Wolfgang Picken: Was wir aus seinem Tod lernen
HirtenhundDer Bonner Stadtdechant Wolfgang Picken ist tot. Am vergangenen Wochenende erlag er einer kurzen, aggressiven Erkrankung, wie ich deutschen Kirchenmedien entnehme. Warum schreibt der Hund über einen rheinischen Pfarrer? Nun, weil Wolfgang Picken nicht irgendein Geistlicher war, sondern einer der bekanntesten und erfolgreichsten Deutschlands. Erfolgreich, insofern er schon vor 20 Jahren auf ein projekt- und tatorientiertes Verständnis von Kirche setzte und dadurch zu einem Magneten in der Region wurde. Und darüber hinaus – vielleicht kommt Ihnen der Name ja bekannt vor:
Denn Wolfgang Picken war u. a. Gastredner bei der Zweiten Wiener Diözesanversammlung 2010 mit über 1.000 Delegierten im Wiener Stephansdom. „Kirche lebt in Gemeinden – oder sie wird nicht mehr leben“, sagte er damals – und er sprach damit den vielen besorgten Pfarrvertretern wohl aus der Seele; zugleich sorgte er aber auch für Stirnrunzeln unter den Proponenten des Programms „Apostelgeschichte 2010“, wollten sie der Erzdiözese doch neue pastorale (Groß-)Räume verordnen und dies zugleich – wie böse Zungen behaupten – missionarisch behübschen.
Doch Picken war klug genug, in seiner Pastoral nicht in die Falle des Lobliedes einer bloßen Prolongierung des pfarrlichen Status quo zu tappen. Denn er wollte keine auf Raten sterbende Gemeinde, sondern eine, die wächst. Und so verfolgte er in seinem Gebiet – dem „Rheinviertel“ bei Bonn – ein anderes Modell: Die Schaffung einer territorial größeren Einheit ohne Aufgabe von pastoraler Zuwendung oder anders gesagt: Das territoriale Wachstum sollte auch mit einem Service- und letztlich Kirchen-Wachstum einhergehen. Dazu suchte er sich strategische und finanzielle Partner und gründete die „Bürgerstiftung Rheinviertel“. Wo andere Pfarren Dienste reduzierten, rief er auch auf, „antizyklisch“ zu denken und zu investieren. In Menschen und ihre Anliegen. Die Stiftung zählt inzwischen über 1.000 Ehrenamtliche, sie organisiert Gottesdienste in den Gemeinden – zielgruppenspezifisch – und betreibt Kindergärten, Familien-, Jugend- und Altenzentren, Demenzeinrichtungen und eine „Bürgergrabstätte“.
Ich erzähle das hier, weil mir die „Hands on“-Mentalität damals wie heute gut gefällt. Nicht sudern, anpacken. Nicht missionarisch zukleistern, was menschlich-lebensnahe Dienstleistungen sind. Räume der Begegnung schaffen, ohne sie pastoral zu überfrachten. Und vor allem: Nicht aufgeben, sondern weitermachen und Koalitionen mit den Wohlmeinenden suchen. Mit dem Ziel zu wachsen, statt den Niedergang zu verwalten.