Mein Gebet in Gottes Pfoten
Hirtenhund2024 wird ein sensationelles Jahr. Kann gar nicht anders. Der chinesische Kalender spricht von einem Jahr des Drachen, das Glück, Güte, Intelligenz und Reichtum bringt. Außerdem befinden wir uns im „Karma Jahr“ – ein „Glücksjahr auf allen Ebenen“, lese ich in der einschlägigen Lesezirkel-Fachliteratur. Fast untergegangen ist indes, dass Papst Franziskus heuer ein „Jahr des Gebets“ ausgerufen hat. Es soll der Vorbereitung auf das Heilige Jahr 2025 dienen und folgt auf das letztjährige „Jahr des Konzils“, in dem wir uns bekanntlich intensiv der „Reflexion über die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils“ gewidmet haben. Sie etwa nicht …? Laut Franziskus soll das heurige Jahr eine „große Symphonie des Gebets“ werden. Das hört sich anstrengend an. Ich fühle mich ertappt. Mein einfaches Vaterunser oder auch die gestammelten freien Gebete scheinen dem Anspruch des vatikanischen Berufsbeterverbandes nicht mehr gerecht zu werden.
Tatsächlich geht mir diese neue „Mode“ der Jahresmottos (oder sind es Jahresmotti …?) ziemlich auf den Hundekeks. Denn auch wenn sie stets als wohlmeinende Einladung formuliert sind, so sind sie doch immer auch eine kleine Anklage: Ob „Jahr der Barmherzigkeit“ (2016), die „Jahre der Bibel“ (2018–2021), das „Jahr des Hl. Josef“ (2021) oder jetzt das „Jahr des Gebets“ – stets habe ich das ungute Gefühl, an ein persönlich-spirituelles Defizit erinnert zu werden. Zu wenig barmherzig gewesen, zu wenig Bibel gelesen, zu wenig gebetet. So richtig angesprungen sind die österreichischen Bischöfe auf das aktuelle Jahr des Gebets übrigens nicht. Vielleicht sind sie auch einfach zu erschöpft von den ganzen Prozessen der Restrukturierung, des organisatorischen Downsizings und des Synodal-Geklingels. Gewohnt forsch prescht aktuell nur Bischof Hermann Glettler voraus und empfiehlt in einem Hirtenwort, die Kraft des täglichen Gebets neu kennenzulernen. Es sei letztlich „die stärkste Kraft, um die zerrissene Menschheit zu einen“. Große Worte, großer Anspruch. Und wieder werde ich ganz demütig. Wie soll mein Gestammel der Einheit der Menschheit dienen?
Ich bin da einfacher gestrickt. Ich habe unter Gebet immer alle Formen der „Korrespondenz“ mit Gott verstanden. Mal ist es das federleichte „Danke“ für Glückserfahrungen, für einen Sonnenstrahl, der die Seele erhellt; mal ist es der Schrei der Empörung, eine Träne des Verlusts oder zitternde Angst. Immer ist es indes die Bitte um Gott selbst – dass er sich zeigen, als er selber erweisen möge. Das ist nicht viel, es setzt sich dem Vorwurf der Projektion der eigenen Wünsche aus. Aber es ist die Form des Betens, die mir entspricht. Den Rest lege ich getrost in Gottes Pfoten.