Sekten: Aufklärung statt Stigmatisierung

Weltanschauungs-Serie
Ausgabe Nr. 43
  • Spiritualität
Autor:
Sekte oder nicht? Die ARGE Weltanschauungen gibt Hilfe bei der Orientierung durch den "Weltanschauungsdschungel".
Sekte oder nicht? Die ARGE Weltanschauungen gibt Hilfe bei der Orientierung durch den "Weltanschauungsdschungel". ©istock
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Wissen Sie was die „Kirche des Allmächtigen Gottes“ ist und kennen Sie die Gruppe Shincheonji? Die Arbeitsgemeinschaft der Referentinnen für Weltanschauungsfragen gibt in unserer Serie einen Überblick über diverse Bewegungen und erklärt, warum das Wort Sekten out ist.

Religiöse Gruppen, gibt es in der Österreich zahlreiche. Was es mit denen auf sich hat, wissen die Expertinnen und Experten der ARGE Weltanschauungsfragen. In einer Serie für die Kirchenzeitungen schreiben Referentinnen und Referenten über verschiedene Weltanschauungen. In der Erzdiözese Wien gibt es zwei Referenten für Weltanschauungsfragen, Johannes Sinabell und Robert Wurzrainer. Wir haben mit Johannes Sinabell gesprochen.  

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Was ist die Arbeitsgemeinschaft der Referentinnen für Weltanschauungsfragen?

Johannes Sinabell: Es gibt in fast jeder Diözese in Österreich eine Person, die für den Bereich der Sekten- und Weltanschauungsfragen zuständig ist. Wir haben uns in der Arbeitsgemeinschaft Weltanschauungsfragen zusammengeschlossen tauschen uns über aktuelle Themen aus und entwickeln auch gemeinsame Projekte oder die gemeinsame Website. Ein Projekt ist momentan die Artikelreihe in den Kirchenzeitungen – online und in der Printausgabe. Der Begriff "Sekte" spielt in unserem Arbeitsbereich nach wie vor eine große Rolle. So haben uns z.B. in der Vergangenheit immer wieder Lehrerinnen und Lehrer um eine Auflistung von Sekten gebeten. Es ist aber aus unserer Sicht keine Lösung, wenn man Jugendlichen einfach sagt, dass diese oder jene Gruppe gefährlich ist. Deswegen sind wir dazu übergegangen aufzuzeigen, wie (eventuell konfliktträchtige) Gruppen agieren, was für eine Bindungsstruktur sie haben und welche Gruppendynamik hier abläuft. Mögliche Konfliktfelder sind etwa eine zentrale Figur oder die Lehre der Gruppe, die nicht hinterfragt werden dürfen, aber auch die Gruppenstruktur, in welcher Art Einfluss auf das Mitglied ausgeübt wird und wie mit Kritikerinnen und Kritiker umgegangen wird. Es gibt einige Elemente, bei denen man objektiv sagen kann, da läuft innerhalb der Gruppierungen etwas schief. In Bezug auf die Anfragen von Lehrerinnen und Lehrer war es uns Anliegen, den Schülerinnen und Schülern etwas in die Hand zu geben, womit sie anhand von gewissen Kriterien Angebote analysieren und bewerten können. Mit der Broschüre „Check deinen Durchblick“ haben wir einen solchen Leitfaden erstellt. Dabei geht es eben nicht um die Nennung des Namens einer Gruppe, sondern darum, wie diese an Menschen herantritt, was die betroffene Person will und was die Gruppe von dieser Person verlangt. Jugendliche sollen die Kompetenz erwerben, hier kritisch zu hinterfragen und eigenmächtig entscheiden zu lernen.

Die Definition von Sekte

Wie definiert man Sekte?

Seit Ende der 90er Jahre verwenden wir den Begriff Sekte nur noch sehr ungern, weil der Begriff inzwischen so unklar ist, dass jeder Mensch etwas anderes darunter versteht. Meist wird jedoch mit "Sekte" eine Gruppierung bezeichnet, die Konflikte verursacht.

Wenn man Sekte nicht definieren kann, wie kann man sie von Religion abgrenzen?

