Zölibat ist immer für eine Meldung gut
Papst Franziskus wird gefühlt in jedem zweiten Interview zum Zölibat befragt. So auch vor ein paar Tagen vom argentinischen Nachrichtenportal Infobae. Der Interviewer fragte, ob die Kirche mehr Priester bekäme, wenn sie heiraten dürften. Und der Papst sagt: „Ich glaube nicht.“ Und ergänzt, dass der Zölibat in der katholischen Kirche kein für immer bestehendes Gebot ist, sondern auch geändert werden könnte. Genau das lernt man im Kirchenrecht im ersten Semester: Ein „ius divinum“ – also eine für alle Zeit gültige, aus der göttlichen Offenbarung kommende unumstößliche Erkenntnis (wie zum Beispiel die Unauflöslichkeit der Ehe) ist das Eheverbot für Priester nicht. Obwohl seit dem Beginn der Kirche diskutiert, ist der Zölibat ja auch erst im 12. Jahrhundert streng angeordnet worden. Und seitdem gab es noch in jedem Jahrhundert Stimmen, die ihn wieder abschaffen wollten, weil er unzeitgemäß sei.
Das Interessante dabei: Jedes Mal, wenn der Papst – der oft genug erklärt hat, selber ein Freund des Zölibats zu sein – die Möglichkeit verheirateter Priester erklärt, ist in den Medien große Aufregung, als ob es jetzt gleich so weit wäre. Auch nun wieder. Die regelmäßige mediale Hyperventilation erkläre ich mir damit, dass Päpste früher eher sparsam mit Worten waren, um „die Gläubigen nicht zu verwirren“. Gab es trotzdem einen beiläufig fallen gelassenen Satz, musste wohl eine Absicht dahinter stecken.
Aber das ist heute anders, der Papst spricht gern und viel mit Journalisten, und die Diskussionskultur in der Kirchenspitze ist viel weniger verkrampft als früher. Das verwirrt zwar auch Ungläubige, manchmal sogar wunschdenkende Insider. Aber weil Verwirrung sich leichter lösen lässt als Verkrampfung, finde ich die neue Gesprächskultur gar nicht so schlecht.