Orden in einer modernen Welt

Tag des geweihten Lebens
Ausgabe Nr. 5
  • Spiritualität
Autor:
Pater Bernhard Erich
Erich Bernhard ist Bischofsvikar für die Institute des geweihten Lebens. ©Kalasantiner
Wimmelbild Ordensgemeinschaften
Buntheit der Orden: Sie prägen die kirchliche und gesellschaftliche Landschaft Österreichs. ©Ordensgemeinschaften

Am 31. Jänner feiern die Mitglieder der Orden im Stephansdom eine Vesper zum „Tag des geweihten Lebens“. Der neue Bischofsvikar für die Orden, Kalasantinerpater Erich Bernhard, über die Herausforderungen und Chancen dieser Gemeinschaften.

Welche Aufgaben ein Bischofsvikar für die sogenannten „Institute des geweihten Lebens“ und die „Gesellschaften des Apostolischen Lebens“ hat, will der SONNTAG von Pater Erich Bernhard wissen. „Einfach gesagt: Es geht um das Netzwerken, um die Verbindung zwischen den Orden und der Erzdiözese. Und auch darum, die Anliegen der Orden in die Diözesanleitung einzubringen, um Kontakte mit den Ordensgemeinschaften“, sagt der für die Orden zuständige Bischofsvikar. Orden hätten unterschiedliche rechtliche Konstruktionen. „Manche sind Gemeinschaften päpstlichen Rechts, also direkt Rom unterstellt, und dann gibt es die Ordensgemeinschaften, meist die jüngeren, die dem Bischof unterstellt sind. Da muss dann der Bischofsvikar auch bei Wahlen den Vorsitz führen und auch visitieren“, zählt er auf. Zu dieser großen Gruppe der sogenannten Institute des geweihten Lebens zählen auch die Säkularinstitute, die geweihten Jungfrauen und die geweihten Witwen. Seine Vision für die Ordensgemeinschaften umschreibt der Kalasantinerpater so: „Alle Ordensgemeinschaften haben ein Gründungscharisma, sie sind immer auch prophetisch. Indem sie fragen: Was bedeutet dieses Gründungscharisma heute für das Leben in der Erzdiözese Wien?“ Ansonsten bestünde die Gefahr, dass alles seinen gewohnten Gang geht. 

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Orden im Wandel der Zeit

Pater Erich: „Ich muss jetzt einmal vieles und viele kennenlernen und zuhören. Ich komme nicht mit dem großen Rezept, mit den großen Lösungen.“ Orden seien auch heute „ein Zeichen der Hoffnung in einer eher hoffnungslosen Welt. Früher hat es viel mehr Berufungen gegeben, gut, aber Gott hat uns jetzt gerade in diese Zeit mit unserem jeweiligen Charisma hineingestellt.“ Das Dekret des Zweiten Vatikanischen Konzils über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens versteht „Erneuerung des Ordenslebens“ als „ständige Rückkehr zu den Quellen jedes christlichen Lebens und zum Geist des Ursprungs der einzelnen Institute“. Zugleich ist von „deren Anpassung an die veränderten Zeitverhältnisse“ die Rede. Wie er diese Aussage versteht? „Die zeitgemäße Erneuerung ist ein permanentes Suchen und Fragen“, ist Pater Erich überzeugt: „Die meisten Ordensgemeinschaften haben im Anschluss an dieses Dekret ihre Ordenskonstitutionen erneuert und angepasst. Es ist auch ein Hören auf den Geist Gottes: Was ist jetzt das Wichtige, das wir tun sollen? Es geht um das Hineinspüren: Was will der Heilige Geist? Viele  Ordensgemeinschaften des 19. Jahrhunderts waren zweckorientiert, für eine bestimmte Klientel oder eine bestimmte Gruppe, etwa im Bereich der Krankenpflege oder der Schulen.“