Versuchen Sie einmal eine Definition von Religion zu finden. Religion ist auch nicht klar definiert, und wird sowohl in den Theologien als auch in der Religionswissenschaft verschieden erklärt. Eine erste Annäherung ist es, Religion als eine religiöse Weltanschauung zu betrachten. Doch auch Weltanschauung ist ein großer Begriff, der nicht klar definiert ist. Letztendlich läuft es aber darauf hinaus, dass es grundsätzlich um Lehren und Ansichten geht, die Menschen einen Halt und eine Orientierung im Leben und in schweren Situationen geben. Und Religionen bieten Antworten auf existenzielle Fragen. Manche davon haben einen Gottes- oder Transzendenzbezug, da kann man dann eher sagen: Das ist eine Religion. Manche funktionieren aber auch ohne Gottesbezug. Als Weltanschauungsreferent ist eine meiner Aufgaben zu beschreiben, welche religiösen und nicht-religiösen Weltanschauungen es in der Erzdiözese Wien oder in Österreich gibt. Ich möchte einen Überblick geben, welche Anbieter verschiedener Weltanschauungen es in Österreich gibt. Das sagt aber noch nichts darüber aus, ob diese gefährlich sind oder nicht.

Besuch bei den Sekten

Besucht ihr auch Veranstaltungen der Gruppierungen zur Recherche?

Wir versuchen einen Überblick zu bewahren. Die Anbieter am weltanschaulichen Markt in Österreich gehen in die Tausende. Dabei werden auch sogenannte Lebensberater und Energetiker gezählt, da es da sehr viele im Bereich der Esoterik gibt. Wir kommen häufig erst drauf, was es gibt, wenn Personen zu uns mit Fragen kommen. Da geht es oft noch nicht einmal um irgendein Problem, sondern um reine Informationsanfragen. Und wir versuchen dann herauszufinden, wer ist die Gründungsperson? Was sind die Hintergründe dieser Kirche? Was bieten sie?

Daher gehört es auch zu unserer Arbeit Veranstaltungen zu besuchen. Wenn wir beschreiben oder Texte verfassen, dann ist unser Anliegen natürlich auch, auf eine seriöse und wertschätzende Art und Weise zu informieren. Und wenn wir Stellungnahmen veröffentlichen, dann ist durchaus klar, dass wir uns diese Gruppen auch anschauen. Und das bedeutet zum einen das Studium von Veröffentlichungen im Internet und Literatur, und wenn es öffentliche Veranstaltungen gibt, dass man dort auch hingeht.

Macht ihr das inkognito oder meldet ihr euch als Weltanschauungsreferenten an?

Das ist unterschiedlich. Zu vielen dieser Veranstaltungen kann man sowieso ohne Anmeldung hingehen. Wenn ich dort bin, ins Gespräch komme und mich jemand fragt, woher ich bin, dann sage ich das auch. Den meisten Leuten ist das auch ziemlich egal. Man geht einfach hin und versucht, möglichst nicht aufzufallen. Wir nennen das, und das haben wir wahrscheinlich von der Ethnologie oder der Religionswissenschaft übernommen, teilnehmende Beobachtung.

Ist das Phänomen von sogenannten Schamanen in den letzten Jahren angestiegen?

Meiner Einschätzung nach würde ich dem klar zustimmen. Es gibt jetzt viel mehr Möglichkeiten, um einen interessierten Personenkreis zu erreichen. Wenn Sie einmal anfangen, auf Facebook, oder Instagram schauen, was sich dort so tut, dann bekommen Sie eine ganze Flut an Informationen und Angeboten.

Soziale Medien als Multiplikator

Sind soziale Medien ein Multiplikator für esoterische Weltanschauungen?

Ich nehme wahr, dass die Anbieter viel mehr werden – oder zumindest sichtbarer werden. Und was in den Sozialen Netzen bisweilen angeboten wird, ist oft wirklich grenzwertig. Das Netz ist voll mit Angeboten, bei denen man sich denkt, das kann doch keiner ernst nehmen! Aber offensichtlich gibt es viele Menschen, die diese Angebote ansprechen.

Ist eine Broschüre von ihrer Seite aus geplant, wie ein „Check deinen Durchblick 2.0“, für die jetzige Generation Tik Tok und Instagram?

Ja, wir planen eine Überarbeitung dieser Broschüre. Wie die dann ausschauen wird, weiß ich aber noch nicht.

Überblick über verschiedene Weltanschauungen

Liegt es nur an dem größeren Angebot, dass sich Menschen diversen religiösen Weltanschauungen und Esoterik mehr zuwenden?

