Engagement in Retz: Von Scheu zur Leidenschaft
Gerald WidhalmAls Jugendlicher wehrte sich Gerald Widhalm standhaft gegen das Ministrieren. Es war ihm unangenehm, für alle in der Kirche sichtbar zu sein.
Herr Widhalm, ministrieren in Retz wollten Sie nicht, dann sind Sie Lektor geworden – auch kein Dienst im Verborgenen.
Unser Pfarrer hat mich irgendwann einmal gefragt, und ich habe mir gedacht, ich probiere das jetzt aus. So bin ich vor gut 25 Jahren ins aktive Engagement in der Pfarre gerutscht. Ich wurde daraufhin Kommunionspender und Mesner, und irgendwann sind die Pfarrgemeinderatswahlen angestanden, für die man Kandidaten gesucht hat.
Heute sind Sie in der dritten Periode im Pfarrgemeinderat in Retz, auch im Vermögensverwaltungsrat, Sie sitzen in verschiedenen Gremien und haben einige andere Funktionen in der Pfarre. Das klingt nach viel Arbeit.
Das ist es. Unsere Pfarre ist klein, der Pool an Leuten, die sich engagieren, ist es auch. Man ist also selbst immer sehr gefordert. Für pfarrliche Dinge verwende ich viel Zeit, ich finde aber, es ist gut investierte Zeit und auch eine Bereicherung. Wenn ich etwas – wie vor Kurzem das Sternsingen – mitorganisiere und danach Menschen auf mich zukommen und sagen, wie gut wir alles vorbereitet haben: Das sind wirklich schöne Momente.
Ist es schwierig, in der Pfarre Menschen in Retz zu finden, die gern mitarbeiten?
Es ist tatsächlich in den letzten Jahren viel schwieriger geworden, Leute zu begeistern oder Helfer zu gewinnen, auch für punktuelle Ereignisse wie das Sternsingen. Das ist manchmal frustrierend. Hin und wieder kommt es aber auch vor, dass jemand von sich aus kommt und Mitarbeit anbietet. Das sind oft Leute, die zugezogen oder die gerade in Pension gegangen sind und mehr Zeit haben.
„Oft setze ich mich auch in die leere Kirche, um mit Gott zu reden.“
Gerald Widhalm
Bei so viel Einsatz in Retz: Wo tanken Sie auf?
Ich mache einiges für mein persönliches Glaubensleben. Hier in Retz gibt es zum Beispiel alle vierzehn Tage eine Gebetsgruppe und seit ein paar Wochen eine Jüngerschaftsschule. Anfangs war ich skeptisch, mittlerweile finde ich die Treffen sehr bereichernd. Wir sprechen viel darüber, wie wir Jesus nachfolgen und andere Menschen von Gott begeistern können – es ist wie eine Lebensschule. Oft setze ich mich auch in die leere Kirche, brauche aber gar nicht unbedingt einen fixen Ort oder eine fixe Zeit, um mit Gott zu reden. Wenn mich etwas in der Natur berührt, beim Fotografieren oder wenn ich mit dem Rad unterwegs bin, bleibe ich auch mal eine Viertelstunde stehen und bete. Bis heute zehre ich von einer Reise nach Assisi vor ein paar Jahren. Das war keine klassische Besichtigungsreise, sondern es waren vielmehr Einkehrtage mit viel Raum für Gebet und Stille. In diesen Tagen war ich Gott sehr nahe – das vergesse ich mein ganzes Leben nicht mehr.