Wir leben alle aus der einen gemeinsamen Taufe
Glaube verbindetDer SONNTAG interviewt Ingrid Mohr im Rahmen der ‚Gebetswoche für die Einheit der Christen‘, die in diesem Jahr vom 18. bis zum 25. Jänner stattfindet.
Ingrid, Ökumene wurde dir quasi in die Wiege gelegt und ist dir bis heute ein Anliegen.
Ich komme aus einer gemischt konfessionellen Familie, mein Vater stammte aus Siebenbürgen und war evangelisch, meine Mutter ist katholisch. Ich bin ursprünglich evangelisch getauft und bin erst in der Volksschule zur katholischen Kirche gewechselt. Später war ich in einer ökumenischen Gebetsgruppe, als junge Mutter ebenfalls in einer Gruppe mit Christen anderer Konfessionen. Und hier in Schwechat haben wir auch viel Kontakt mit den anderen Kirchen. Jede hat in anderen Bereichen Schwerpunkte – bei der Bibel, beim freien Gebet zum Beispiel. Es ist schön, wenn wir dabei voneinander lernen.
Was tut sich in Schwechat in Sachen Ökumene?
In Schwechat arbeiten die christlichen Gemeinden schon lange eng zusammen. Alle christlichen Gemeinschaften in Schwechat und Umgebung, darunter neben den Katholiken und Evangelischen die äthiopische Gemeinde und die Altkatholiken in Simmering, haben zusammen ‚KiRSch‘ gegründet, ‚Kirche im Raum Schwechat‘. In diesem Rahmen organisieren wir verschiedene ökumenische Veranstaltungen. Zum Beispiel den Stadtkreuzweg oder den Gottesdienst zu Christi Himmelfahrt, zu dem alle eingeladen sind. Für mich war es oft berührend zu sehen, wie die Menschen aus den verschiedenen christlichen Gemeinden etwas dazu beitragen. Einmal zum Beispiel haben Kinder aus den Gemeinden Taufwasser gebracht und in eine Schale geleert. Jeder konnte sich bekreuzigen und daran erinnern, dass wir aus der einen gemeinsamen Taufe leben. He, du bist auch dabei! Ein anderes Mal haben wir Armbänder verteilt mit der Aufschrift ‚Ich bin bei euch bis zum Ende der Welt‘. Immer wieder hat man daraufhin Menschen in der Stadt mit einem solchen Armband getroffen und gewusst: ‚He, du bist auch dabei!‘
He, du bist auch dabei! Ingrid Mohr
Du bist leidenschaftliche Bibelleserin und warst viele Jahre lang Bibelreferentin. Ist diese Liebe zur Bibel durch die Freundschaft mit evangelischen Christen, bei denen die Heilige Schrift einen besonders hohen Stellenwert hat, inspiriert?
Einerseits ja, nämlich durch meine Kontakte mit Gruppen, in denen die Bibel sehr wichtig war. Andererseits war es aber auch mein persönliches Erleben in einer Krise, in der ich begonnen habe, mit den Psalmen zu beten. Ich habe die Bibel verschlungen und auch meinen Kindern etliche Kinderbibeln mitgebracht. Dabei habe ich gemerkt: Durch Comicbibeln oder Kinderbibelgeschichten wächst man in die Lebendigkeit der Bibel hinein.
Die Bibel ist eine deiner Quellen. Wie tankst du noch auf?
Ich suche mir immer wieder Gottesdienste außerhalb meiner Arbeit, in denen ich genährt werde. Außerdem bin ich gern in der Natur, gehe klettern, wandern und segeln. Wichtig ist mir Zeit alleine und in Gemeinschaft.
Als Pastoralassistentin bringst du viel von deiner Persönlichkeitj, von deinem Glauben in deinen Beruf ein. Was daran ist herausfordernd, was macht dir Freude?
Schwierig ist es dann, wenn Menschen nicht verstehen, dass ich nicht immer erreichbar bin oder wenn sie mich in den Himmel heben und mir Sachen sagen wie: ‚Du kannst das ja viel besser als ich!‘
Schön ist es immer dann, wenn Berührung passiert, wenn wir etwas teilen und spüren, dass Gott mittendrin ist.
Ingrid Mohr
Alter: 56
Lebensmotto: Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben. (Joh 10,10)
Gott ist für mich: unergründlich und nah. Der, der das Leben will.
Sonntag bedeutet für mich: ein Tag zum In-Kontakt-Kommen mit mir, mit den Menschen, mit Gott, mit der Natur.