Ich muss Ihnen gestehen, da kann ich Ihnen diesbezüglich keine wissenschaftlich fundierte Antwort geben, aber meine Einschätzung ist wie folgt: Von den 1950er- bis in die 1970er Jahre war alles klar definiert: Wie eine Familie funktioniert, wonach man sich ausrichtet, und auch was ein gutes und zufriedenstellendes Leben ist. Es waren nicht so viele Möglichkeiten vorhanden, wie das in der Gegenwart der Fall ist. Doch all diese Möglichkeiten und Freiheiten bringen auch eine große Verantwortung mit sich – und zwar die Verantwortung, den Durchblick zu behalten. Früher wurde man meist katholisch geboren und blieb katholisch bis zum Tod. Heute ist das nicht mehr selbstverständlich. Wenn ich eine existenzielle Frage, eine Frage nach dem Sinn des Lebens und meiner Existenz habe, dann bekomme ich inzwischen viele Antworten, und die Personen orientieren sich dann an der Antwort, die ihnen persönlich am meisten zusagt.

Sie versuchen den Überblick zu behalten, aber was machen Sie mit den Informationen dann im Referat?

Wir versuchen, die Informationen in Form von Artikeln auf unserer Website, durch Vorträge und Veranstaltungen all jenen Menschen anzubieten, die an diesen Themen interessiert sind. Dies ist auch einer der Gründe, warum wir diese Artikelreihe mit den österreichischen Kirchenzeitungen entwickelt haben.

Wann wurde das Referat gegründet und zu welchem Zweck?

Das Referat wurde 1952 gegründet. Der Ursprung war der, nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs – welcher eine traumatische Erfahrung war – zu untersuchen, warum eine Weltanschauung, wie z.B. der Nationalsozialismus, so viele Menschen in den Bann ziehen konnte. Außerdem waren viele Menschen nach dem Krieg auch einfach auf der Suche nach Halt. Und da war eben die Frage, wie kann man als Kirche den Menschen Halt bieten? In dieser Zeit sind zudem andere religiöse Gemeinschaften immer mehr an die Öffentlichkeit getreten. Deshalb hat der damalige Pastoralabteilungsleiter, Prälat Rudolf, entschieden, dass die katholische Kirche wissen möchte, welche Gruppierungen es gibt. Wer spricht außer der Kirche noch Leute an? So wurde das sogenannte Sektenreferat gegründet, und zwar als kirchliche Einrichtung, um einen Überblick zu bewahren, welche religiöse Gemeinschaften es noch gibt. Damals wurden sie Sekten genannt, weil sie eben nicht katholisch waren. Das Referat hat der Information gedient, aber auch um Warnungen auszusprechen. Das blieb so bis in die 1970er Jahre hinein. Im Zuge der 1968er-Bewegugung und der zunehmenden Globalisierung kamen immer mehr andere Religionen nach Österreich. Das waren zunächst vor allem Jehovas Zeugen und etliche Freikirchen. Dann, in den 1970er und 1980er Jahren kamen die sogenannten Guru-Bewegungen, wie z.B. Hare Krishna oder die Transzendentale Meditation  –  vor allem bekannt geworden durch Musiker wie den Beatles – dazu. Es handelte sich hier um ein Phänomen, das nicht nur Katholikinnen und Katholiken ergriffen hat, sondern auch Personen, die mit der katholischen Kirche eigentlich nichts zu tun hatten. Das war die Zeit der sogenannten "Jugendsekten", weil man davon ausging, dass hauptsächlich Jugendliche von diesen Gruppen angesprochen wurden. Dies entwickelte sich in gewisser Weise zu einer gesellschaftlichen Frage, da viele Eltern wissen wollten, wo sie fundierte Informationen und Hilfe finden konnten, wenn ihre Kinder plötzlich "religiös" wurden. Die Beratungsstellen in der katholischen Kirche, in den Diözesen, waren damals dann die Tür, an die die Leute angeklopft haben. Damals gründeten sich auch Elterninitiativen als Selbsthilfegruppen. Gegen Ende der 1990er Jahre wurden dann auch die staatlich finanzierte Bundesstelle für Sektenfragen eingerichtet, die sich mit ähnlichen Themen beschäftigt hat und eine kirchenunabhängige Einrichtung darstellt.

