Wie radio klassik Stephansdom retten?
Dr. Heiner Boberski"radio klassik Stephansdom". Das ist der einzige Sender, den ich um diese Zeit hören will!“ Ich erinnere mich noch genau an diese Antwort eines Wiener Taxifahrers vor fast einem Vierteljahrhundert, als ich ihn auf einer nächtlichen Fahrt fragte, welches schöne Programm mit klassischer Musik er da gerade aufgedreht hatte. Dass der Mann sehr katholisch war, bezweifle ich, aber er hatte für sich diese „Oase für die Seele“ gefunden. Heute, wenige Monate nach dem 25-Jahr-Jubiläum des Senders, ist radio klassik Stephansdom, das ich häufig gerne höre und dessen Frequenz 107,3 ich auf allen meinen Geräten gespeichert habe, von der Einstellung bedroht. Denn die Erzdiözese Wien, Initiatorin und bisher Hauptgeldgeberin des Senders, muss angesichts schwindender Kirchenbeiträge sparen.
Viele Medien, vor allem im Printbereich, kämpfen um ihr Überleben. Im Vorjahr wurde sogar die älteste Tageszeitung der Welt, die „Wiener Zeitung“, nach 320 Jahren eingestellt. Sogar der von den Steuerzahlern finanzierte ORF ist nicht mehr auf Rosen gebettet.
In der Kirche darf man nicht kleinmütig sein – die Zahlen der Gläubigen können auch wieder steigen. Aber dazu bedarf es nicht nur vieler vorbildlicher Christen, sondern auch qualitätvoller Medien, die sowohl für die eigene Glaubensgemeinschaft als auch für viele andere Menschen guten Willens attraktiv sind. Die Existenz solcher Kommunikationsmittel müsste allen Getauften ein Anliegen sein.
Die gerade anlaufende Spendenkampagne für radio klassik Stephansdom dient einem Medium, das nicht nur Kirchenmitglieder, sondern vor allem auch Musikliebhaber – wie den eingangs erwähnten Taxifahrer – anspricht. Dort werden religiöse, soziale und kulturelle Themen aller Art behandelt, hochinteressante Interviews geführt, berührende Texte und Melodien zu Gehör gebracht. Wer etwas für den Stellenwert von Religion und Kultur, insbesondere von Musik, in unserer Gesellschaft tun will, vom Publikum bis zum aktiven Künstler, sollte sich – schon im eigenen Interesse – an dieser Kampagne beteiligen und für sie im Freundeskreis werben. Dann wäre es doch gelacht, wenn dieser Sender nicht gerettet werden könnte!
Der Kommentar drückt die persönliche Meinung des Autors aus!
Dr. Heiner Boberski (73) ist Publizist in Wien. Er war u. a. Chefredakteur der „FURCHE“ und schrieb für die Wiener Zeitung.