Die Mission der Orden heute

Der deutsche Theologe Johann Baptist Metz nannte die Orden eine „Art Schocktherapie des Heiligen Geistes für die Kirche“. Ob diese Schocktherapie noch immer wirkt? „Eine tolle Aussage. Es gibt Gott sei Dank noch immer Ordensleute, die sehr provokant sein können, etwa der Jesuit Pater Georg Sporschill, der sich um die wirklich Ausgegrenzten in Südosteuropa kümmert. Oder der Franziskaner Manuel Sandesh, der auch als Rapper agiert“, verweist der Bischofsvikar auf zwei Ordensmänner.Dieses Anderssein sei wichtig. Denn: „Wir müssen an die Ränder gehen“, wie Papst Franziskus sagt. Pater Erich: „Zu angepasst zu sein, ist nie gut. Wenn wir etwa Angst haben, jemanden vor den Kopf zu stoßen.“ Welche drei Anregungen Pater Erich zum „Tag des geweihten Lebens“ den Menschen, die diese Lebensform gewählt haben, mitgibt? „Bei dieser Vesper werden auch die Ordensjubilarinnen und -jubilare gefeiert, also erstens das Dankbarsein für die eigene Berufung. Das Zweite wäre die Frage nach dem Sinn des Ordenslebens als sogenanntes eschatologisches Zeichen: als Hinweis auf die andere Welt, auf die wir zugehen“, betont er: „Drittens nenne ich die Wachsamkeit für die Zeichen der Zeit. Viele Ordensleute haben immer wieder Widerstand in seinen vielen Formen geleistet. Wir brauchen diese Wachsamkeit für die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen. Da dürfen wir einfach nicht schweigen.“

Die Wurzeln des Kalasantiner-Ordens

Pater Erich schrieb seine Diplomarbeit über die eigene Ordensgeschichte, also von der Gründung in Wien bis zum Tod von Pater Anton Maria Schwartz im Jahr 1929. Dieser wurde 1852 in Baden geboren, trat bei den Piaristen in Krems ein und musste dann wegen des Kampfes gegen das katholische Schulwesen austreten. Schwartz ging nach Wien, wirkte als Kaplan in Marchegg und dann als Spitalseelsorger in Wien-Sechshaus. Er erlebte die Not der Lehrlinge und Arbeiter. Ein kranker Lehrling soll zu Schwartz gesagt haben:

"Hochwürden, die Kirche hat für alle etwas, aber für uns hat sie nichts."

Kalasantiner: Ein Orden für die Arbeiter

Gemeinsam mit einem Lehrlingsverein begann Schwartz neben seiner Tätigkeit als Spitalseelsorger sonntags mit einer Ausspeisung und einem geistlichen Impuls, dazu kamen Theaterspielen und Musizieren. 1889 gründete er mit einigen Gleichgesinnten in Wien einen Orden mit dem Schwerpunkt Seelsorge für Lehrlinge und Arbeiter. Schwartz gestaltete vieles institutionell: von Lehrlingsheimen bis zur Lehrstellenvermittlung. „Unsere Kongregation leitet sich vom Namen des heiligen Josef Calasanz ab, dem Gründer der Piaristen. Pater Schwartz hat Josef Calasanz sehr verehrt“, sagt Pater Erich. „Pietas et litterae“, „Frömmigkeit und Buchstaben, Wissenschaft“ – diese pädagogischen Grundsätze habe Pater Schwartz für die jungen Arbeiter übernommen und angepasst. Deswegen heißt der Orden „Kongregation für die christlichen Arbeiter vom heiligen Josef Calasanz“, kurz Kalasantiner. Pater Erich: „Wir sind eine sehr kleine Gemeinschaft mit ungefähr 30 Mitgliedern, einer ist sogar in Brasilien. Wir sind die einzige männliche Ordensgemeinschaft, die in Wien gegründet wurde.“

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Radio-Tipp: Lebenswege

Ein Porträt von Bischofsvikar Pater Erich Bernhard hören Sie am 9. Februar um 17:30 Uhr auf radio klassik Stephansdom.

Schlagwörter
Autor:
  • Stefan Kronthaler
  • Stefan Hauser
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