Wie sprechen, wie singen wir von Gott?

Highway to Heaven
Ausgabe Nr. 49
  • Kunst und Kultur
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Highway to Heaven: Zwei Autoren erforschen die spirituelle Bedeutung von bekannten Rock- und Popsongs.
Highway to Heaven: Zwei Autoren erforschen die spirituelle Bedeutung von bekannten Rock- und Popsongs. ©pixabay
Erstaunlich viele Pop- und Rockmusiker setzen sich in ihren Texten mit dem Glauben an Gott auseinander.
Erstaunlich viele Pop- und Rockmusiker setzen sich in ihren Texten mit dem Glauben an Gott auseinander. ©istock

Ein Theologe und ein Sozialwissenschaftler wagen den spannenden Versuch, spirituellen Botschaften in Rock- und Popsongs auf die Spur zu kommen.

Der evangelische Theologe Uwe Birnstein arbeitet für Fernsehen und Hörfunk und veröffentlichte bereits viele Bücher, darunter mehrere Biografien historischer und zeitgenössischer Persönlichkeiten. Seit mehreren Jahren spürt er den Geschichten von Musikerinnen und Musikern und ihren Liedern nach – darunter Bob Dylan (Literaturnobelpreisträger 2016), Leonard Cohen, Udo Lindenberg oder Johnny Cash. Für den Sozialwissenschaftler Volker Eichener sind Pop- und Rockmusik (auch die Geschichte hinter den Songs!) nicht nur Leidenschaft, sondern auch ein Fokus seiner wissenschaftlichen Tätigkeit, hat er doch über gesellschaftliche wie politische Wirkungen der Rockmusik gearbeitet. Nun also haben sich die Autoren über 30 Songs ausgewählt und sich auf die Spur von spirituellen Botschaften gemacht. 

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Highway to Heaven: Spirituelle Spuren in Blues und Country

Die – natürlich subjektive – Auswahl der einzelnen Lieder zeigt eine enorme stilistische Breite: Sie reicht vom frühen Rock der 1960er-Jahre über Hardrock der 70er- und 80er-Jahre hin zu aktuellen Aufnahmen von Taylor Swift und führt von der Country Music eines Johnny Cash nahtlos zum Deutschrock von Herbert Grönemeyer und dem Protestsound von Sarah Lesch. Birnstein und Eichener analysieren die Lieder mit großem Ernst und beweisen beim Zusammentragen der Fakten zu den einzelnen Songs, dass ihnen ausführliche Recherche nicht fremd ist. Ein großes Problem dieses Buches – auf das die Autoren auch im Vorwort verweisen – ist, dass man die Rechte für das Abdrucken der Liedtexte nicht bekommen hat. Eichener und Birnstein gehen meist Wort für Wort durch die Songs. Man muss die Originaltexte schon sehr gut auswendig kennen, um bei den übersetzten Kurzpassagen „dranzubleiben“. Ein Nachschlagen im Internet oder den Beiheften der eigenen Sammlung ist naheliegend, stört aber den Lesefluss erheblich. Ganz abgesehen davon, dass man dann bei dem einen oder anderen Schatz aus dem heimischen Regal hängen bleiben kann. Aber zurück zum eigentlichen Thema: In den ausgewählten Stücken lassen sich definitiv spirituelle Spuren finden. Belegt wird dies mit zahlreichen Bibelstellen und Zitaten aus der Fachliteratur. 

U2 als Christen-Band

Die irische Band U2 fragt, ob die Sehnsucht nach Gott zu Lebzeiten je gestillt werden kann und outet sich als Christen-Band, die an das kommende Reich Gottes glaubt. Bruce Springsteen ergänzt die Passionsgeschichte und schildert warmherzig das Verhältnis von Jesus und seiner Mutter. Ein besonderes Aha-Erlebnis ist die Analyse des Songs „One Of Us“ von Joan Osborne. Hier wird ständig die Frage gestellt, wie es wäre, wenn Gott genauso wäre wie wir. Also beispielsweise neben uns im Bus fahren würde. Und das auch noch in Gestalt eines „slobs“, also eines sympathisch ungepflegten Typs. Dieses Lied sei, so das Ergebnis der Autoren, „ein modernes Glaubensbekenntnis für säkulare Zeiten. Es zeichnet – stets im Konjunktiv – ein menschliches Gottesbild, das in radikalem Kontrast steht zu dem strengen, strafenden Gott der ultrakonservativen evangelikalen Kirchen […] und auch zu dem traditionellen Gottesbild der katholischen Kirche […],  die in diesem Song auf witzige Weise ihr Fett abbekommt.“ [Lediglich mit der sehr bundesdeutschen Übersetzung Schlunz für slob kann der Autor dieser Zeilen wenig anfangen.]

Highway to Heaven: Mit Hardrock näher zu Gott

Ob sich die Australier AC/DC jedoch beim Lied „Highway To Hell“ Gedanken gemacht haben, ob das bürgerliche Leben Bestandteil der christlichen Religion sei? Und ob sie dafür Max Weber gelesen haben? Natürlich ist das überspitzt formuliert. Aber an mancherlei Stellen hat man das Gefühl, dass hier Zusammenhänge erzwungen wurden. Nichtsdestotrotz macht dieses Buch beim Lesen Spaß, sofern man mit dieser Art von Musik etwas anfangen kann. Und man kann nicht nur mit neuem Musik- bzw. Religionswissen glänzen, sondern auch die Anzahl der Bibelstellen anführen, in denen Wein wörtlich erwähnt wird. Auf einer eigenen Website haben die Autoren die Texte und die Videos zusammengestellt, die Redaktion des SONNTAG hat eine Spotify-Playlist ergänzt.  

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Die Spotify-Playlist zum Buch

Spotify-Playlist zu den im Buch behandelten Liedern: ▶dersonntag.at/highwaytoheaven

Buchtipp: Highway to Heaven

Uwe Birnstein/Volker Eichener, Highway to Heaven. Die spirituelle Botschaft in Songs von AC/DC bis Led Zeppelin, Verlag bene!, 224 Seiten, ISBN: 978-3-96340-297-5, EUR 22,70

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Mag. Christoph Wellner ist Chefredakteur von radio klassik Stephansdom und magazin KLASSIK. Der Musikwissenschaftler ist leidenschaftlicher Opernfan und liebt (Hard) Rock und Heavy Metal. 

 

Autor:
  • Christoph Wellner
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