Mit Schwung in den Stillstand?
Nehmen wir an, der Weltkonzern Nestlé startet eine Kampagne, weil er merkt, dass es um sein Image nicht zum Besten steht. Es stehen Vorwürfe im Raum, auf die es zu antworten gilt: Ausbeutung von Arbeitskräften, umwelt- und klimaschädliche Produktionsmethoden, all so was. Eine Kampagne im besten Sinne würde wohl gezielt Antworten auf diese Kritikpunkte zu geben versuchen. Ersetzen wir jetzt Nestlé durch die katholische Kirche, dann könnte sich – aus Sicht der Kommunikationsexperten – in zarten Konturen eine zielführende kirchliche Strategie abzeichnen. Man thematisiert die großen Krisenherde (Missbrauch, überzogenes Amtsverständnis, moraltheologische Sturheit, all so was), schaut, wo man etwas anpassen, ja verändern könnte.
Das müsste natürlich dezentral ablaufen, da die Probleme unterschiedlich sind. Aber da in jeder Ortskirche die Weltkirche atmet, ja verwirklicht ist – nicht etwa defizitär, sondern tatsächlich – könnten lokale Lösungen gesucht werden. Nach zwei, drei Jahren würde man das ganze evaluieren und schauen, ob sich der Aufwand rentiert hat. Soweit so fantastisch. Tatsächlich gäbe es ja einen „synodalen Prozess“, der durchaus das Zeug hätte, im positiven Sinne Elemente moderner Kampagnen zu integrieren. Nächste Woche kommen immerhin 200 Delegierte in Prag zu einer der interkontinentalen Beratungen zusammen. 390 weitere werden online dazugeschaltet. Aus Österreich wird u. a. Bischofskonferenz-Vorsitzender Franz Lackner und das Synoden-Team anreisen. Was mich indes mein haariges Köpfchen schütteln lässt, sind Wortmeldungen im Vorfeld – etwa wenn ein vatikanischer Brandbrief die Bischöfe warnt, den Beratungen „eine Tagesordnung aufzuzwingen, mit der Absicht, die Diskussion zu lenken und deren Ergebnisse zu beeinflussen“.
Oder wenn Kurienkardinal Czerny in einem Interview sagt, das Anliegen des synodalen Prozesses seien nicht einzelne Themen, sondern „das Erlernen von Synodalität selbst“. Bisschen viel Aufwand für eine kirchliche Selbsthilfegruppe in Sachen Zuhören. Der frühere deutsche Organisationspsychologe Peter Kruse hat Großunternehmen in sogenannten „Change-Prozessen“ begleitet. Aus seiner Hexenküche kommen so schöne Regeln wie: „Führe Diskussionen über die Veränderungen konsequent auf informeller Ebene“ oder auch: „Bestehende Regeln sollten nie zur Debatte stehen“. Das klingt doch nach kirchlicher Anschlussfähigkeit, oder? – Allerdings sollte man in dem Fall die Überschrift über den Regeln lesen: „Empfehlungen für einen totalen Stillstand in Unternehmen“. Beten wir, dass es anders kommt.