Es gibt auch eine Extremismus-Beratungsstelle…

Genau, das ist wieder etwas anderes. Die Extremismus-Beratungsstelle ist daraus entstanden, dass man den islamistischen Extremismus stärker wahrgenommen hat. Als Weltanschauungsreferent bin ich für alles zuständig. Jedoch nicht für Kirchen, die im ökumenischen Rat der Kirchen sind. Ich bin auch nicht für die sogenannten Weltreligionen zuständig, somit ist auch der Islam nicht mein Zuständigkeitsbereich. Und ich bin auch nicht für Buddhismus oder Hindu-Religionen zuständig, sehr wohl aber die neo-hinduistische Guru-Bewegungen.

Hilfe für Betroffene und Angehörige

Und wie können sie helfen, wenn Angehörige, Eltern oder Freunde sich bei Ihnen melden, wenn sich jemand religiös oder weltanschaulich neu orientiert?

Auf jeden Fall geht es zunächst darum, den Menschen die Informationen über die Gruppe oder das Angebot zu geben, die sie brauchen. Unser Anliegen ist zu versuchen, die Beziehung in der Familie auf diese Weise zu stabilisieren, also Leuten zu helfen, mit dieser Situation umzugehen. Mehr können wir oft nicht machen, wenn sich zum Beispiel der Sohn entscheidet, weltanschaulich oder religiöse neu orientiert, da er eine nette Frau kennengelernt hat. Und wenn er dann keine Geburtstage mehr feiern möchte, oder eine ganz neue Weltsicht entwickelt, dann kann man sich ansehen, welche Möglichkeiten es noch gibt, um als Familie oder Freunde mit ihm Kontakt zu halten. Dann muss man halt die Beziehungskultur anders ausbauen. Man sieht sich an, was uns als Personen oder als Familie jenseits vom Glauben verbindet. Die Menschen suchen meistens nach einer Bestärkung und nach einer Möglichkeit, um die Beziehung zu den Personen, die sich jetzt weltanschaulich oder religiös neu orientiert haben, aufrechterhalten können.

Sie helfen den Verwandten und Bekannten dann bei der Einschätzung dieser Religiosität, ob es gefährlich sein kann?

Wir begleiten diese Personen, aber die Einschätzung müssen dann die Personen selbst vornehmen. Natürlich ist es für Eltern schwierig, wenn sich plötzlich ihre Tochter, die katholisch erzogen wurde, einer anderen Religionsgemeinschaft anschließt. Oder wenn jemand sein Kind religionsfrei aufzieht und es dann plötzlich religiös wird. Es ist aber genauso schwierig, wenn in einer Beziehung ein Teil sich plötzlich esoterisch orientiert und jetzt anfängt, hochpreisige Selbstverwirklichungskurse zu besuchen und dann sagt: Okay, wir müssen uns jetzt trennen, weil du mich an meiner spirituellen Entfaltung hinderst. Wir versuchen also, Leute zu beraten, damit sie lernen mit Situationen umzugehen und das Familienleben oder die Beziehung aufrechtzuerhalten, solange es geht. Und wenn es nicht mehr geht, dann sie zumindest so zu stabilisieren, dass es halbwegs passt.

Der Ausweg aus der Sekte

Wie schaffen es Menschen aus betrügerischen Weltanschauungen hinaus?

Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Ein wichtiger Punkt sind die sozialen Beziehungen, also die Leute in der direkten Umgebung. Das heißt, solange die Leute noch Freunde und Familie haben, die nicht den Kontakt zu ihnen abgebrochen haben, weil sie jetzt plötzlich ganz andere und bisweilen seltsame Ansichten haben. Wenn man sich regelmäßig trifft und noch eine Beziehung da ist, dann kann es durchaus sein, dass irgendwann in einem Gespräch einmal ein Wort fällt, ein Gedanke, der einen dazu bringt, eine Situation und auch ein Angebot neu zu betrachten und zu überdenken. Es kann sein, dass einfach das Geld ausgeht. Es kann sein, dass die Person oder die Gruppe, zu der man geht, irgendein Verhalten an einem Tag legt, mit dem man nicht leben kann. Es kann sein, dass man jemanden kennenlernt und dadurch eine andere, neue Bezugsperson hat, die einem im persönlichen Leben hilft oder auch andere Ideen bringt.

Was können Angehörige tun oder was kann man selbst tun, um nicht in solchen Weltanschauungen gefangen zu werden?

