Wie die Malteser die Not in der Welt verbessern

Tatkräftiger Glauben
Ausgabe Nr. 49
  • Österreich
Autor:
Malteser-Ordensritter Fra' Gottfried Kühnelt-Leddihn in Kukulle in der Malteserkirche in Wien.
Großvater und Ordensmann: Fra' Gottfried Kühnelt-Leddihn hat zwei geglückte Lebensberufungen. ©Malteserorden, Thomas Meyer
Fra' Gottfried Kühnelt-Leddihn hält beim Malteserorden eine Ansprache.
Fra' Gottfried Kühnelt-Leddihn leitet als Großprior den Malteserorden in Österreich. ©Malteserorden, Thomas Meyer

Zuversichtlich nach vorne zu blicken, ist dem obersten Vertreter eines bald tausend Jahre alten Laienordens in Österreich wichtig. Gottfried Kühnelt-Leddihn, pensionierter Tiroler Landesbeamter und fünffacher Familienvater, ist seit 1970 bei den Maltesern in zahlreichen Funktionen engagiert. 2013 legte er die Ewige Profess ab, nachdem seine Frau Eleonore 2007 verstorben war. Jetzt ist er Großprior des Ritterordens in Österreich.

Durchlaucht – ist das die korrekte Anrede für Sie als Fürstgroßprior des Souveränen Malteser-Ritterordens in Österreich? 

Fra’ Gottfried Kühnelt-Leddihn: Das mag zwar im internen Protokoll so sein, aber persönlich bevorzuge ich die Anrede mit Fra’ Gottfried – und fertig.

Zum Malteserorden gehören Ritter und Damen. Unter einem Ritter stellt man sich einen mittelalterlichen Kämpfer mit Rüstung und Schwert vor. Wie passt das zum Bild einer spirituellen Persönlichkeit des 21. Jahrhunderts?  

Das Ideal des Ritters, über den meine Generation noch in den Rittersagen gelesen hat, ist nach wie vor aktuell: Der christliche Ritter ist Lehensnehmer seines Lehensherrn Jesus Christus. Als solcher ist er verpflichtet zum Schutz – nicht nur des Glaubens oder der Einrichtungen des Glaubens, sondern der Menschen, die Jesus Christus besonders nahe waren. Also die Armen, die Kranken, die Witwen, die Waisen. Das steckt dahinter, und das ist heute so aktuell wie vor tausend Jahren. Nur dass wir keine blecherne Rüstung mehr anhaben, sondern entweder das rote Rettungsgewand als Sanitäter oder das graue, wenn wir in sonstigen Diensten unterwegs sind.

Er kann verkrümmt in  einem Rollstuhl sitzen – und trotzdem ist er das Abbild Gottes!

Fra’ Gottfried Kühnelt-Leddihn

Der wichtigste Dienst der Malteser gilt den „Herren Kranken“. Wie leben Sie diesen Dienst? 

Er ergibt sich aus den Evangelien. Wir wollen in jedem Menschen, dem wir dienen, unseren Herrn, Jesus Christus, sehen. Das fällt manchmal leichter, manchmal ist es schwieriger. Schon der heilige Benedikt hat das sehr realistisch gesehen – dass es auch unter den kranken Menschen solche mit übertriebenen Ansprüchen gibt. Aber auch diesen müssen wir dienen. Die Kranken werden von Benedikt aber auch angehalten, zurückhaltend zu sein. Letztlich ist es das Abbild Gottes, das wir in jedem Menschen sehen. Das ist nicht abhängig von irgendeinem Schönheitsideal, von einem sportlichen, eleganten, schönen Menschen, sondern es kann genauso gut derjenige sein, der entstellt wirkt. Gott können wir nicht fassen. In den Kirchen haben wir idealisierte Darstellungen. Er kann aber genauso gut verkrümmt in  einem Rollstuhl sitzen und vielleicht kein erfreulicher Anblick sein – und trotzdem ist er das Abbild Gottes!

Leisten Sie selbst Sanitätsdienst? 

Ja, sicher. Ich bin  nach  wie  vor  zertifiziert. Die  Rezertifizierung verlangen wir, weil es nicht nur darauf ankommt, dass man dem Herrn irgendwie dient, sondern qualitätsvoll.

Wie hängt  der  Orden  mit  dem Hospitaldienst zusammen? 

Wir haben in Österreich eine ideale Struktur, auch im weltweiten Vergleich: Es gibt eine territoriale Großeinheit, das Großpriorat. Der Kommandant  des  Hospitaldienstes muss ein Ordensmitglied des Großpriorats sein. Daher herrscht ein direkter Zusammenhang. Der Kommandant bittet um das Vertrauen der Generalversammlung des Hospitaldienstes. Wenn das Vertrauen gegeben ist, dann wird er vom Großprior ernannt.

 

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Sie sind seit Juli Großprior von Österreich. Seit 2019 waren Sie Teil der internationalen Ordensregierung in Rom. Wie haben Sie die Absetzung der Regierung durch den Papst am 3. September erlebt? 

