebner, seien in den allermeisten Fällen mit viel Freude und auch Vorfreude verbunden. Etwas, das man besonders gut zu Weihnachten und auch schon in der Vorbereitungszeit zu Weihnachten sieht. „Traditionen vermitteln Vorhersehbarkeit und Sicherheit“, sagt Simone Ebner. „Das sind wichtige Grundbedürfnisse des Menschen. Und sie können das Gefühl der Zusammengehörigkeit und Kontinuität in einer Familie, einer Gemeinschaft stärken.“ Das gemeinsame Essen zu den Weihnachtsfeiertagen kann in diesem Sinne dazu beitragen, das Bedürfnis nach Bindung und Zusammengehörigkeit zu nähren, das Genusserleben durch die gemeinschaftliche Essenssituation zu fördern und Wertschätzung sowie Wohlwollen zu vermitteln beziehungsweise zu spüren. „Als Gastgeber und Gastgeberin vermittle ich Wertschätzung, wenn ich Familienmitglieder mit einem guten Weihnachtsmenü verwöhne, als Gast fühle ich mich dadurch wertgeschätzt“, bringt es Simone Ebner auf den Punkt. Das Zusammensein beim Weihnachtsessen bietet zudem Gelegenheit, Erinnerungen zu teilen, wieder aufleben zu lassen und gemeinsam neue zu schaffen.
 

Mehr als reine Nahrungsaufnahme

„Essen hat ja tatsächlich oft mehr Bedeutung als einfach nur den Hunger zu stillen“, sagt Simone Ebner. Es gehe nicht nur um die Versorgung körperlicher Bedürfnisse, sondern auch die Erfüllung psychischer Bedürfnisse. „Essen – oder auch Nicht-Essen – kann eine, vielleicht unbewusste, Strategie sein, um beispielsweise mit schwierigen Emotionen umzugehen. Denken Sie nur an die Redensart ,Den Ärger hinunterschlucken‘.“ Nahrung könne durch die Ausschüttung unterschiedlicher Botenstoffe auf physiologischer, körperlicher Ebene beruhigend, entspannend und wohltuend wirken; zu essen habe zudem das Potential, unangenehme Gefühle zu besänftigen, nach einem anstrengenden Tag als Belohnung zu dienen oder Stresserleben erträglicher zu machen. Das gilt wohl auch, vielleicht sogar besonders, zu Weihnachten. „Für viele Menschen ist die Vorweihnachtszeit besonders stressig – da kann das Gefühl beziehungsweise der Gedanke aufkommen, sich nach dieser anstrengenden Zeit an den Feiertagen etwas Gutes tun zu wollen, sich etwas gönnen zu wollen. Und dazu kann das Weihnachtsessen dienen.“

Ernährung ist etwas sehr Persönliches

Weihnachtliche Essenstraditionen aufzugeben ist damit also ein absolutes No-Go, oder? „Sich von Vertrautem und lange Bewährtem verabschieden zu müssen und bisher unbekannte Alternativen zu erschließen, ist mit Unsicherheit verbunden, da entsprechende Erfahrungswerte fehlen“, sagt Simone Ebner. „Der ,Verlust des Vertrauten‘ kann mit Emotionen wie Bedauern, Enttäuschung oder Ärger einhergehen.“ Dass diese Gefühle auftauchen können, dessen müsse man sich bewusst sein. 


Ganz anders wäre das Aufgeben der Traditionen allerdings zu beurteilen, wenn es sich um eine Notwendigkeit handelt. Wenn plötzlich eine Nahrungsmittelunverträglichkeit aufgetreten ist.  Oder wenn sich etwa ein Familienmitglied dazu entschlossen hat, sich vegetarisch oder vegan zu ernähren. „Aus ernährungspsychologischer Sicht ist es wichtig zu bedenken, dass Ernährung eine sehr persönliche Angelegenheit ist und stark von individuellen Überzeugungen und Werten abhängen kann, somit Teil der Identität ist“, sagt Simone Ebner.  Gerade bei großen Festen etwas auf den Tisch zu bringen, das für alle passt oder eben so viel Verschiedenes, damit alle etwas finden, sei damit tatsächlich geradezu unerlässlich. „Alle Familienmitglieder gut versorgt zu wissen oder eben gut zu versorgen, ist ein Zeichen von Wohlwollen, Geborgenheit und Anerkennung der verschiedenen Bedürfnisse in der Familie, sodass sich niemand benachteiligt oder ausgegrenzt fühlt“, sagt Simone Ebner. „Fühlen sich alle in ihren individuellen Vorlieben wahrgenommen und respektiert, stärkt dies das Gefühl der Zugehörigkeit und Akzeptanz – wichtige Aspekte für ein harmonisches Zusammensein.“

