Zwei Meilen ja, aber kein Stück des Wegs
Ich habe ein Problem mit dem Ausdruck, dass die Kirche mit jemandem „ein Stück des Wegs gemeinsam gehen“ will. Ich erinnere mich gut an den Zorn eines Bekannten, der als Pate bei Beginn des Firmunterrichts Zeuge war, wie den Firmlingen gedankt wurde, dass sie mit der Kirche ein Stück des Wegs gemeinsam gehen wollten: „Entweder ist der Heilige Geist eine lebensverändernde Macht und die Firmung der Beginn eines großen Abenteuers – oder man lässt das Ganze bleiben. Was soll das fade Gerede vom gemeinsamen Stück des Wegs?“
Die Redensart kann nicht nur abwiegelnd sein, sondern auch aufdringlich. Ein deutscher Weihbischof hat kürzlich zum Thema Ausgetretene gefragt, „ob wir als Gemeinden, als Kirche nicht den Auftrag haben, mit denen unterwegs zu sein, die enttäuscht gegangen sind“. Er hat zwar eingeschränkt, dass man dazu eine „Einladung abwarten“ müsse, aber es lässt vor meinem inneren Auge doch die Szene entstehen, in der sich jemand von der Kirche abwendet – die aber läuft schnell um ihn herum, baut sich vor ihm auf und schaut ihn abwartend an. Dann geht er weg, immer schneller – und die Kirche hält Schritt. Er wechselt die Straßenseite, die Kirche hinterher ...
Klar ist: Für mich als Christ darf es keine Rolle spielen, ob einer ausgetreten ist oder nicht – ich bin da, wenn er mich braucht. Und jeder Seelsorger muss ein großes Herz gerade für die enttäuscht Weggegangenen haben. Aber wir müssen als Kirche ihre Freiheit und ihren Willen hochachten. Kluge Eltern schwieriger Kinder (und auch schwierige Eltern kluger Kinder) erleben, dass oft gerade diese Hochachtung und die damit verbundene Zurückhaltung jene Weite schaffen, in der die Liebe zueinander wieder zu Kräften kommen kann.