Der Heilige Vater hat von seinem definitiv bestehenden Recht Gebrauch gemacht, in das Leben eines Ordens einzugreifen, wenn es notwendig ist. Die Neuorientierung besteht hauptsächlich darin, dass das Charakteristikum als religiöser Orden stärker betont wird als bisher. Der Heilige Vater hat sich im Verhältnis zu den vielen Aufgaben, die er zu erfüllen hat, sehr viel Zeit genommen, nämlich drei Samstagvormittage, um das zu klären. Die Führungsaufgaben sind jetzt weitgehend den Professrittern zugeordnet. Nun müssen wir schauen, dass wir genügend Berufungen finden, um alle Ämter zu bekleiden.

Es ist nicht unsere Aufgabe zu lamentieren über das, was hätte anders sein sollen. Es ist viel wichtiger, jetzt vorwärts zu schauen. Wie gehen wir weiter?

Fra' Gottfried Kühnelt-Leddihn

Das heißt, Sie haben die päpstliche Entscheidung nicht als anmaßend erlebt, sondern konstruktiv? 

Konstruktiv ist der richtige Ausdruck. Ich bin mir der Problematik vollkommen bewusst, wenn man etwas nicht selbst zustande bringt. Aber dem Heiligen Vater war und ist unser Orden eben wichtig, darum hat er sich der Sache persönlich angenommen, und das ist zu respektieren. Das will ich respektieren. Ich hätte es vielleicht anders gemacht. Aber im Ergebnis wäre es wahrscheinlich auch dort gelandet, also halte ich mich da zurück. Es ist viel wichtiger, jetzt vorwärts zu schauen. Wohin gehen wir? Wie gehen wir weiter? Wie gewährleisten wir das, was unser Ordensgründer gesagt hat: dass diese Bruderschaft unvergänglich sein wird. Weil der Boden, auf dem diese Pflanze wurzelt, das Elend der Welt ist. Und weil es immer Menschen geben wird, die daran arbeiten werden, dieses Elend erträglicher und dieses Leid geringer zu machen. Das ist unsere Aufgabe, und nicht zu lamentieren über das, was hätte anders sein sollen.

Am 22. November setzte Papst Franziskus auch die Leitung des Caritas-Weltverbands ab. Sehen Sie Parallelen?

Ich habe ein Buch von Chris Lowney über Papst Franziskus gelesen, „Franziskus – Führen und entscheiden“. Der Heilige Vater ist sich dessen bewusst, dass man mit 85 Jahren keinen Zeithorizont von 20 oder 30 Jahren hat, sondern deutlich kürzer. Und es war und ist ihm offensichtlich wichtig, dass gewisse Einrichtungen in der Kirche, die der Caritas, der Nächstenliebe, dienen, in die richtige Spur kommen, solange er noch dafür sorgen kann.
Eines steckt möglicherweise dahinter: Dem Heiligen Vater liegt der Dienst am Nächsten, nämlich mit den eigenen Händen am Menschen, wesentlich näher als etwa die Wissenschaft über den Glauben. 

Die Malteser sind nicht nur ein katholischer Orden, sondern auch ein Völkerrechtssubjekt. Sie können also, ebenso wie der Heilige Stuhl, eigene diplomatische Beziehungen zu den Staaten der Welt pflegen und tun das auch. Ist das zeitgemäß?

Unsere Diplomatie ist eine humanitäre Diplomatie, keine politische. Wir greifen nicht in die Politik ein. Nur humanitär, und dazu gehören die Menschenrechte, für die wir eintreten – sowohl ideell als auch durch praktische Tat. Wir können den Herrn Putin nicht überreden, mit dem Krieg aufzuhören. Wir können aber etwa darüber reden, dass gewisse Personen, die gefährdet wären, aus dem Gefährdungsbereich herauskommen. Unsere ganze Diplomatie und Souveränität hat keinen Selbstzweck. Wir müssen kein Staatsgebiet schützen. Wir schützen nur die Menschen.

Das Wesentliche ist der Adel des Geistes!

Fra' Gottfried Kühnelt-Leddihn

Ein anderes Vorurteil gegenüber dem Orden ist, dass die Malteser ein elitärer Kreis von Adeligen sind. Was sagen Sie dazu?

Das Wesentliche ist der Adel des Geistes, der Gesinnung. Dabei ist es ganz egal, ob jemand einen abgeschafften oder nicht abgeschafften Adel der Geburt hat. Das ist aus meiner Sicht sekundär, es ist egal. Wir haben in unseren Kreisen viele prominente, teilweise geschichtsträchtige Namen. Aber das steht überhaupt nicht im Vordergrund. Im Vordergrund steht, dass wir alle, egal welcher Abstammung wir sind, Diener der Herren Kranken sind. Das ist der Adel des Geistes, auf den es ankommt. 

Wer wir sind - Malteser Austria

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Autor:
  • Sophie Lauringer
  • Monika Slouk
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