Säkularinstitut: Nicht ausgestorben, sondern vollendet

Anna Maders Weg
Ausgabe Nr. 47
  • Meinung
Autor:
Freude am Leben und an der Theologie – Anna Mader hat ihren Weg schon lange gefunden. ©Peter Mader

Anna Mader erzählt vom Leben im Säkularinstitut "Madonna della Strada". 64 Jahre Engagement: Einblick in ein erfülltes Leben voller Entscheidungen und Weisheit.

Anna Mader ist mit den anderen Frauen ihrer Gemeinschaft verbunden, lebt aber allein und arbeitete bis zu ihrer Pensionierung als Lehrerin in einer Berufsschule.

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Frau Mader, wie haben Sie ,Madonna della Strada‘ kennen gelernt?

Ich habe mich an meiner Arbeitsstelle als Erzieherin mit einem Mitglied der Gemeinschaft angefreundet. Irgendwann hat sie mich in die Gemeinschaft mitgenommen. Es hat mir getaugt, und ich bin eingetreten.

Das klingt sehr unkompliziert. War es wirklich eine so einfache Entscheidung?

Nein, so einfach war es nicht. Für mich war es anfangs interessant zu sehen, wie meine Freundin lebt.  Nach einiger Zeit habe ich mich gefragt, ob das nicht etwas für mich wäre. Denn die Frauen, die ich in der Gemeinschaft kennen gelernt habe, haben mich angesprochen. Sie waren selbstständig und selbstbewusst, ganz ohne fromme Flausen im Kopf. Da dachte ich: Versuch es! Und dieser Versuch dauert mittlerweile 64 Jahre.

Eine Ordensgemeinschaft kam für Sie nie in Frage?

Nein, ich will keinen Habit tragen, keine Gemeinschaft, in der die umfassende Sorge für meine Person von anderen getragen wird. Ich möchte selbst entscheiden, was ich tue oder lasse; ich muss es ja auch verantworten. Die menschlichen Voraussetzungen für so einen Lebensweg sind Mut, Selbstbewusstsein, Entscheidungsfreudigkeit, Kontaktfähigkeit und das Alleinsein und die Einsamkeit aushalten können. Damit Sie sich das besser vorstellen können, erzähle ich Ihnen eine Geschichte: Ich war ganz jung in der Gemeinschaft, als wir mit einer Gruppe bei einem Ausflug Mittagessen waren. Alle haben sich ganz brav ein Obi gespritzt bestellt. Nur eine ältere Schwester neben mir wollte ein Bier. Der Kellner sah sie an, als hätte er ein Mondkalb vor sich. Die Schwester hat ihn angegrinst und gesagt: Ich bin schon groß, ich darf ein Bier trinken. Diese Schwester wusste, was sie wollte!

Ihr Anspruch ist, mitten im Leben zu stehen und bei den Menschen zu sein. Wie sieht das aus?

Mein Leben hat eine innere Struktur: Eucharistiefeier, Meditation, Gebet, die Bibel und ein sehr starkes Interesse an theologischen Fragen und an den dazu passenden Büchern, Vorträgen. Das gibt mir die Kraft, mit den Menschen, die ich treffe – ob in der U-Bahn, im Geschäft oder wo immer – einen gewissen inneren, manchmal auch einen äußeren Kontakt herzustellen mit den daraus resultierenden Konsequenzen.   

Als Mitglied eines Säkularinstitutes leben sie allein. Wie halten sie den Kontakt zu den anderen Frauen in der Gemeinschaft?

Früher hatten wir jeden Monat eine Zusammenkunft. Das war immer sehr bereichernd. Als ich begonnen habe vor 64 Jahren, waren wir 25 Schwestern in Wien, das ging hoch auf 40. Und jetzt sind wir zwei. Die andere Schwester ist 97 und lebt im Altenheim, in dem ich sie besuche.

Wie blicken Sie in die Zukunft?

Was mich persönlich angeht, arbeite ich daran, auf meine Gesundheit zu achten. Ich wohne in einer Altbauwohnung im dritten Stock ohne Lift und möchte diese Stockwerke noch lange bewältigen können. Die sind mein eingebautes Fitnessstudio. Ansonsten versuche ich mein Leben ganz schlicht weiter zu leben und alles selbst zu tun, was ich kann.

„Die Frauen, die ich in der Gemeinschaft kennen gelernt habe, waren selbstständig und selbstbewusst. Das hat mich angesprochen.“

Anna Mader

Wenn das nicht mehr geht: Ich bin schon lange für einen Heimplatz bei der Gemeinde Wien angemeldet. Für unser Institut wünsche ich mir, dass es ins Auge fasst, dass es auch ein Ende des Instituts geben wird. Wenn es einmal so weit sein sollte, würde ich nicht sagen, dass wir ausgestorben sind, sondern dass wir zur Vollendung gelangt sind. 

Autor:
  • Sandra Lobnig
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