Sternstunden: Eine Auszeit nehmen
Adventserie Teil 1Der Sternenhimmel faszinierte mich schon als Kind. Das Glitzern und Funkeln in den klaren kalten Winternächten verzauberte mich auf ganz besondere Weise. Heute weiß ich, dass im Winter tatsächlich aufgrund der langen Dunkelheit beinahe alle Sternbilder am Himmelszelt zu sehen sind. Orion, das hellste Sternbild, und Sirius, der hellste Stern, erleuchten den Nachthimmel. In beinahe allen Kulturen und zu allen Zeiten wird von der fesselnden Wirkung des Sternenhimmels berichtet. Er diente vielen Generationen zur Orientierung und gleichzeitig suchten und suchen noch heute Menschen in den Sternen Hinweise für die Zukunft.
Sternstunden: Viele Mythen um die Sterne
Ja und dann gibt es natürlich auch viele Mythen, Märchen und Erzählungen darüber. Das Sterntalermärchen, das Sie bestimmt kennen, hat mich als Kind immer traurig gemacht. Das arme Mädchen, das keine Eltern und kein Zuhause hat und dann auch noch im finsteren Wald unterwegs ist, hat meine kindliche Seele tief berührt. Und dann gibt dieses fromme Kind noch den letzten Bissen Brot einem armen Mann. Damit nicht genug, es gibt einem frierenden Kind seine Mütze und einem weiteren seinen Rock und zuletzt sogar noch sein Unterhemd. Und so stand es da – mit nichts. An dieser Stelle musste ich als Kind immer weinen, obwohl ich wusste, was danach kam. „Da fielen auf einmal die Sterne vom Himmel und es waren lauter blanke Goldtaler und das Kind trug plötzlich ein feines Kleid.“ Der Himmel kam sozusagen auf die Erde. Und das Mädchen, ich erinnere mich noch an das Bild im Märchenbuch, stand mit offenen Händen da und wurde reich beschenkt. Heute lässt mich dieser Schluss nachdenklich zurück. Es wird ja nicht von Belohnung gesprochen und auch sonst wird kein Sinnzusammenhang zwischen der Handlung des Mädchens und dem Sternenregen hergestellt. Vielleicht geht es da ja mehr um den inneren Reichtum, der mit der Himmelserfahrung gleichzusetzen ist; eine Erfahrung, die mit dem Loslassen des Alten, nicht mehr Tragfähigen und mit dem Sich-Einlassen auf das Neue, Unbekannte verbunden ist.
Himmel voller Sterne
Das Lukasevangelium erzählt auch von einem Kind, das den Himmel auf die Erde bringt. Auch dieses Kind ist arm und bedürftig. Ein großer Stern kündigt seine Geburt an und die Weisen machen sich als Gottsuchende auf den Weg. Dieses Kind, Jesus, bringt uns die Botschaft der Liebe und damit die Verheißung von Frieden und Gerechtigkeit. Seine Geburt ist eine Sternstunde, mit seiner Geburt kommt der Himmel auf die Erde.
Sternstunden: Gedicht
sternstunden
vom himmel geschenkt
ohne wenn und aber
einfach so
fallen sie in dich
hinein
sternstunden
mitten im alltag
plötzlich und unerwartet
fallen sie
dir zu
sternstunden
manchmal zur mitte der nacht
erhellen das dunkel
die lebensnacht
erleuchtet – beleuchtet
des lebens last
sternstunden
sie warten auf dich
im kommenden jahr
gib acht und
verpasse sie nicht
Gott, du Lebendige, aus
Sternenstaub bin ich gemacht,
dein Atem schenkt mir Leben –
Tag für Tag. Gott, du Lebendige,
geerdet möchte ich bleiben und
die Verbundenheit mit dir
Tag für Tag durchleben.
Impuls – Meine Sternstunden
Nehmen Sie ein Blatt Papier. Darauf ziehen Sie am unteren Rand Ihre Lebenslinie bis zum heutigen Tag. Teilen Sie die Linie nun in Zehnjahresschritte ein. Anschließend markieren Sie Ihre persönlichen Sternstunden mit einem Stern auf der Linie. Das können Zeiten sein, in denen Sie sich wie im siebten Himmel gefühlt haben, oder glückliche „Zufälle“, in denen Ihnen etwas zugefallen ist. Erinnern Sie sich so genau wie möglich an die Situation und an die dabei empfundenen Gefühle.
Wenn Sie möchten, können Sie diese Gefühle mit unterschiedlichen Farben und Formen aufs Papier bringen. Anschließend können Sie Ihre Sternstunden mit einigen Stichworten niederschreiben. Hängen Sie nun Ihr Bild an einen Platz, an dem Sie mindestens einmal am Tag vorbeikommen. Die Innenseite des Kleiderschrankes eignet sich gut dafür. Da ist Ihr Bild geschützt vor den Augen anderer und gleichzeitig für Sie jeden Tag sichtbar.
Buchtipp: Eine Handvoll Licht
Petra Unterberger, Eine Handvoll Licht, Tyrolia, 224 Seiten, ISBN 978-3-7022-4210-7, EUR 24.–
Zur Person: Petra Unterberger
Die Autorin Petra Unterberger arbeitete bis zur Pensionierung als Pastoralassistentin in der Diözese Innsbruck. Die erfahrene Seelsorgerin begegnet in der geistlichen Begleitung vielen Menschen, die auf der Suche nach Sinn und einer ganzheitlichen christlichen Lebensgestaltung sind. Sie engagiert sich für die Rolle der Frau in der Kirche und für eine sensible Sprache in Spiritualität und Liturgie.