Von Tragödie zu Triumph: Ernhofer und Onea

Sommergespräche
Ausgabe Nr. 26
  • Soziales
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Von der Tragödie zum Triumph.
Von der Tragödie zum Triumph. ©pixabay

Andreas Ernhofer und Andreas Onea gehören zu den schnellsten Schwimmern der Welt und haben für Österreich viele Medaillen und Rekorde geholt. Profisportler sind sie beide nach schweren Unfällen geworden, die ihr Leben gewaltig verändert haben.

Ernhofer und Onea: Trotz schwerer Unfälle gehören sie heute zu den schnellsten Schwimmern der Welt. Andreas Onea gewann die Bronzemedaille bei den Paralympics 2016, während Andreas Ernhofer nach einem beinahe tödlichen Unfall ins Wasser zurückkehrte.

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Welcher eurer vielen Erfolge war für euch persönlich der größte?

Andreas Onea: Die Bronzemedaille bei den Paralympics 2016 in Rio. Dort auf dem Podium zu stehen, war einfach unglaublich. Noch ein bedeutsamer Erfolg war die Staatsmeisterschaft der Nichtbehinderten 2012, da habe ich das B-Finale der Nichtbehinderten gewonnen und war der neuntschnellste Österreicher bei den Zweiarmigen. Im Laufe meiner Karriere wurde ich bei Nichtbehinderten-Wettkämpfen immer wieder disqualifiziert, weil ich nur mit einem Arm anschlagen konnte. Seit ich dieses Finale gewonnen habe, bin ich nie wieder disqualifiziert worden. Das war ein starkes Zeichen und ganz, ganz wichtig für meine Karriere. 

Andreas Ernhofer: Mein größter Erfolg war der Kampf zurück nach meinem Unfall. Die ersten Worte, die ich damals gehört hab’, waren, dass ich ab den Schultern nie wieder etwas bewegen oder spüren werde, was mit 17 Jahren eine Wahnsinnsdiagnose ist. Das nicht sofort zu glauben und als gegeben zu sehen, sondern trotzdem über vier Jahre hinweg sich zurückzukämpfen, Therapien zu machen, jeden Tag im Krankenhaus zu verbringen, nicht aufzugeben, war sicher der größte und schwierigste Erfolg.

Ernhofer und Onea: Von der Tragödie zum Triumph

Andreas Ernhofer, du hast dir bei einem Kopfsprung mehrere Halswirbel gebrochen und wärst beinahe ertrunken. Wie bist du dann ausgerechnet Schwimmer geworden?

Ernhofer: Ich hab’s geschafft, mir nur durch einen blöden Winkel auf die Wasseroberfläche das Genick zu brechen. Das Schlimmste war, dass ich fast ertrunken wäre, weil ich nichts mehr bewegen oder spüren konnte, die Wasseroberfläche über mir gesehen hab’, aber nicht nach oben gekommen bin. Es war ein Riesenglück, dass meine Cousins dabei waren und mich gerettet haben. Aber das sind Gefühle und Bilder, die ich nie vergessen werde. Es war fraglich, ob ich überhaupt wieder ins Wasser möchte. Aber ich war mein Leben lang gern im Wasser und wollte diese positiven Erlebnisse wiederfinden können. Ich hatte Therapien im Wasser und habe mich, Gott sei Dank, auch der Angst stellen können, den Kopf wieder unter Wasser zu geben.

Andreas Onea, du hast bei einem Autounfall deinen Arm und fast dein Leben verloren. Dass du lebst, verstehst du als Plan Gottes.

Onea: Als sich unser Auto überschlagen hat, bin ich 20 Meter durch die Luft geschleudert worden und hätte beim Aufprall tot sein müssen - Genickbruch. Ich hatte eine offene Wunde in Herznähe, bei der ich binnen weniger Minuten ausgeblutet wäre. Das ist Gott sei Dank nicht passiert, weil die Wunde von Gatsch verstopft wurde. Aber das führt relativ schnell zu einer Blutvergiftung und Organversagen. Im Endeffekt gibt es keinen Grund dafür, dass ich heute hier bin und sogar gesund, fit und mit einer Mission ausgestattet. Der Glaube hat eine ganz große Rolle gespielt, dass ich nicht an dieser Situation zerbrochen bin. Ich glaube, dass es einen Plan gibt, Gott alles unter Kontrolle hat und ich nicht zufällig einarmig bin. Auch wenn es schwierig zu verstehen ist, ich habe soviel durch diesen Unfall gelernt und wäre sonst nicht der Mensch, der ich heute bin. 

Ich glaube, dass es einen Plan gibt, Gott alles unter Kontrolle hat und ich nicht zufällig einarmig bin.
                

Was wünscht ihr euch von der Gesellschaft?

Onea: Wir müssen dort hinkommen, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, dass Menschen mit Behinderung leisten dürfen. Es geht nicht nur um Teilhabe, darum mitzukonsumieren und überall hinzukommen. Es geht darum, dass wir wirklich beitragen, unsere Talente einsetzen können für unsere Gesellschaft. Die Therapeuten, meine Trainer haben mir diese Möglichkeit gegeben. Österreich hat zwölf Medaillen bei Großereignissen mehr, weil man einem sechsjährigen Einarmigen die Chance gegeben hat, das, worin sein Talent liegt, regelmäßig zu machen. Wir haben so viele Talente und soviel Potenzial, das wir nicht heben. Unser Arbeitsmarkt braucht händeringend Menschen und so viele Menschen mit Behinderung bekommen keine Chance. 

Ernhofer: Ich glaube, viele Menschen wollen helfen, wissen aber nicht, wie sie mit Menschen mit Behinderung umgehen sollen. Es ist wichtig, dass wir das Thema Behinderung ins Gespräch bringen, damit sie wissen: Ich kann auf einen Menschen mit Behinderung zugehen und mit ihm genauso reden wie mit einem anderen Menschen, ihm Hilfe anbieten. Manche Leute greifen einfach hin – ich bin schon mal über die Straße geschoben worden, obwohl ich gar nicht über die Straße wollte. Es ist ganz wichtig, dass man miteinander kommuniziert. Wenn wir es schaffen, das Tabuthema Behinderung aufzubrechen, würde es das Leben auf beiden Seiten leichter machen. 

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Sommergespräch: Gegen den Strom

Das Interview auf radio klassik Stephansdom

Warum Andreas Onea in seiner Freizeit nicht schwimmt und wie sich Andreas Ernhofer ohne seinen Rollstuhl im Wasser fühlt, erzählen sie im Sommergespräch mit Monika Fischer am Montag, 26. August 2024, 17:30 Uhr. 
 

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Autor:
  • Monika Fischer
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