Starke Frauen mit starken Werten

Ordenstagung 2024
Ausgabe Nr. 48
  • Soziales
Autor:
Vier Schwestern der Franziskanerinnen
Die Franziskanerinnen der Waldbreitbacher Gemeinschaft setzen sich für die Förderung von Frauen in Kirche und Gesellschaft ein. ©Christian Belz
Schwester Edith-Maria Magar
Schwester Edith-Maria Magar: Zeugnis geben von der Hoffnung, die uns erfüllt. ©Waldbreitbacher Franziskanerinnen

Die Franziskanerinnen setzen sich für wertebasierte Führung, demokratische Werte und die Förderung von Frauen in der Kirche ein.

Beim „Ordenstag“ der österreichischen Ordensgemeinschaften am 26. November im Wiener Kardinal König Haus hielt die langjährige Generaloberin der Waldbreitbacher Franziskanerinnen, Schwester Edith-Maria Magar, ein viel beachtetes Impulsreferat. Gegenüber dem SONNTAG erläutert die Ordensfrau die Herausforderungen für ihre und die vielen Werke, in denen 13.000 Menschen in drei deutschen Bundesländern wirken.

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Franziskanerinnen und ihre vielfältigen Einrichtungen

Wir Franziskanerinnen sind seit 1903 Stifterinnen der Marienhaus GmbH Waldbreitbach“, erzählt Schwester Edith-Maria Magar, von 2012 bis 2024 Generaloberin der Waldbreitbacher Franziskanerinnen, dem SONNTAG. Aktuell gehören dazu 15 Krankenhäuser, zwei Reha-Kliniken, vier medizinische Versorgungszentren, 18 Einrichtungen für Menschen im Alter (Seniorenheime), drei Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, 13 stationäre und ambulante Hospize, fünf Palliativstationen, neun Bildungseinrichtungen, ein Zentrum für Arbeit und Gesundheit sowie ein Hotel- und Tagungszentrum mit Restaurant. „Es arbeiten 13.000 Mitarbeitende in Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Nordrhein-Westfalen in diesen Einrichtungen“, betont Schwester Edith-Maria: „Aktuell leben 130 Ordensfrauen im deutschen Teil unserer Kongregation. 2011, also nach 108 Jahren, haben wir Franziskanerinnen die Gesellschafter-Verantwortung in die Marienhaus Stiftung Waldbreitbach übertragen; als stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums der Gesellschaft repräsentiere ich die Stiftergemeinschaft.“

Wertebasierte Führung in Krankenhäusern

 

Sie gehen seit Jahren neue Wege, indem Sie „weltliche“ Oberinnen in Ihren Krankenhäusern fördern. Was müssen diese Frauen „mitbringen“, was erhoffen Sie sich seitens Ihres Ordens?


SCHWESTER EDITH-MARIA MAGAR: In hochkomplexen Organisationen, wie sie Krankenhäuser darstellen, braucht es starke Persönlichkeiten in der Aufgabe der Oberin, die die wertebasierte Ausrichtung in der Klinikleitung garantieren. Als ethische Garantinnen und Kulturentwicklerinnen sind sie sozusagen die „Erbinnen“ unseres Vermächtnisses: kompetente Frauen, die sich als überzeugte Christinnen mit hoher Fach-und Sozialkompetenz sprachfähig zu christlichen Werten bekennen und für diese im konkreten Führungsalltag einstehen, gerade da, wo diese Werte bedroht sind. Die Frauen sichern die Gleichzeitigkeit zwischen den verschiedenen Professionen, Kulturen, Disziplinen und Logiken im Spannungsfeld von Wirtschaftlichkeit und Menschlichkeit. Sie bringen Führungserfahrung als Leiterinnen von Schulen, Pflegedirektorinnen, Pflegemanagerinnen, Theologinnen und Klinikseelsorgerinnen ein.
 

„Die Weihe von Frauen zu Diakoninnen wäre ein  glaubwürdiger Schritt.“

Neue Wege bei schwindenden Ressourcen

 

Warum Konventsoberinnen?


Wie die meisten Ordensgemeinschaften haben auch wir es mit gravierend schwindenden Ressourcen zu tun; wegen des Nachwuchsmangels und der Überalterung der Schwestern stehen uns keine eigenen Ordensfrauen mehr für die Leitung und geistliche Begleitung unserer Schwesternkonvente zur Verfügung. Darum haben wir, auch aufgrund der guten Erfahrungen mit den „weltlichen Krankenhausoberinnen“, verheiratete Frauen mit Führungskompetenz als Oberinnen berufen, die als Christinnen auch ein feines Gespür für unsere Lebensform mit ihren sakramentalen Vollzügen mitbringen. Sie unterstehen, wie auch die Mitschwestern im Oberinnenamt, der Generaloberin.

