„Nächstenliebe als Gottesdienst“

Interview - Gedenksymposium
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Maria Loley: „Gott war bei meiner Arbeit immer dabei.“
Maria Loley: „Gott war bei meiner Arbeit immer dabei.“ ©kathbild.at

Sie ist die personifizierte Mitmenschlichkeit, die ihre ganze Kraft aus dem Glauben schöpft. Am 22. November 2014 wurde sie 90 Jahre alt: Maria Loley. „DER SONNTAG“ hatte sie damals besucht. Am 22. November 2024 findet ein Symposium zum 100. Geburtstag von Maria Loley statt.

Maria Loley verstarb am 4. Februar 2016. Zu ihrem 90. Geburtstag am 22. November 2014 war sie im Interview mit "Der SONNTAG": 

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Maria Loley, Sie werden am 22. November 90 Jahre alt. Wofür sind Sie besonders dankbar? 

Maria Loley: Besonderer Dank erfüllt mich, wenn ich bedenke, wie sehr Gott bei meinem Beruf als Fürsorgerin immer „dabei“ war. Wenn ich in meinem Beruf mit Menschen gesprochen habe, habe ich sehr oft gespürt, Gott ist in diesem Gespräch mit „dabei“.
 

Sie haben sich von 1945 an bei der Betreuung von Flüchtlingen engagiert. Warum?

Wenn jemand flüchten muss, dann ist er in einer besonderen Armut und verdient in besonderer Weise Zuwendung. Denn eine Heimat verlassen heißt, eine Herz-Mitte verlassen. Deshalb habe ich mich bei Flüchtlingen besonders bemüht, sie eine gewisse Geborgenheit spüren zu lassen: Ich bin da. Aus großer Verantwortung heraus. Sodass einmal ein Moslem gesagt hat: Wir haben nur mehr Gott und die Maria. Ich behaupte, er hat damit die Muttergottes gemeint. Muslime legen großen Wert darauf, dass ihre Liebe zur Jungfrau Maria geachtet wird.
 

Maria Loley über die "Bewegung Mitmensch"

Welche Bedeutung hat die  „Bewegung Mitmensch – Flüchtlingshilfe Poysdorf“ für Ihr Leben?

Dass ich mich hier der Mitmenschlichkeit voll gewidmet, verschrieben habe. Dies war nicht nur an einen bestimmten Zeitabschnitt gebunden, sondern das war mein Leben und wurde immer mehr mein Leben. Das heißt, dass der Mitmensch mit Gott in eine Einheit gebracht werden muss. Wenn ich mich dem Mitmenschen widme, dann habe ich den Auftrag von Jesus ausdrücklich erfüllt, der sagt: „Was ihr dem Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan.“ Oder eben nicht getan. Diesen Dienst am Mitmenschen habe ich immer als einen Gottesdienst verstanden.

Am 16. Oktober 1995 wurden Sie Opfer einer Briefbombe. Denken Sie manchmal daran?

Kaum mehr. Wenn ich ungeschickt hantiere, weil  mir der Zeigefinger fehlt, dann denke ich schon: Er geht mir ab, ich habe was verloren. Aber das sind flüchtige Momente. Ich sehe das Ganze als vergangen an.
 

Warum Maria Loley dem Attentäter verziehen hat

Sie haben dem Attentäter verziehen?

Ja! Das ist eine einzige Folgerung: Wenn ich Christ bin und das Vaterunser bete und dabei nicht verzeihe, dann lüge ich mit dem Vaterunser Gott an. Jesus sagt sinngemäß, dass keiner sein Jünger sein kann, der nicht von Herzen seinem Bruder verzeiht.

Was halten Sie von Österreichs Umgang mit dem Thema „Fremde“ und „Asyl“?

Es verbindet sich damit auch ungeheuer viel Verantwortungslosigkeit. Wenn ich nur daran denke, was im Alten Testament über den Fremdling, den Fremden steht, über den Umgang mit ihm. Dann ist das eine Aufforderung von Gott, mit den Fremden in besonderer Verantwortung umzugehen. Wie gehe ich um mit dem Fremden? Heute geht es zu wenig um den Sinn dessen, was die Alten schon gedacht und empfunden haben. Die alten Chinesen haben schon 4000 v. Christus eine Weisheit geprägt: „Es kommt im Leben nur darauf an, sich selbst an die zweite Stelle zu setzen.“ Wenn das manche Politiker bedenken würden, was mit dieser Weisheit gefordert ist, dann würden sie anders handeln.
 

Meine Kraft schöpfe ich einzig und allein aus der Eucharistie. Jesus ist meine Kraft, er hält mich, er stärkt mich.

Sie sind auch im Ruhestand aktiv und kommen selbst nicht zur Ruhe: Woraus schöpfen Sie Ihre Kraft?

Einzig und allein aus der Eucharistie. Jesus ist meine Kraft, er hält mich, er stärkt mich.
 

Wenn Sie in wenigen Sätzen das Christentum erklären müssen, wie würden diese Sätze lauten?

Dem Beispiel Jesu folgen. Ich habe das ganz bewusst getan. Ich habe meinen Dienst als Fürsorgerin, der gesetzlich geregelt war mit Paragraphen, orientiert am Evangelium, an den Worten Jesu. Ich wurde gefragt nach dem Wortlaut des Gesetzes und ich habe das mit dem Evangelium in eine geistliche Ausrichtung gebracht. Wenn ich gefragt wurde, woher ich diese Orientierung nehme, dann habe ich schon offen bekannt: Von Jesus Christus habe ich meine innere Ausrichtung, wie ich arbeite und wie ich arbeiten muss.

Welche Bibelstelle ist Ihnen eine große spirituelle Hilfe?

Im Johannes-Evangelium, 14. Kapitel, Vers 23, heißt es: „Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten; mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen.“ Das ist eine Wahrheit, die Jesus uns verheißen hat, die Himmel und Erde bewegt. Wenn Jesus in mir Wohnung nimmt, nicht weil ich eine Heilige bin, sondern weil er die Sünder liebt, dann bewege ich mich mit ihm. Ich diene dem Kommen seines Reiches, das ist mir ein bewusstes Anliegen. Trotz aller Mühsal. Denn das Alter ist mir oft auch Plage. Ich bin keine Heldin im Annehmen, ich habe mir das Altern und das Alter  leichter vorgestellt. 

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Autor:
  • Stefan Kronthaler
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