Vorfreude: Sehnsuchtsvolles Warten

Adventserie – Teil 2
Ausgabe Nr. 48
Autor:
Wie das ungeduldige Warten zur Vorfreude werden kann.
Wie das ungeduldige Warten zur Vorfreude werden kann. ©istock
Das Warten auf Jesu Geburt bringt Vorfreude im Advent.
Das Warten auf Jesu Geburt bringt Vorfreude im Advent. ©Albert Pichler

„Leichtfüßig den Himmel entdecken“ – dazu laden wir mit der Adventserie von Petra Unterberger ein. Alltagserfahrungen und Gedanken verknüpft die erfahrene Seelsorgerin mit biblischen Geschichten. Gedichte, Gebete und Bilder für eine kleine Auszeit und Vorfreude!

Die Adventzeit war für mich als Kind eine aufregende und geheimnisvolle Zeit. Vanillekipferl und Linzeraugen wurden gebacken und sorgsam in kleinen Schachteln verwahrt. Die Wohnung wurde adventlich geschmückt und ein kleiner Adventkalender mit Bildern sollte uns das Warten verkürzen. Jeden Morgen bin ich mit meinen Geschwistern voller Vorfreude zum Adventkalender gelaufen, um zu sehen, welches Bild uns geschenkt wurde. Heute staune ich darüber, wie sehr uns das erfreut hat und mit welchem Hochgefühl der Tag begonnen hat. Ja, und dann gab es natürlich einen Adventkranz. Die duftenden Tannenzweige vermittelten ein Gefühl von Daheimsein und Geborgenheit. An den vier Sonntagen vor Weihnachten wurde jeweils eine Kerze mehr entzündet. Mit diesen Ritualen ließ sich die Vorfreude schüren. 

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Adventzeit: Magische Zeit der Vorfreude

Irgendwie scheint diese magische Zeit abhandengekommen zu sein. Sehr oft höre ich in der Adventzeit von den vielen Dingen, die noch zu erledigen sind, vom Stress, der um sich greift, und von der Hektik des Geschenke-Einkaufens. Ich bin ja eher ein ungeduldiger Mensch und schon als Kind habe ich mir die Zeit des Wartens mit allen möglichen Arbeiten verkürzt. Heute hebt die Vorfreude meine Stimmung und die notwendigen Vorbereitungsarbeiten gehen damit leichter von der Hand. Gleichzeitig spüre ich die Spannung zwischen meinen Versuchen, immer mehr ganz im Augenblick zu sein, und dem sehnsuchtsvollen Warten in meinem Leben. Dazu fasziniert mich seit einigen Jahren die kurze, aber wirkmächtige Erzählung von Hanna und Simeon im Lukasevangelium. Sie werden als Prophetin und Prophet bezeichnet. Der Name Hanna bedeutet „Gunst“ oder „Gnade“ und Simeon heißt auf Hebräisch „Geschenk der Erhörung“. Damit kommt gleich zu Beginn des Evangeliums zum Ausdruck, dass Gott seinen Geist auf Männer und Frauen in gleicher Weise ausgießt. Beide leben ganz im Augenblick, also wachsam und aufmerksam, und gleichzeitig sind sie voller Hoffnung und voller Erwartung. Sie verkörpern eine Haltung der Zuversicht, die uns auch heute inmitten der vielen Krisenherde ermutigen kann. 
 

Vorfreude trotz Krise

Simeon begegnet der Heiligen Familie im Tempel und stimmt aus Freude über das Kind ein Loblied, das Nunc dimittis (Lukas 2,29–32) an. Die 84-jährige Witwe Hanna lebt nach sieben Jahren Ehe nun seit vielen Jahren im Tempel. In den Zeitangaben steckt Symbolik: 7 und 12 sind Zahlen der Fülle, Hanna ist 7 x 12, also 84 Jahre alt. Auch sie erkennt das Kind und dessen Bedeutung. Sie spricht über das Kind zum Volk und wie es heißt „zu allen, die auf die Erlösung warteten“ und wird dadurch zur ersten Verkünderin. Zwei Menschen, Mann und Frau, hochbetagt und voller Lebenserfahrung, erkennen den Kairos, den Moment, in dem sich ihre Erwartungen erfüllen, und ergreifen ihn. Möge es auch uns gelingen, inmitten der planetaren Krise hoffnungsvoll und wach zu bleiben und den Kairos – die Gunst der Stunde – zu nutzen oder, wie man heute so schön sagt, die Gelegenheit beim Schopf zu packen. Die französische Sozialrevolutionärin, Philosophin und Mystikerin Simone Weil hat das sehr treffend ins Wort gebracht: „Die kostbarsten Güter soll man nicht suchen, sondern erwarten.“

Gedicht - Gebet zum Advent

warten, warten, warten
ich mag nicht mehr
so mühsam scheint es mir
immer mehr leben
verrinnt im stundenglas des lebens
oder
erwartungsvoll
dem jetzt begegnen
mit allen sinnen
achtsam den augenblick erfassen
den himmel spüren
wenn er ganz leise
mich berührt

 

Gott, du Lebendige, ich bin bereit zu empfangen.
 

Buchtipp: Eine Handvoll Licht

Petra Unterberger, Eine Handvoll  Licht, Tyrolia, 224 Seiten, ISBN 978-3-7022-4210-7, EUR 24.–

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Die Autorin Petra Unterberger arbeitete bis zur Pensionierung als Pastoralassistentin in der Diözese Innsbruck.

Zur Person: Petra Unterberger

Die Autorin Petra Unterberger arbeitete bis zur Pensionierung als Pastoralassistentin in der Diözese Innsbruck. Die erfahrene Seelsorgerin begegnet in der geistlichen Begleitung vielen Menschen, die auf der Suche nach Sinn und einer ganzheitlichen christlichen Lebensgestaltung sind. Sie engagiert sich für die Rolle der Frau in der Kirche und für eine sensible Sprache in Spiritualität und Liturgie.    

Autor:
  • Petra Unterberger
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