Pilgern: Nicht der Weg ist das Ziel
Jetzt im Frühling hat wieder die Pilgersaison begonnen. Nach den großen Regenfällen der letzten Zeit kommen auch wieder Sonnentage. Echte Pilgerinnen und Pilger trotzen jedoch jeglichem Wetter. Es gibt schließlich kein schlechtes Wetter, sondern nur schlechte Kleidung. Nun sind wieder Menschen unterwegs auf dem traditionellen Camino nach Santiago de Compostela oder auch auf den Pilgerwegen in der Erzdiözese Wien: am Jakobsweg im Weinviertel oder auf der Via Sacra von Wien nach Mariazell.
Beten nicht nur mit den Füßen
Beim Pilgern geht es letztendlich immer auch um die Suche nach Frieden, Glück und Gott. Beten und singen kann bei dieser Suche helfen. Eigentlich ist das Pilgern schon Beten mit den Füßen. Wenn man sich auf seine Füße stellt, Schritte macht und ganz bewusst an Gott denkt, an alles, was man von ihm geschenkt bekommen hat, dann ist das schon Gebet. Wie die katholische Mystikerin Madeleine Delbrêl sagt: „Brecht auf! Man trifft Gott unterwegs und nicht am Ziel.“ Es braucht keine großen Worte beim Beten im Gehen. Sehr gut eignet sich das ganz einfache Jesus-Gebet im Rhythmus des Ein- und Ausatmens: „Herr Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner.“ Aber auch Litaneien, Psalmen (z. B. 23, 65, 121) oder Liedstrophen, die in den Sinn kommen, wenn wir Gottes Schöpfung achtsam wahrnehmen und ihn dafür preisen möchten. In den Ruhepausen nehmen wir uns Zeit für das Rosenkranzgebet oder das Vaterunser. Im neuen Gotteslob finden sich viele sehr passende Lieder für den Pilgerweg: „Wo zwei oder drei im Namen Jesu versammelt sind“ (GL 926) oder „Wenn wir das Leben teilen wie das täglich Brot“ (GL 474), „Suchen und Fragen“ (GL 457), „Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben“ (GL 867) oder „Mit dir geh ich alle meine Wege“ (GL 896).
Übersichtskarte der Pilgerwege in der Erzdiözese Wien
Die Karte mit den Pilgerwegen auf dem Gebiet der Erzdiözese Wien können Sie online abrufen.
Körperliche Herausforderung
Worauf soll ich unterwegs auf dem Pilgerweg unbedingt achten? Was nehme ich mit und welche Schuhe ziehe ich an? Folgende Tipps sind für den Pilgerweg hilfreich.
- Auch wenn manche Experten der Meinung sind, man müsse nicht trainieren, denn die Kraft komme durch das Gehen, sollte man doch zunächst Probewanderungen mit vollbepacktem Rucksack unternehmen. Fürs Erste ist es ratsam, einmal drei Stunden zu gehen – das ist schon einmal etwas ganz anderes als eine halbe Stunde Spaziergang. Die nächste Trainingseinheit dauert drei Tage, z. B. am Wochenende einmal eine Bergkette überqueren. Dann folgt eine Woche. Die ersten sieben Tage sind körperlich die radikalsten.
- Die Länge der Tagesetappen hängt von der persönlichen Kondition ab. Jeder Mensch hat seinen eigenen Rhythmus. Eine Möglichkeit ist es, am Tag immer sieben Stunden zu gehen, am Vormittag vielleicht drei Stunden, am Nachmittag vier oder umgekehrt.
- Der Rucksack sollte leicht (ca. 1,5 Kilogramm), aber stabil sein und den Rücken gut stützen. Atmungsaktives Material am Rücken verhindert übermäßiges Schwitzen. Sieben Kilogramm Gepäck sind genug. Ratsam ist es, Funktionswäsche zu verwenden, denn diese ist wesentlich leichter als Baumwollkleidung.
- Das Schuhwerk sollte möglichst leicht und gut durchlüftet sein (z. B. Trekkingschuhe). Ein guter Rat: Die Schuhe nehmen, in denen man gut geht. Wichtig ist, dass man die Socken nicht dauernd wechselt, weil sich die Füße an die Umgebung zu gewöhnen beginnen.
- Beim Pilgern darf man auf das regelmäßige Trinken nicht vergessen. Bei sportlicher Betätigung sind mehr als die normalerweise täglichen 1,5 Liter Flüssigkeit notwendig. Optimal sind Wasser und isotonische Getränke, die den Körper mit wichtigen Elektrolyten versorgen. Kohlenhydrate sorgen für einen niedrigen Anstieg des Blutzuckerspiegels und somit für eine länger anhaltende Energiezufuhr. Eine ausreichende Zufuhr von Eiweiß unterstützt den Aufbau von Muskelmasse und hilft dem Körper bei der Reparatur von verletzten Muskelfasern.
- Bei längeren Pilgerwanderungen sollte unbedingt auf zwischenzeitlich ausreichende Pausen geachtet werden. Genügend Schlaf ist dabei die wichtigste Maßnahme.