„Welcher Priester geht schon auf die PRIDE?“
HirtenhundBunt ging’s zu am vergangenen Wochenende in Wien. Bunt, schrill, für meinen Geschmack auch ein bisschen zu überdreht. Aber als Hund von Welt habe ich es mir natürlich nicht nehmen lassen, als einer von angeblich rund 340.000 Geschöpfen Gottes die Regenbogenparade am Wiener Ring zu verfolgen. Und – oh Wunder – ich war als Katholiken-Kauz nicht allein! Ich traf einige (wenige) Seel-Besorgte, die Präsenz und Solidarität mit den Anliegen, mehr Rechte für LGBTIQ-Menschen, zeigten. Und so wurde aus dem Motto der Parade – „Pride is a demonstration“ – unversehens ein „Priest is a demonstration“.
Ein Paradiesvogel unter vielen Paradiesvögeln
Einer davon war Pater Manuel Sandesh. Als Paradiesvogel unter Paradiesvögeln fiel er kaum auf. Der aus Indien stammende Pater Manuel ist nicht nur Franziskaner und Ordenspriester – er ist auch erfolgreicher Musiker, Sänger und Maler. An seinen virtuellen Lippen hängen hunderttausende Follower – sein YouTube-Kanal zählt über 40.000 Abonnenten, seine Musikvideos erzielen fast eine Million Aufrufe. Damit stellt er von der Reichweite her manch bischöflichen Social-Media-Apostel locker in den Schatten. Von seiner Pride-Zeit zeugen zahlreiche kurze Videos, die er gepostet hat. Videos, die ihn in der Menge zeigen, lächelnd, zur Musik wippend, am Bier nippend – und vor allem: im Gespräch mit Menschen. Ein schräger Vogel verteilt gratis „hugs and kisses“ – auch an Manuel. Mit anderen redet er über Homosexualität, Offenheit und Toleranz. Ein paar nette Worte, die Bereitschaft zum Zuhören, das aufrichtige Interesse am Nächsten: Es braucht oft nicht viel mehr als das kleine Einmaleins der Seelsorge, um dem Wort Kirche wieder einen besseren Klang zu geben.
Menschen jenseits der konservativen "bürgerlichen Mitte"
Dass das dennoch nicht selbstverständlich ist, zeigte eine flüchtige Begegnung an der Theke: „Echt? Das ist kein Kostüm?“ Amüsiert blickt Pater Manuel in die Kamera. „Keiner glaubt mir“. „Na ja, welcher Priester macht das …?“, entgegnet ihm ein weiterer Mann. Eine Frage, die in der Tat nachdenklich machen sollte. Und die nicht nur auf Priester, sondern auf Seel-Besorgte insgesamt anwendbar ist. Vielleicht wäre es heilsam, Seelsorger jeder Art – auch Priesterseminaristen – dienstverpflichtet zu solchen Veranstaltungen und Events zu schicken. Um ein Gespür für Menschen jenseits der „bürgerlichen Mitte“ und der traditionsbewussten beziehungsweise konservativen Milieus zu bekommen. Oder man könnte Pater Manuel als Ausbilder einladen. Dann verrät er vielleicht ein paar seiner Geheimnisse – so wie jenes, das er beiläufig in einem Video preisgab: „Ich brauche jetzt ein Bier … Denn wenn ich ein Bier habe, kommen die Leute zu mir. Dann denken die, ich bin normal …“