Pastoraltheologie als Hoffnungsträger
MeinungKaiserin Maria-Theresia ließ am Sonntag vormittags die Wirtshäuser schließen, damit der „gemeine Mann“ die „Messe besuchte“. Damit die Religionsdiener gut ausgebildet werden, gründete sie 1774 den weltältesten Lehrstuhl für Pastoraltheologie.
Getaufte tragen Verantwortung
Inzwischen haben sich die Zeiten verändert. Wer heute mitmacht, hat freie Wahl. Nicht mehr Staat und Kultur sichern die Kirchen. Sie sind auf sich selbst gestellt. Weitsichtig hat das Zweite Vatikanum erkannt, dass nicht nur ordinierte Priester, sondern alle getauften Mitglieder das Leben und Wirken der Kirche tragen. Viele haben diese Berufung durch Gott angenommen. Sie setzen sich vielfältig ehrenamtlich ein und bereiten sich darauf gut vor. Manche haben ihre Berufung zum Beruf gemacht und Theologie studiert. Sie leisten in Bildungshäusern, Schulen, Krankenhäusern einen exzellenten Dienst. Zu ihrem Studium gehört Pastoraltheologie.
Glaube und Zeit im Fokus
Das Fach lernt immer noch. Seinen Ursprung hat es dort, wo die Kirche lebt und um zeitgerechtes Handeln ringt, das von Gottes Geist inspiriert ist. Dort wächst eine „implizite Pastoraltheologie“, von unten her. Die universitäre Pastoraltheologie „hebt“ diese und setzt sie auf die Prüfstände profaner und theologischer Disziplinen. Das Ergebnis soll das Leben und Wirken der Kirche beflügeln. Wie ein Wächter (Jes 21,11) mahnt sie kritisch, wenn das Tun dem Evangelium oder der Zeit nicht gerecht wird. Pastoraltheologie teilt Gottes Leidenschaft für die Welt (Joël 2,18). Kriege, Klimanotstand und Migration lassen diese taumeln. Angst breitet sich aus. Die Hoffnungsressourcen gehen aus.
Liebe und Leid als Schlüssel
Jesus ging es um das Kommen des Reiches Gottes vom Himmel her. Dazu hat er seine Bewegung gegründet. Pastoraltheologie geht der Frage nach, welche Himmelsgeschenke der Welt von heute gemacht werden können. Dazu zählen tiefe Einheit des Seins, gleiche Würde aller, Sorge um die Mitwelt, universelle Solidarität, um nur die wichtigsten zu nennen. Nicht zuletzt wird sie sich der Frage stellen, wo in unserer verbunteten Kultur die Verstecke Gottes sind. Der Mystiker Richard Rohr vermutet sie in „great love and great suffering“: im großen Lieben und großen Leiden der Menschen. Leitend könnte dabei sein, dass es „außerhalb der Liebe kein Heil“ gibt. Eine solche Pastoraltheologie wäre katholisch, jetzt nicht mehr konfessionell, sondern universell.
Zur Person
Paul M. Zulehner (84) ist Pastoraltheologe, Religionssoziologe und Priester.
Der Kommentar drückt seine persönliche Meinung aus!