„Wie die Emmausjünger machen wir uns auf den Weg“
Glaubenszeugnis
Als Marco Ramírez, 60, von seiner Firma ein Job in Österreich angeboten wurde, zog er mit seiner Frau und seinen zwei Kindern nach Wien. Seit 17 Jahren lebt die Familie im 14. Bezirk.
Marco, dass ihr vor vielen Jahren in Wien auf die lateinamerikanische Gemeinde gestoßen seid, empfanden du und deine Familie als kleines Wunder. Wie hat sich das zugetragen?
Als wir damals aus Mexiko nach Wien zogen, suchten wir nach einer Messe auf Spanisch. Eines Tages spazierten wir am Unteren Belvedere bei einer Kirche vorbei. Wir gingen näher ran und entdeckten ein Schild mit einem Hinweis auf spanische Gottesdienste in der Kirche Sankt Florian. Was uns sehr berührt hat: Die Gemeinde ist der Muttergottes von Guadalupe geweiht, der Patronin Mexikos. Für uns als mexikanische Familie war das ein Zeichen: Gott ruft uns dorthin.
Warum ist es euch so wichtig, auf Spanisch zu feiern?
Ich denke, es ist etwas sehr Besonderes, den Glauben zusammen mit Menschen zu leben, die deine Sprache sprechen. Hört man das Wort Gottes in der Muttersprache, versteht man auch die feinen Nuancen, die in einer Sprache, die man nicht so gut beherrscht, vielleicht untergehen. Dazu kommt die ganz eigene Art, wie Menschen aus Lateinamerika ihren Glauben ausdrücken. Die Volksfrömmigkeit unterscheidet sich von der Frömmigkeit der österreichischen Gläubigen.
Kannst du dafür ein Beispiel nennen?
Wir trafen uns vor Kurzem mit den anderen Gemeindeausschüssen in unserer Pfarre, um uns auszutauschen und kulturelle Unterschiede besser zu verstehen. Die Österreicher haben uns gefragt, warum wir so viele Marienfeste feiern. Dazu muss man wissen, dass die Frömmigkeit vieler Lateinamerikaner stark marianisch geprägt ist. Jedes Land in Lateinamerika verehrt die Jungfrau Maria mit einem eigenen Fest. Man feiert die ‚Virgen de Copacabana‘ in Bolivien, die ‚Virgen del Quinche‘ in Ecuador oder die ,Nuestra Señora del Rosario de Chiquinquirá‘ in Kolumbien. Und jedes dieser Feste feiern wir auch in der Gemeinde.
„Emaús-Einkehrtage verändern das Leben. Wer Jesus davor nicht kannte, lernt ihn kennen. Wer ihn schon kannte, lernt ihn noch besser kennen.“
Marco Ramírez
Du hast vor einigen Jahren eine besondere Form der Einkehrtage in eure Gemeinde gebracht: die ‚Emmaus-Einkehrtage‘, auf Spanisch: ‚Retiro de Emaús‘. Wunderbare Tage, sagst du. Was ist daran so speziell?
Ich selbst habe ‚Emaús‘ vor drei Jahren durch Ángelo Mejía Reynoso, den Priester in der lateinamerikanischen Gemeinde, in Spanien kennen gelernt und war von Beginn an begeistert. ‚Emaús‘ kommt ursprünglich aus Florida, wo viele Lateinamerikaner zu Hause sind, und hat sich in den vergangenen Jahrzehnten in vielen Ländern ausgebreitet. Das Besondere? Diese Tage verändern das Leben. Wer Jesus davor nicht kannte, lernt ihn kennen. Wer ihn schon kannte, lernt ihn noch besser kennen. Eine intensive Erfahrung für alle, die teilnehmen. Deshalb ist es mir ein Anliegen, diese Tage auch hier regelmäßig zu veranstalten. Das nächste Wochenende findet vom 23. bis zum 25. Mai statt. Wie die Emmausjünger machen wir uns auf den Weg.
Was hat sich in deinem Leben durch ‚Emaús‘ verändert?
Ich war ja schon vorher praktizierender Katholik. Allzu oft hat sich mein Glaube aber auf den Besuch der Messe am Sonntag beschränkt. Seit ‚Emmaus‘ bin ich die ganze Woche über katholisch. (Lacht.) Diese Erfahrung machen viele. Die Einkehrtage verändern außerdem die Art und Weise, wie man mit seinen Mitmenschen umgeht, mit der eigenen Familie, mit den Arbeitskollegen, mit den Menschen in der Pfarre. In den letzten zwei Jahren haben mehr als hundert Personen aus Österreich teilgenommen. Das wirkt sich natürlich auch auf unser Miteinander aus. Unser aller Glaube hat sich erneuert – das ist wunderschön.
Nähere Infos zu den „Emmaus-Einkehrtagen“ unter: sanktflorian.emaus@gmail.com
Marco Ramírez
Alter: 60
Wohnort: Wien
Lebensmotto: Heiliger Geist, erleuchte mich.
Gott ist für mich: Schöpfer.
Der Sonntag bedeutet für mich: ein Tag, an dem ich meine geistlichen Batterien wieder auflade.