Unterwegs im Pfarrverband Ala Nova

Miteinander in der Stadt am Land
Ausgabe Nr. 28
  • Wien und Niederösterreich
Autor:
Pfarrkirche Schwechat im Sonnenschein
Mitten in Schwechat: Ein seltener Moment auf dem stark befahrenen Hauptplatz. Hier braust täglich der Verkehr an der Kirche und dem Pfarrhof vorbei. ©Kayla Raymundo
Pfarrer Werner Pirker mit symbolischen Flügel in der Hand
Pfarrer Werner Pirkner leitet den Pfarrverband mit dem klingenden Namen „Ala Nova“, was so viel wie „neuer Flügel“ bedeutet. ©Kayla Raymundo
Oase mit Hochhaus: Werner Pirkner kennt die Wohlfühlorte in Schwechat. ©Kayla Raymundo
Kirchenraum Pfarrkirche Mannswörth
875 Jahre: Ende Juni feierte Mannswörth sein großes Jubiläum mit einem Fest in und rund um die St. Johannes-Kirche. ©Kayla Raymundo
Pfarrer in Sakristei
Pragmatisch-optimistisch Pfarrer Pirkner sagt: „Ich will nicht der Letzte sein, der das Licht ausmacht.“ ©Kayla Raymundo

Vor 100 Jahren wurde Schwechat zur Stadt erhoben, für die Kirche ist das allerdings eine historische Fußnote. Denn bereits seit Jahrhunderten arbeiten hier Seelsorger. Pfarrer Werner Pirkner hat 45 Vorgänger. Seit kurzem leitet er den neuen Pfarrverband Ala Nova.

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Werner Pirkner ist ein pragmatischer Seelsorger. Der 53-Jährige ist fest verwurzelt in der Marianischen Kongregation aufgewachsen. Hier wurde er als Jugendlicher mitgenommen. „Das ist jetzt vorbei“, weiß der Pfarrmoderator, während er sich ein Glas Wasser einschenkt. Am heißen Sommertag führt er durch den wunderschönen Pfarrhof von Schwechat. Der gerade frisch renovierte Pfarrsaal „spielt alle Stückerln“. Im Hintergrund wird für das abendliche Dankfest vorbereitet. „Ich will nicht der Letzte sein, der das Licht ausmacht“, sagt Pirkner und setzt auf Beteiligung. Er will alle mitnehmen oder anders formuliert, er schließt als Seelsorger niemanden aus, ihm sind die Menschen wichtig.

Platz für zeitgenössische Kunst

So flattert vom Pfarrhof die bunte Regenbogenfahne als Symbol der Toleranz für verschiedene Lebensmodelle und -realitäten, während in der Kirche die barocken Meisterwerke des Kremser Schmidt von einem ganz anderen Verständnis der Kirche zeugen. In Schwechat ist aber auch wie selbstverständlich Platz für die Werke des örtlichen zeitgenössischen Künstlers Karl Martin Sukopp. Die modernen Glasfenster lassen viel Licht in die Taufkapelle. Ein echtes Highlight ist der Flügelaltar, der die Weihnachtsgeschichte erzählt.

Soziales Bewusstsein

Was aber die Schwechater seit Jahrzehnten auszeichnet, ist ihr soziales Bewusstsein und Selbstverständnis. Der Pfarrgarten hier im Zentrum der Stadt ist für Kinder geöffnet und es lebt eine Flüchtlingsfamilie aus der Ukraine im Haus. Am Zirkelweg gibt es seit 40 Jahren ein mit viel Herzblut aufgebautes Sozialzentrum, das weit über die Grenzen von Schwechat bekannt ist. Pirkner weiß, dass man auch an die Zukunft denken muss, denn die Gründerfamilien sind bereits im Seniorenalter. Ein anderes Solidaritätsprojekt mit einem ganz anderen Hintergrund hat Rannersdorf umgesetzt: Die Kirchenbänke wurden als Hoffnungszeichen nach Syrien geschickt, ein Beitrag für den Wiederaufbau im zerstörten Land.

Zwischen Schloss und Arbeiterhaus

Seit sieben Jahren lebt der Seelsorger im Zentrum von Schwechat. Auf der Straße wird er gegrüßt, man kennt den legeren und freundlichen Priester. In der Nachmittagshitze führt er durch den Ort. Wenig Verständnis hat er für den ständig vorbeibrausenden Verkehr am Hauptplatz direkt vor der Kirche. Nur wenige Schritte entfernt ist eine ganz andere Welt. Vorbei an vielen Gewässern und großen Parks mit altem Baumbestand findet man Einfamilienhäuser mit Gärten. Aber es gibt auch Bausünden, die Werner Pirkner nicht besonders gefallen: große Veranstaltungs- und Einkaufszentren. „In Summe sind viel zu viele Flächen versiegelt“, sagt er. Schwechat ist nicht nur der Ort neben dem größten Flughafen Österreichs, es ist auch ein Ort mit viel Industrie. Hier wurde das Lager-Bier erfunden. Einige Häuserblocks vom einstigen Schloss der Industriellenfamilie steht das schmuck renovierte Arbeiterhaus mit liebevoll dekorierten Balkonen.

Ein Ständchen in der offenen Kirche

Werner Pirkner ist froh, wenn die Kirchen offen sind. So kann er bei der Station in Mannswörth zwei Touristinnen gleich in die Kirche einladen, die nach dem Weg fragen. Was die beiden Seniorinnen dort vorhaben? „Wir kommen aus Franken und sind unterwegs mit einer Reisegruppe. Wir sind einem Chor und darum wollen wir hier auch ein Lied singen.“ Welches? „Großer Gott, wir loben dich“, meinen die zwei und gehen in Richtung Kirche.

Neuer Flügel

Pirkner weiß viel von seinem Pfarrverband mit dem klingenden Namen „Ala Nova“, was so viel wie „neuer Flügel“ bedeutet. Kraft und Schutz sollen die Flügel vermitteln. Das brauchen die Menschen und das braucht die Kirche hier in dem neuen Entwicklungsraum. In der Seelsorge arbeitet Pirkner zusammen mit drei Priestern, zwei Pastoralassistentinnen, einigen Diakonen und zahlreichen Ehrenamtlichen. Und es kann im wahrsten Sinn des Wortes auch einiges wachsen. Hinter der Kirche steht ein Maulbeerbaum, dessen Früchte köstlich schmecken. Ein Mitarbeiter kümmert sich darum. „Auf der Blumenwiese blühen viele weitere Pflanzen, ein Beitrag zur Nachhaltigkeit“, wie der Pfarrer betont.

Gott wartet auf dich

Zurück vor dem Schwechater Pfarrhof wachen die 12 Apostel, barocke Darstellungen, in einem hübschen Ensemble. Werner Pirkner zeigt auf die freien Flächen zwischen den Skulpturen und sagt: „Ich wünsche mir ja hier einmal noch 12 Apostelinnen.“ An der Kirchentüre werden in jedem Fall schon jetzt alle willkommen geheißen: „Gott wartet auf dich!“ Nicht unpassend in der dem heiligen Jakob geweihten Pfarrkirche, die am Pilgerweg liegt.

Autor:
  • Sophie Lauringer
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