Machtworte im Schweigemantel
Es gibt eine Grenze zwischen Kritik und Bezichtigung, zwischen Dissens und Unterstellung. Diese Grenze hat Joseph Edward Strickland wohl überschritten, jener texanische Bischof, den Papst Franziskus vor einer Woche abgesetzt hat. Strickland hat Texte verbreitet, in denen von einem „Programm“ des Papstes zur „Unterminierung des Glaubensgutes“ die Rede war oder auch Gott angefleht wird gegen die „Feinde der Kirche“ vorzugehen, die eine „falsche Kirche unter dem Deckmantel der Synodalität“ errichten wollen.
Wir wissen aber nicht, ob das tatsächlich der Grund der Absetzung war. Der Vatikan hat bisher nur verlauten lassen, dass zwei Bischöfe, die Stricklands Diözese visitiert haben, ihn für untragbar erklärt haben. Es kann sein, dass Strickland entfernt wurde, weil er seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, die Gemeinschaft seiner Herde mit der Weltkirche zu sichern, etwa indem er die vom Papst verordneten Beschränkungen der Tridentinischen Messe ganz bewusst ignoriert hat.
Leider ist es immer noch Praxis, römische Machtworte in einen Mantel des Schweigens zu hüllen, als ob das niemand anderen etwas anginge. Gerade weil Franziskus an einer Kirche arbeitet, die mehr Bandbreite in Debatte und Pastoral zulässt, wäre Klarheit bei Disziplinarentscheidungen wichtig. Wenn man erfährt, dass der gemeinsame Weg, obwohl nun breiter, offenbar doch auch rote Linien hat, die nicht überschritten werden dürfen, wäre es gut, diese Linien öffentlich zu machen. Wenn nicht klar ist, warum manche Bischöfe oder auch Theologen ihre Sonderwege gehen dürfen und andere nicht, entsteht nur Unsicherheit und der Verdacht von Willkür. Auch für Machtworte gilt: Euer Ja sein ein Ja, euer Nein ein Nein – und euer Warum ein klares, nachvollziehbares Darum.