Astronomie: Peuerbachs Erbe im Stephansdom
600 JahreDas Weihnachtsfest hat auch eine kosmische Dimension. Die Christen feiern das Fest der Geburt Jesu unmittelbar nach der Wintersonnenwende (21. oder 22. Dezember), wenn die Sonne auf der Nordhalbkugel ihren winterlichen Tiefststand erreicht und die Tage wieder länger werden. Verehrten die Römer zur Wintersonnenwende den Sonnengott Mithras, so gab es schon Anfang des dritten Jahrhunderts erste Hinweise auf den 25. Dezember als Tag der Geburt Jesu. Das Weihnachtsfest kurz nach der Wintersonnenwende symbolisiert und verdeutlicht den Gläubigen: Christus ist „die Sonne der Gnade“. Er erleuchtet und verwandelt mit seinem Licht das Universum.
Die bevorstehende Wintersonnenwende erinnert uns auch an einen bedeutenden Astronomen, der in Wien wirkte: Georg von Peuerbach. Sein Geburtstag jährt sich heuer zum 600. Mal. Sein Leben und seine Forschungsarbeit waren eng mit kirchlichen Institutionen, vor allem der Bürgerschule von St. Stephan, verbunden. „Georg Aunpekh von Peuerbach gilt als Vorläufer von Kopernikus und bereitete die kopernikanische Wende vor. Wien galt als Drehscheibe für astronomische Forschungen. Die Bürgerschule von St. Stephan leistete auf diesem Gebiet Pionierarbeit“, erzählt Nora Pärr im Gespräch mit dem SONNTAG.
Georg Aunpekh von Peuerbach, auch bekannt als Georg von Peuerbach oder Purbachius, wurde am 30. Mai 1423 in Peuerbach in Oberösterreich geboren. Die Historikerin und Archivarin des Ursulinenordens schildert weiter: „Er stammte aus einer armen, kinderreichen Familie. Der Pfarrer seines Heimatortes, Heinrich Barucher, erkannte sein Talent und förderte ihn. Barucher war ein angesehener Theologe und lehrte Kirchenrecht an der Fakultät in Wien.“ Viele Pfarrkinder soll Pfarrer Barucher angespornt haben, zum Studium nach Wien zu gehen, dessen Universität zu dieser Zeit die meistbesuchte Hochschule im Reich war. Der junge Georg besuchte zunächst das Chorherrenstift Klosterneuburg, wo er umfassend mathematisch ausgebildet wurde. Hier könnte er auch mit dem Begründer der ersten Wiener mathematisch-astronomischen Schule, Johannes von Gmunden, in Kontakt gekommen sein.
Eine Gedenktafel im Südchor des Wiener Stephansdomes erinnert noch heute an den Humanisten, Dichter und Astronomen Georg von Peuerbach (1423–1461). Der Geburtstag des weltweit ersten Universitätsprofessors für Astronomie und Hofastronomen von Kaiser Friedrich III. jährt sich heuer zum 600. Mal.
Warum Mönche Uhren brauchten
„Er erhielt an der Stiftsschule Klosterneuburg eine umfassende Basisausbildung. In Stift Klosterneuburg wurden zu der Zeit die Naturwissenschaften sehr gefördert, die Kirche war hier keineswegs wissenschaftsfeindlich, auch Kartographie und Astronomie wurden betrieben“, schildert Nora Pärr. Legitimiert wurden die intensiven astronomischen Forschungen zum einen durch die Kalenderfrage. Aber auch für die Einhaltung des Stundengebetes waren die Klöster an einer Messung der Zeit sehr interessiert. „Die Messung der Zeit war sehr wichtig, um das gottgewollte Leben gut einhalten zu können. Am Tag wurde mit Sonnenuhren gemessen. Für die Regelung des Stundengebetes in der Nacht gab es Wasseruhren und Kerzenuhren“, schildert die Historikerin.
„Die Messung der Zeit war sehr wichtig, um das gottgewollte Leben gut einhalten zu können.“
Nora Pärr
Im Sommersemester 1446 wurde Georg Aunpekh an der Universität Wien immatrikuliert. Peuerbach wurde Mathematiker, Dichter und Magister an der Universität Wien. Ab 1457 war er Hofastronom Kaiser Friedrichs III. Er gilt weltweit als der erste Universitätsprofessor speziell für Astronomie und wurde von der Philosophischen Fakultät der Universität Wien mehrfach geehrt. Peuerbach war ein Wegbereiter des kopernikanischen Weltbilds, da er eine verbesserte Planetentheorie entwickelte. Er baute innovative Messinstrumente, führte die Sinus-Funktion in astronomische Berechnungen ein und verfasste zahlreiche Werke über Astronomie und Mathematik. Eine seiner großen Leidenschaften war das Konstruieren und Bauen astronomischer Beobachtungsinstrumente. So stellte er bereits 150 Jahre vor der Erfindung der Pendeluhr raffinierte Chronometer her.
Eine wichtige Wirkungsstätte des Humanisten und Astronomen war die Bürgerschule St. Stephan. Nora Pärr: „Peuerbach unterrichtete hier Astronomie. Die Bürgerschule von St. Stephan war von wohlhabenden Wiener Bürgern gegründet worden und sollte den Weg zu geistlichen Ämtern ebnen.“ Peuerbach hatte das Talent, das astronomische Wissen aufzubereiten, mit eigenen Beobachtungen zu ergänzen und es dann seinen Schülern und Studenten auf anschauliche und verständliche Weise weiterzugeben. „Er führte ein sehr facettenreiches Leben und reiste viel. Er beobachtete den Stand der Gestirne ganz genau und hatte viele geistliche Schüler, darunter den Abt von Melk, Johann Schlitpacher, der viele Reformen durchführte.“
Georg von Peuerbach wurde aufgrund seiner großen Verdienste im Südchor des Stephansdomes in der Nähe von Kaiser Friedrich III. begraben. Eine 1999 von Kardinal Christoph Schönborn enthüllte Gedenktafel erinnert an den bedeutenden Mathematiker, Humanisten und Astronomen.
Der Stephansdom und die Astronomie
Der Wiener Stephansdom hat einige Bezüge zur Astronomie, die seine Geschichte und Symbolik widerspiegeln. Er ist somit auch ein Zeugnis der astronomischen Kenntnisse seiner Erbauer und Stifter.
- Am Fest des hl. Stephanus kurz nach Weihnachten (26. Dezember) fallen zum Sonnenaufgang die ersten Lichtstrahlen genau mitten durch den Dom, vom Ostfenster hin bis mitten zum großen Westtor.
- Der Dom besitzt eine Sonnenuhr an der Südseite, die 1454 konstruiert wurde. Die Sonnenuhr ist eine der ältesten und genauesten in Europa und wird Georg von Peuerbach zugeschrieben.
- Im Stephansdom befindet sich unter dem Südturm die Bodenplatte mit dem Koordinatenursprung der K. K. Katastralvermessung für einige Kronländer der Habsburgermonarchie.
- Bis nach dem Ende der Belagerung Wiens im Jahr 1683 war die Turmspitze des Stephansdoms von einem Stern und einer Mondsichel bekrönt. Nach den Türkenbelagerungen wurden die Symbole durch ein Kreuz ersetzt.