Ostergedanken eines Tölpels
In tausenden Gottesdiensten wird in der Nacht vom Karsamstag auf den Ostersonntag wieder das Geheimnis der Auferstehung Jesu gefeiert. So weit, so bekannt, so bewegend. Ebenso bekannt ist wohl der Befund der kritischen Bibelwissenschaft: Am Kreuzestod Jesu gibt es historisch wenig Zweifel, die Auferstehung jedoch entzieht sich dem historischen Zugriff. Sie ist bis hinein in ihre biblischen Schilderungen der nachösterlichen Erfahrung geschuldet, will sagen: Im Lichte der Erfahrung der Jünger, dass Jesus nicht tot ist, dass er lebt, entstanden Texte, wurden Bilder generiert wie jene vom weggewälzten Stein vor dem Grab, wurde nach Haltegriffen gesucht, die helfen sollten, das Geschehene zu verstehen.
Und immer wieder mussten sich diese Haltegriffe gerade auch in der Kunst vor dem alttestamentlichen Bilderverbot verantworten. Je barocker die Kunst, desto mühsamer diese Gratwanderung. Und so könnte man etwas übertrieben sagen, dass nicht wenige ausstaffierte Kirchen im Land hart am Bilderverbot vorbeischrammen. Oha, schwingt sich der Hund zum reformatorischen Bilderstürmer auf? Nein, diese Gedanken kommen dem Tier nur, wenn es die Debatte verfolgt, die seit Wochen Tirol in Atem hält. Denn dort sei der Unglaube eingezogen, vom Bischof selbst. Grund der Erregung: Das Fastentuch in der Innsbrucker Spitalskirche, das ein Schweineherz zeigt. „Der Bund der Väter wurde zerbrochen!“ – es sei ein „erschütterndes, historisches Ereignis von apokalyptischer Dimension“, teufelte etwa Pfarrer Ignaz Steinwender.
Die Sache selbst kann man geschmacklos oder gelungen finden – was mich irritiert, ist die Selbstverständlichkeit, mit der manch Kitsch in den eigenen Kirchen als höherwertige, ja dem Heiligen angemessenere Kunst angesehen wird. Dass wir die Osternacht noch am Karsamstag feiern, dem Tag der Grabesruhe, ist kein Zufall. Die Auferstehung, sie bleibt für uns selbst im Halleluja gezeichnet von der Erfahrung des Kreuzes. Die Wunden sind verheilt, aber nicht verschwunden. Das Fastentuch ist inzwischen verschwunden. Aus der Spitalskirche ebenso wie aus vielen anderen Kirchen. Seine Botschaft bleibt: Bedenke, Mensch, dass die wirkliche Schau Gottes erst am jüngsten Tag geschieht. Bis dahin bleibt ein garstig breiter Graben, markiert auch durch das Bilderverbot.
Im Übrigen hatte der Reformator tatsächlich einen Hund. Er gehörte bei den Luthers zur Familie, einzig wurde bedauert, dass er – anders als sein katholischer Wiedergänger heute – nicht reden konnte. Seinen Namen indes mache ich mir gern zu eigen: Tölpel.