Grundsätzlich muss jeder von uns damit rechnen, dass er in eine Situation kommen kann. Meine These ist, dass es für jeden von uns eine Gruppe gibt, die konfliktträchtig sein kann. Das sage ich, obwohl ich Weltanschauungsreferent bin und man meinen möchte, mir könnte es nicht passieren. Ich denke davor ist niemand gefeit. Jeder kann in eine schwere Lebenssituation geraten, in der er oder sie Halt sucht. Entscheidend ist, dass man Bezugspersonen hat, mit denen man darüber reden kann. Hilfreich ist es auch, wenn man kritisch bleibt und Dinge in Frage stellt. Ein kritischer Glaube ist immer gut. Man kann auch dem katholischen Glauben sehr kritisch gegenüberstehen. Das heißt nicht, dass ich deswegen nicht gläubig bin, sondern dass ich mir bewusst bin, womit ich Schwierigkeiten habe – und Schwierigkeiten zu haben ist keine Schwäche. Man sollte auch immer schauen, ob man vor allem investiert – oder auch etwas zurückbekommt? Und wenn viel investiert wird, aber wenig zurückkommt, sollte man überlegen: Ist mir das recht? Will ich das so? Und ganz wichtig: Es sollte jedem bewusst sein, dass man jederzeit gehen kann.

Wann ist eine Gruppierung konfliktreich?

Ob eine Gruppe konfliktträchtig ist, hängt von vielen Faktoren ab. Es kann sein, dass eine Person an der Spitze steht, die ein Verhalten an den Tag legt, das eine ungute oder gefährliche Gruppendynamik entwickelt. Das kann verschiedene Gründe haben. Es kann daran liegen, dass die Leitungsperson von Haus aus schwierig ist. Andererseits ist es nicht einfach, an der Spitze einer Gruppe zu stehen, in der es Personen gibt, die einem an den Lippen hängen und das Gefühl geben, jemand Besonderer zu sein. Einige Zeichen für Konfliktträchtigkeit sind etwa, wenn man die Leitungsperson oder die Lehre der Gruppe nicht hinterfragen oder kritisieren darf, wenn Druck aufgebaut wird, der dazu führt, dass man sich von seiner Familie und seinen Freunden trennt und abschottet, wenn man als Mitglied der Gruppe von den anderen überwacht wird, oder wenn kein Arzt aufgesucht werden darf, sondern Krankheiten nach irgendwelchen Methoden der Gruppe behandeln werden müssen. Ein Konflikt kann aber auch entstehen, weil eine Person, ich nenne es mal so, sich in einer Gruppe verrennt. Wenn er oder sie eine Gruppe und Lehren der Gruppe wichtiger nimmt, als es die Gruppe selbst tut. Dann ist weniger die Gruppe das Problem, sondern das die Person die Ideen, oder Lehren der Gruppe übertrieben leben will.

Im Herbst ist eine Serie der Arbeitsgemeinschaft für Weltanschauungsfragen in den Kirchenzeitungen, also auch im SONNTAG, gestartet. Was erwartet die Leser?

In dieser Reihe stellen wir verschieden Gruppen oder Weltanschauungen vor, denen wir in unserer Arbeit häufig begegnen. Manche davon sind in der Öffentlichkeit nicht sehr bekannt. Meine Kolleginnen und Kollegen und ich möchten den Menschen diverse Gruppen und Weltanschauungen vorstellen und zeigen, was sie glauben und – wenn es notwendig ist – auch auf mögliche Konflikte hinweisen. Dadurch wollen wir den Menschen helfen und sie dazu befähigen, eine eigenständige Bewertung vornehmen zu können. 

Dabei beschäftigen wir uns mit einer großen Bandbreite an Gruppen und Ansichten. Auch aus diesem Grund schätze ich den Beruf als Weltanschauungs-Referent sehr. Im Grund geht immer um Fragen, die Menschen existenziell beschäftigen. Und das bedeutet, dass diese Fragen auch mich selbst beschäftigen. Fragen wie jene, ob man den Tod überwinden kann – als ein Beispiel aus dem Transhumanismus – sind einfach existentielle Fragen, die aus diesem Grunde für viele Menschen sehr wichtig sind.

Johannes Sinabell ist gemeinsam mit Robert Wurzrainer Referent für Weltanschauungsfragen in der Erzdiözese Wien.

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  • Cornelia Grotte
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