Neuanfang: Vom Ehemann betrogen

Gerda Ruprecht
Ausgabe Nr. 3
  • Österreich
Autor:
Gerda Ruprecht vor einer Kapelle
Die Kapelle am Michelberg am Jakobsweg ist einer von vielen Orten, die Gerda Ruprecht in der Pilgersaison gerne besucht. ©Privat

Von Verrat und Neuanfang: Entdecken Sie Gerda Ruprechts inspirierende Reise aus der Tragödie des Ehebetrugs zu neuer Hoffnung und Familie.

Gerda Ruprecht, 48, aus Niederhollabrunn hat erlebt, dass Gott auf krummen Zeilen gerade schreibt. Sie ist seit ihrer Kindheit in der Kirche beheimatet. Aber erst in ihrer Jugend kann sie sich auch pfarrlich engagieren. 

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Auf dem Glaubensweg sind es oft Begegnungen mit einzelnen Menschen, die sich als entscheidend erweisen. Bei Ihnen waren es ein Pastoralassistent und seine Familie, die etwas in Gang gesetzt haben.

Ich bin in einer Pfarre aufgewachsen, in der der Pfarrer zwar Priester der Erzdiözese Wien, aber in seinem Tun vorkonziliar war. Die Messen wurden oft in lateinischer Sprache gefeiert, wir Mädchen durften nicht ministrieren, auch nicht Sternsingen gehen oder ratschen. Als ich dreizehn Jahre alt war, kam ein Pastoralassistent mit seiner Familie in unsere Pfarre, dann hat sich einiges zum Positiven geändert: Hans Wachter hat bei uns in der Firmvorbereitung mitgewirkt und uns nach Taizé mitgenommen. Daraufhin bin ich jedes Jahr zu den Taizétreffen gefahren, habe begonnen, Gitarre zu spielen, Gottesdienste mitzugestalten, war Jungscharleiterin und habe Firmgruppen begleitet.

Sie haben als junge Frau geheiratet und eine große Enttäuschung erlebt. 

Mein Mann hat mich während unserer Ehe betrogen und ein Kind mit einer anderen Frau gezeugt. Ich musste aus unserem Haus ausziehen, es kam schließlich zur Scheidung – es war wie in einem schlechten Film. Ich war am Boden zerstört und habe mich gefragt, wie mein Leben nun weitergehen soll.

Wie haben Sie wieder ins Leben zurückgefunden?

Ich habe mich zunächst in meine Arbeit als Krankenschwester gestürzt und viele seelsorgliche Gespräche mit dem bereits verstorbenen Abt vom Stift Altenburg, Bernhard Naber, geführt. Diese Gespräche, gute Freundinnen und meine Großfamilie haben mich aufgefangen. Und ich habe Freude am Pilgern entdeckt, nach Mariazell oder auf dem Weinviertler Pilgerweg. Dort habe ich Norbert kennengelernt.

Den Sie schließlich geheiratet haben.

Ich hatte eine große Sehnsucht nach einer Familie, gleichzeitig war es für mich eine schwierige – auch kirchenrechtliche – Frage, ob ich noch einmal heiraten soll. Auch hier haben mir seelsorgliche Gespräche sehr geholfen. Ein Annullierungsprozess war für mich sehr schmerzvoll und nicht erfolgreich. Norbert und ich haben dann standesamtlich geheiratet, wir haben drei Kinder bekommen, für die ich unendlich dankbar bin, genauso wie für den Weg, den wir gemeinsam gehen dürfen.  
 

„In einer sehr schweren Zeit in meinem Leben habe ich die Freude am Pilgern entdeckt.“


Gerda Ruprecht 

Ihnen war es ein Anliegen, offen mit Ihrer Situation umzugehen.

Wir haben immer offen mit den Priestern unserer Pfarre gesprochen, ja wir wollten immer wahrhaftig sein. Damit haben wir auch durchwegs gute Erfahrungen gemacht. Mein Mann ist Mesner, ich war lange im Pfarrgemeinderat. Bis heute ist Pilgern unser Steckenpferd. 2013 haben wir die Fußwallfahrt von Niederholla- brunn nach Maria Dreieichen wieder neu aufleben lassen. Da gehen jedes Jahr um die 20 Personen mit, einige von ihnen sind nicht besonders kirchennah. Manche mussten auch lernen, mit Schicksalsschlägen und schwierigen Situationen umzugehen. Wegen meiner eigenen Geschichte bin ich dafür besonders sensibel und freue mich über alle guten Gespräche, die sich auf dem gemeinsamen Pilgerweg ergeben. Ich denke oft an den Spruch ‚Gott schreibt auf krummen Zeilen gerade‘, auch an die Stelle im Buch Jesaja, wo es heißt ‚Das geknickte Rohr zerbricht er nicht und den glimmenden Docht löscht er nicht aus.‘ 

Schlagwörter
Autor:
  • Sandra Lobnig
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