Offen, ehrlich …  und rechtzeitig

Wichtig ist es, offen, ehrlich und vor allem auch rechtzeitig darüber zu reden, wenn sich Ernährungsgewohnheiten geändert haben. Ganz egal, ob die Nahrungsumstellung frei gewählt wurde oder aus gesundheitlichen Überlegungen sein musste. Offene, respektvolle Kommunikation fördert das Verständnis und hilft Missverständnissen und Konflikten vorzubeugen. Und davon ganz abgesehen, ist allein aus praktischen Überlegungen klar: Nur wenn man frühzeitig über weihnachtliche Ernährungsbedürfnisse spricht, bleibt ausreichend Zeit, einen neuen Menüplan zu erstellen oder den alten mit entsprechenden Rezepten oder Zutaten zu ergänzen. „Die Schritte der Rezeptsuche beziehungsweise Rezeptauswahl und Mahlzeiten-Zubereitung gemeinsam zu gehen, kann Gefühle der Überforderung und Unsicherheit auf Gastgeber-Seite aber auch bei den Eingeladenen reduzieren“, ist Simone Ebner überzeugt.


Und vielleicht kann die ungewohnte Situation dann sogar dahingehend genutzt werden, neue Traditionen zu entwickeln. Denn neue Wege zu gehen, hat nicht nur mit Abschied zu tun, sondern kann schon auch sehr positiv sein. „Es kann Flexibilität und Offenheit fördern, die Perspektive erweitern und zu einer wandelbaren, dynamischen Familienkultur führen“, sagt Simone Ebner. „Das Ausprobieren neuer Speisen führt dann etwa zu neuen Geschmackserfahrungen und eröffnet die Möglichkeit für bisher unentdeckte Genusserlebnisse.“

Zur Person: Mag. Simone Ebner

Mag. Simone Ebner ist klinische Psychologin, Gesundheits- und Ernährungspsychologin sowie integrative Ernährungsexpertin. Als solche beschäftigt sie sich unter anderem mit den psychologischen Einflussfaktoren auf unser Essverhalten und auch mit den Auswirkungen unserer Ernährung auf unsere körperliche und psychische Gesundheit.
Nähere Informationen unter: ▶ ebnersimone.at
 

Buchtipp: Weihnachten vegetarisch

Dass es nicht immer ein klassischer Festtagsbraten sein muss, wenn man zu Weihnachten hemmungslos schlemmen will, zeigt Christina Heß in ihrem Buch „Weihnachten vegetarisch“. Neben herzhaften Rezepten gibt es auch noch viele süße Köstlichkeiten für den Weihnachtsteller. Alles geeignet als „alleiniges“ Gericht zu glänzen oder als kulinarische Ergänzung der Festtafel für die Vegetarier am Tisch. 
 

Christina Heß, 
Weihnachten vegetarisch

Patmos Verlag
ISBN: 978-3-7995-1216-9 EUR 22,95
 

Buchtipp: A Very Vegan Christmas

Es gibt für jeden das richtige vegane Gericht – das scheint genau das Motto zu sein, das Sam Dixon bei seinem Buch „A Very Vegan Christmas“ verfolgt hat. Denn hier finden sich Rezepte mit denen sich garantiert auch völlige Neulinge auf dem Gebiet der veganen Ernährung anfreunden können. Die über 70 Rezepte zeigen, dass man das Fest der Feste auch wunderbar vegan feiern kann. Oder eben die traditionelle Tafel mit veganen Alternativen bereichern kann. 

Sam Dixon
A Very Vegan Christmas

Dorling Kindersley Verlag 
ISBN 978-3-8310-4867-0 EUR 18,00

Autor:
  • Portraitfoto von Andrea Harringer
    Andrea Harringer
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