Papst: Weiße Fahne sorgt für Diskussion
MeinungSowohl Menschen in der Ukraine als auch ihre Unterstützer protestierten gegen den von Papst Franziskus erhobenen Vorschlag, mit „Mut zur weißen Fahne“ auf ein Ende des Krieges hinzuwirken. Die Äußerung des Papstes erfolgte im Rahmen eines noch nicht ausgestrahlten Fernsehinterviews, das sich inhaltlich mit der auch für die päpstliche Kleidung typischen Farbe Weiß beschäftigt. Diese Farbe verleitete zum missverständlichen Bild der weißen Fahne. Im Dom von Orvieto steht sie für die von Dante kritisierten und in die Vorhölle verbannten Unentschiedenen. Diese Fahne hat Franziskus sicher nicht gemeint, weil er ein entschiedener Gegner aller moralischen Gleichgültigkeit ist.
Aber auch im Kontext des Krieges führt dieses Bild sehr leicht zu Missverständnissen. Am geläufigsten ist die weiße Fahne als ein Symbol der Kapitulation. So wurden die bekannt gewordenen Interview-Ausschnitte des Papstes spontan verstanden und mit Recht zurückgewiesen. Sie würden für einen Frieden um jeden Preis stehen, eine Position, die weder der traditionellen Friedensethik der katholischen Kirche noch der von Franziskus entspricht. Seine Lesart dieses Bild folgte einer Verwendung, die zwar weniger bekannt, aber sogar Bestandteil des Völkerrechts ist. Es geht um jene weiße Fahne, die auch Parlamentärflagge genannt wird und jene Abgesandten im kriegerischen Konflikt schützen soll, die in Verhandlungen mit dem Kriegsgegner eintreten wollen. Papst Franziskus plädiert für Verhandlungen zur Beendigung dieses von Russland ausgelösten Krieges gegen die Ukraine. Angesichts der Zehntausenden von Toten in beiden Ländern und der zerstörten Infrastruktur in der Ukraine ist es dringend geboten, alle Wege zur baldigen Beendigung dieses Krieges offenzuhalten. Einer davon sind Verhandlungen, die aber nicht die Kapitulation des überfallenen Landes, sondern einen gerechten Frieden anzielen müssen. Anlässlich des zweiten Jahrestages dieses Krieges unterstrich Franziskus ausdrücklich die Notwendigkeit, einen „gerechten und dauerhaften Frieden zu schaffen“.