Minderheit mit großer Mission

Katholisch sein in Israel
Ausgabe Nr. 4
  • Weltkirche
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Pater Piotr mit seinem Team aus Israel
Pater Piotr mit seinem Team: Helen und Danielle aus Jerusalem und Monika aus Schladming (rechts). ©Isabella Karmazin

Das Vikariat Sankt Jakob (Saint James) in Jerusalem versammelt die hebräischen Katholiken, die in Israel leben. Pater Piotr Zelazko und sein Team arbeiten beherzt in allen Alltagsfragen des Glaubens und sie wollen die Beziehung zwischen Juden und Christen stärken. Darüber haben die Mitarbeiterinnen und Pater Piotr bei einem Besuch im Jänner in Österreich berichtet.

Sieben Gemeinden umfasst das Vikariat Sankt Jakob. Sein Patron ist der erste Bischof von Jerusalem, Jakobus. „Wir sind eine Minderheit unter Minderheiten“, so Pater Piotr, wenn er von seinen ungefähr 1.500 Gläubigen spricht.

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Bedeutender Impuls aus Israel

Die Anfänge gehen in die 1950er-Jahre zurück, als eine Gruppe von Katholiken in Israel beschloss, dass sie auf Hebräisch beten wollte. Sie wandte sich mit ihrem Anliegen an den Vatikan. Die prompte Antwort: „Natürlich darf man in der Sprache der Heiligen Schrift beten!“ Das geschah zu einer Zeit, als die gesamte Kirche noch auf Latein betete – also vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–65). Das war damals ein bedeutender Impuls. Seit September 2021 ist Pater Piotr, gebürtig aus Polen,  im Vikariat als Priester für die sieben Kirchengemeinden tätig und organisiert mit seinem kleinen Team unter anderem interreligiöse Veranstaltungen, um die Beziehung zwischen Juden und Christen zu stärken und das Bewusstsein der Kirche für ihre jüdischen Wurzeln und die jüdische Identität Jesu zu fördern.

Zusammenhalt durch Musik

Die Seelsorge mit Kindern und Jugendlichen ist im Vikariat sehr wichtig. Daher investiert man viel Zeit in vielfältige Jugendarbeit. In den Sommermonaten werden oft Aktivitäten geplant, um sich mit christlichen Gruppen aus anderen Ländern zu treffen. Die bekannte Hilfsorganisation „Kirche in Not“ ist seit vielen Jahren ein Partner des Vikariats und unterstützt es finanziell. Denn das Vikariat hat keine eigenen Einkünfte. Es gibt keine Kirchenbeiträge oder ein eigenes Budget seitens des Lateinischen Patriarchats in Jerusalem.

Jeder hat seine eigene Geschichte. Man muss die Menschen kennen­lernen, mit ihnen reden und zuhören.

Ein Konzert für Hoffnung in Jerusalem

In regelmäßigen Musicalaufführungen arbeiten Kinder und Jugendliche mit unterschiedlichen Hintergründen musikalisch zusammen. Die Aufführungen sind mehrsprachig, mit  Liedern, Tänzen und Dialogen. Das Basteln der Bühnenbilder ist ebenfalls eine gemeinsame Aufgabe für die jungen Darsteller. Anfang November veranstalteten sie ein „Konzert für Hoffnung“. „Es war ein Glaubensbekenntnis für ganz Jerusalem“, freut sich das Vikariat. 500 Menschen aller Altersstufen und verschiedener religiöser Gruppen besuchten die Vorstellung. Was sie alle bewegt: die tiefe Sehnsucht nach Frieden. Eine von ihnen ist Monika Faes. Die Lehrerin aus Schladming reiste Anfang April 2024 nach Israel und unterstützt seitdem das Vikariat durch Mentoring und Coaching von Jugendlichen.

Seelsorge für Christen in der Armee

Neben seiner Tätigkeit als Priester ist Pater Piotr Militärseelsorger für Christinnen(!) und Christen in der Armee. Im Gespräch erzählt er, dass die Gläubigen an ihren freien Tagen den Gottesdienst besuchen, so auch ein Junge, den er bereits von der Erstkommunion kannte. Er wurde für 48 Stunden freigestellt, weil er im Norden an der libanesischen Grenze von einer Rakete der Hisbollah leicht verletzt worden war. „Seine erste Frage nach seiner Rückkehr war: ‚Haben wir eine Gebetszeit? Um wie viel Uhr ist die Messe?‘“

Christliche Minderheiten in Israel

In Israel ist Religion ein wichtiges Thema, daher liegt die Herausforderung oft im sozialen Bereich. „Viele Menschen müssen ihren Freunden erklären, warum sie Christen sind und warum sie anders sind. Das ist eine Herausforderung, die alle Minderheiten in jeder Gesellschaft kennen“, erklärt Pater Piotr. Zum ersten Mal in der Geschichte lernt die katholische Gemeinschaft in einer jüdischen Mehrheitsgesellschaft zu leben und gleichzeitig lernt die jüdische Gesellschaft, wie man mit unterschiedlichen religiösen Gruppen umgeht.

Jahr der Hoffnung und des Friedens

„Hoffnung ist etwas, das sich vervielfacht, wenn man es mit anderen teilt“, so Pater Piotr. Das Heilige Jahr 2025 steht unter dem Motto „Pilger der Hoffnung“. „Daher beginnen wir jedes Gebet mit dem Satz: ‚Möge der Herr uns Frieden schenken, Frieden für Israel und Frieden für den Nahen Osten.‘ Und außerdem: ‚Mögen die Geiseln und die Soldaten nach Hause zurückkehren‘“, erzählt Pater Piotr. 

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Autor:
  • Isabella Karmazin
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