Leben im Fragment

3. Sonntag im Jahreskreis
Ausgabe Nr. 3
  • Sonntag
Gemälde: Die Bekehrung des Apostels Paulus auf dem Weg nach Damaskus; von Michelangelo Merisi, genannt Caravaggio.
Die Bekehrung des Apostels Paulus auf dem Weg nach Damaskus; von Michelangelo Merisi, genannt Caravaggio.
©Wikipedia / Web Gallery of Art, created by Emil Krén and Daniel Marx

Gedanken zur zweiten Lesung P. Karl Schauer OSB.

3. Sonntag im Jahreskreis, Lesejahr B – 21. Jänner

Wer die Verse der Lesung wörtlich nimmt und diese sogar als Glaubensanweisung zementieren möchte, irrt. Die paulinischen Briefe sind kein schnelles Rezept. Paulus ist kein Kanonist, kein Verfasser eines Katechismus. Die frühe Christengemeinde in Korinth ist alles andere als eine Vorzeigegemeinde, sie ist heterogen, widersprüchlich und aufgerieben. Paulus ist intelligent, gebildet, theologisch versiert, philosophisch fundiert, zuhause am Areopag, in der jüdischen Tradition, ein Christenverfolger und ein österlicher Zeuge Jesu Christi. Er ist ein Individualist. Jene, die mit Paulus zogen, hatten ihn bald seinen Schiffbrüchen, seinem Scheitern und seinen Erfolgen überlassen.

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Keiner hat das Christentum und die Kirche so nachhaltig geprägt wie der Völkerapostel mit seinem literarischen Werk, mit seiner Unruhe, seinen Aufbrüchen und Rückschlägen, mit seiner Berufung. Saulus, der Erblindete, wurde sehend, ein Eiferer für Christus. Seine Zeit ist eine Aufbruchs- und Umbruchszeit der frühen Kirche. Die damals gelebte Naherwartung machte wahr, dass das Wiederkommen Christi, das Ende der Zeiten und die Vollendung der Welt unmittelbar bevorstünden. Streit, Konflikte, Spannungen, Spaltung, Rivalitäten, verschiedene Herkünfte und Kulturen, aber auch Charismen, Begabungen, Talente und Berufungen sind einer solchen spannungsgeladenen Zeit, unserer ähnlich, nicht fremd. Und doch: Die Gestalt dieser Welt vergeht. Christi Wiederkunft ist wirklich, auch wenn sie aus der Verkündigung und dem kirchlichen Leben weitgehend verdrängt ist. Wahr ist: Das Leben der Christen bleibt fragmentarisch, vorläufig und unvollendet.  

1. Lesung Jona 3,1–5.10

Mit Gott zu drohen, ist pervers. Ihn zu verdrängen und totzusagen, raubt den Menschen das Menschliche. Umkehr bedeutet eine neue Aufmerksamkeit für Gott, sie ist nie zu spät.

Das Wort des Herrn erging an Jona: Mach dich auf den Weg und geh nach Nínive, der großen Stadt, und rufe ihr all das zu, was ich dir sagen werde! Jona machte sich auf den Weg und ging nach Nínive, wie der Herr es ihm befohlen hatte. Nínive war eine große Stadt vor Gott; man brauchte drei Tage, um sie zu durchqueren. Jona begann, in die Stadt hineinzugehen; er ging einen Tag lang und rief: Noch vierzig Tage und Nínive ist zerstört! Und die Leute von Nínive glaubten Gott. Sie riefen ein Fasten aus und alle, Groß und Klein, zogen Bußgewänder an. Und Gott sah ihr Verhalten; er sah, dass sie umkehrten und sich von ihren bösen Taten abwandten. Da reute Gott das Unheil, das er ihnen angedroht hatte, und er tat es nicht.

2. Lesung 1 Korinther 7,29–31

Krisen lassen uns Gewohnheiten und Sicherheiten hinterfragen. Gott will nicht die Vernichtung des Menschen und seiner Welt, sondern Heil und Leben. Glaubende haben eine Pflicht zur Zuversicht und Gelassenheit.

Ich sage euch, Brüder: Die Zeit ist kurz. Daher soll, wer eine Frau hat, sich in Zukunft so verhalten, als habe er keine, wer weint, als weine er nicht, wer sich freut, als freue er sich nicht, wer kauft, als würde er nicht Eigentümer, wer sich die Welt zunutze macht, als nutze er sie nicht; denn die Gestalt dieser Welt vergeht.

Evangelium Markus 1,14–20

Nachfolge ist der Seismograf für die Vitalität der Kirche. Berufene – Getaufte, Priester, Ordenschristen – leben die Faszination für eine Person: Jesus Christus. Das ist mehr als Gefühl, Philosophie und Theologie.

Nachdem Johannes der Täufer ausgeliefert worden war, ging Jesus nach Galiläa; er verkündete das Evangelium Gottes und sprach: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium! Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, die auf dem See ihre Netze auswarfen; sie waren nämlich Fischer. Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen. Und sogleich ließen sie ihre Netze liegen und folgten ihm nach. Als er ein Stück weiterging, sah er Jakobus, den Sohn des Zebedäus, und seinen Bruder Johannes; sie waren im Boot und richteten ihre Netze her. Sogleich rief er sie und sie ließen ihren Vater Zebedäus mit seinen Tagelöhnern im Boot zurück und folgten Jesus nach.

Quelle: Lektionar für die Bistümer des deutschen Sprachgebiets. Authentische Ausgabe für den liturgischen Gebrauch. Band I: Die Sonntage und Festtage im Lesejahr A, Freiburg u. a. 2019. © staeko.net

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