Qualifizierung für eine werteorientierte Zukunft

 

Wie gestalten Sie die Weiterbildung Ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?


Dank eigener Bildungseinrichtungen ist uns neben den jeweils vielfältig differenzierten Fach-Weiterbildungen die Personal- und Organisationsentwicklung mit eigens konzipierten Führungskräfte-Entwicklungsprogrammen besonders wichtig. In Zusammenarbeit mit einer theologischen Hochschule haben wir seit Jahren verschiedene mehrjährige Studiengänge etabliert: „Diakonisches Leitungsamt“, „Kompetenz und Geist“, „Führungskompetenz und christliches Selbstbewusstsein.“ Um neue Mitarbeitende, oft aus anderen Kulturkreisen, mit unseren Unternehmenswerten vertraut zu machen, führen wir regelmäßige sogenannte „Onboardings“ durch; ebenso ethische Austauschforen speziell für junge Ärztinnen und Ärzte und wertebasierte Praxisprojekte für angehende Führungskräfte in ihren jeweiligen Arbeitsbereichen.

Hoffnungen auf das Diakonat der Frauen und die Weltsynode

 

Ihr Orden hat auch drei Studiengänge für Frauen durchgeführt, die sich zum Diakonat berufen fühlen und die sakramentale Weihe ersehnen. Wie sehen Sie die „Ergebnisse“ der Weltsynode in diesem Zusammenhang? 


Wie viele Frauen weltweit, hatte ich die Hoffnung, dass die Weltsynode zumindest die Zulassung von Frauen zum sakramentalen Diakonat beschließt. Diese Hoffnung wurde enttäuscht, obwohl im Abschlussdokument (60) zu lesen ist: „Frauen stoßen weiterhin auf Hindernisse, wenn es darum geht, ihre Charismen und ihre Berufung in allen Bereichen des kirchlichen Lebens umfassender anzuerkennen. Dies geht zulasten des Dienstes an der gemeinsamen Sendung der Kirche.“ Da wäre die sakramentale Weihe von Frauen zu Diakoninnen ein folgerichtig glaubwürdiger Schritt, der nun weiter auf sich warten lässt. 

Franziskanerinnen predigen die Frohe Botschaft

 

Warum predigen die Franziskanerinnen immer wieder im Gottesdienst?


Weil es unserer gemeinsamen geistlichen Sendung entspricht, die Frohe Botschaft Jesu Christi unter den Menschen zu leben und zu bezeugen. Dieser missionarische Auftrag ist uns als Getaufte aufgegeben, denn Gottes Geist ist über alle ausgegossen, damit wir Zeugnis geben von der Hoffnung, die uns erfüllt, wie es im  ersten Brief des Apostels Petrus heißt (Kapitel 3, Vers 15).

„Wir nehmen an Demonstrationen für die Demokratie und gegen Rechts teil.“

Einsatz für Demokratie und gegen Fremdenfeindlichkeit

 

Ihre Ordensgemeinschaft setzt sich auch für die Stärkung der Demokratie in Deutschland ein. Was tun Sie da konkret? 


Wir beziehen Stellung für demokratische Werte, beispielsweise mit Foto und Text auf unserer Homepage am 27. Jänner, dem Gedenktag für die Opfer des Holocausts: „We remember“. Wir nehmen an Demonstrationen für die Demokratie und gegen Rechts teil. Wir lehnen Rassismus, völkische Nationalismen und Antisemitismus ab und haben schon seit vielen Jahren zu Impulsnachmittagen mit Politikerinnen und Politikern, Repräsentantinnen und Repräsentanten des kirchlichen und gesellschaftlichen Lebens eingeladen. Außerdem haben wir uns an öffentliche und kirchliche Stellen („Katholisches Büro“) und Ordenskonferenzen gewandt, um uns an die Seite von Ordenschristen zu stellen, die wegen des Kirchenasyls gerichtliche Verfahren durchlaufen mussten. Einige von uns sind Mitglied der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands und des Katholischen Deutschen Frauenbundes – diese Verbände setzen sich öffentlich für die Stärkung der Demokratie wie auch für die feministische Außen- und Friedens- politik ein. Unsere afro-brasilianischen und indigenen Mitschwestern in Brasilien und die Schwestern im afrikanischen Benin sind der lebendige Beweis unserer Option gegen Fremdenfeindlichkeit; ebenso die Tatsache, dass ich vor Jahren zwei muslimische Mediziner als Chefärzte in unseren katholischen Kliniken eingestellt habe. 

Schlagwörter
Autor:
  • Stefan Kronthaler
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