Mariann Budde: Mut trifft auf Glaube
März-Serie: Frauen, die bewegen
Die anglikanische Bischöfin von Washington, Mariann Edgar Budde, bedankte sich auf Social Media für Tausende Dankesbriefe zu ihrer Predigt beim traditionellen ökumenischen Gottesdienst zur Amtseinführung von US-Präsident Donald Trump. „Ich bin überzeugt, dass ein Geist der Liebe und Güte durch uns alle in diesem Land fließt“, sagte sie in einem Instagram-Video.
Mariann Budde spricht sich für Barmherzigkeit aus
Beim Gebetsgottesdienst am 21. Jänner bat Budde Trump um Barmherzigkeit für Migranten und sexuelle Minderheiten. In ihrer Predigt in der National Cathedral in Washington appellierte sie, Abschiebungen illegaler Einwanderer zu vermeiden: „Ich bitte Sie um Erbarmen, Herr Präsident, mit denjenigen in unseren Gemeinden, deren Kinder Angst haben, dass ihnen ihre Eltern weggenommen werden.“
Zwischen Schweden und Yankee-Wurzeln
Mariann Edgar Budde ist eine Frau, die Brücken baut – zwischen Generationen, Kulturen und Glaubensrichtungen. Seit 2011 steht sie als Bischöfin an der Spitze der Episkopalkirche von Washington. Ihre Stimme ist klar, ihr Engagement unermüdlich: für soziale Gerechtigkeit, Inklusion und Gleichberechtigung. Doch der Weg dorthin war alles andere als geradlinig. Geboren 1959 in New Jersey als jüngere von zwei Töchtern, wuchs Budde in einem multikulturellen Umfeld auf. Ihre Mutter war eine schwedische Einwanderin, ihr Vater ein Mann mit tiefen Yankee-Wurzeln. Früh wurde sie mit Fragen der Identität und Zugehörigkeit konfrontiert. Die Trennung ihrer Eltern prägte sie ebenso wie die Liebe zum Abenteuer, Musik, Bücher und Fußball. Auch ihre schwedischen Großeltern hinterließen Spuren.
Mariann Budde: Kleine Schritte, um Wandel anzustoßen
Ihr spiritueller Weg begann in einer episkopalischen Kirche, als Jugendliche zog es sie in eine fundamentalistische Gemeinde. Diese Gemeinschaft bot ihr zunächst Halt, löste jedoch auch ihre erste Glaubenskrise aus. „Ich konnte die Liebe Gottes, die ich dort fühlte, nie mit ihrem exklusiven Verständnis von Erlösung in Einklang bringen“, erinnert sie sich. Diese Erfahrung sensibilisierte sie für die Spannungen zwischen dogmatischem Glauben und persönlicher Überzeugung. Die Rückkehr zu ihrer Mutter und die Begleitung durch einen Priester aus ihrer Kindheit eröffneten ihr eine neue Perspektive, die Glauben und intellektuelle Offenheit verband.
1993 wurde Budde Pfarrerin von Saint John’s in Minneapolis. Mit ihrem Mann Paul und den beiden Söhnen ließ sie sich im Mittleren Westen nieder. Hier lernte sie: „Alles, was es wert ist, getan zu werden, braucht Zeit.“ Diese Erkenntnis prägt ihr Verständnis von Führung. „Ich bin mehr zur Führung als zur Prophezeiung berufen.“ Ihr Ansatz: kleine, stetige Schritte, um Wandel in Leben, Gemeinden und kirchlichen Strukturen anzustoßen. Die spirituelle Grundlage ihrer Arbeit sieht Budde im Wunder der Brote und Fische. Es ist für sie ein Symbol für das Vertrauen darauf, dass aus wenig viel werden kann, wenn es in die richtigen Hände gelegt wird. Dieses Vertrauen prägt ihre Haltung als Bischöfin ebenso wie ihr Einsatz für die Schwachen und Ausgegrenzten.
Im Einsatz für Gerechtigkeit
Als Bischöfin von Washington setzt sich Mariann Budde für soziale Gerechtigkeit, Vielfalt und Chancengleichheit ein. Sie bleibt offen für Dialog, getragen von einem Glauben, der auf Liebe und Gemeinschaft gründet. In einer Zeit, in der viele nach Orientierung suchen, bietet sie eine glaubwürdige Stimme der Hoffnung und Erneuerung. Mit ihrer Anfang des Jahres direkt an Präsident Trump gerichteten Predigt sorgte Budde in den USA und weltweit für Aufsehen. Der deutsche evangelische Theologe Heinrich Bedford-Strohm vergleicht ihre Worte mit einer biblischen Mahnrede und würdigt Budde – entgegen ihrer eigenen Selbsteinschätzung – als prophetisch.