Verbundenheit: Tag des Judentums
Was wir der Kirche verdankenMit 28. Oktober 1965 machte Papst Paul VI. die Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils „Nostra aetate“ (lateinisch für: „In unserer Zeit“) über die Haltung der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen öffentlich. Der Erklärung vorausgegangen war bis dahin eine jahrhundertelange Geschichte der Vorurteile und Feindseligkeiten von Christen gegenüber Juden. Dabei wurde nicht immer zwischen dem rassistisch-geprägten Antisemitismus und dem theologischen Antijudaismus unterschieden. Die blutige Wirkung auch des Antijudaismus war verheerend. Es war dann schließlich Papst Johannes XXIII., der als Nuntius in Bulgarien und Ungarn die Judenverfolgungen in der Zeit des Nationalsozialismus während des Zweiten Weltkriegs miterlebt und vielen Jüdinnen und Juden das Leben gerettet hatte. Seit der Ankündigung des Konzils Anfang der 1960er-Jahre wurde fieberhaft an einem Dokument vorgearbeitet, Fragen und Themen gab es schließlich genug. So sollte in dieser Erklärung des Konzils u. a. die bleibende Geltung des Judentums als Wurzel des Christentums deutlich hervorgestrichen werden.
Von Gott geliebt
Das kürzeste Dokument des Konzils wurde dann 1965 mit großer Mehrheit (2.221 Ja-, 88 Nein-, drei ungültige Stimmen, keine Enthaltungen) angenommen. Im Nachdenken über ihr Geheimnis bedenke die Kirche ihre geistliche Verbindung mit dem „Stamm Abrahams“, heißt es in der so wichtigen Erklärung. „Deshalb kann die Kirche auch nicht vergessen, dass sie durch jenes Volk, mit dem Gott aus unsagbarem Erbarmen den Alten Bund geschlossen hat, die Offenbarung des Alten Testamentes empfing und genährt wird von der Wurzel des guten Ölbaums, in den die Heiden als wilde Schösslinge eingepfropft sind“. Auch wenn viele Juden das Evangelium nicht angenommen haben, seien sie „immer noch von Gott geliebt um der Väter willen“. Auch dürfe man die Juden nicht als „von Gott verworfen oder verflucht“ darstellen. Das Konzil beklagt auch „Hassausbrüche, Verfolgungen und Manifestationen des Antisemitismus“, die mit einer antijüdischen Theologie begründet wurden. Mit der Erklärung „Nostra aetate“ war damit kirchenoffiziell der Weg zu gegenseitiger Kenntnis und Achtung von Christen und Juden neu eröffnet worden.
„Tag des bußfertigen Gedenkens“
Ein weiterer Meilenstein: Im Jahr 2000 hat der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) den jährlichen 17. Jänner als „Tag des Judentums“ eingeführt. Er dient dem bußfertigen Gedenken an die jahrhundertelange Geschichte der Vorurteile und Feindseligkeiten von Christen gegenüber Juden und zur Entwicklung und zur Vertiefung des christlich-jüdischen Gesprächs. Damit stehen in Zeiten des weltweit zunehmenden Antisemitismus Christen als „jüngere Geschwister“ solidarisch an der Seite ihrer „älteren jüdischen Geschwister“.