Kuckuck als unerwarteter Gast im Kloster
AnekdotenDort, wo sich im wahrsten Sinn des Wortes Fuchs und Hase gute Nacht sagen – in unmittelbarer Nähe des St. Veiter Tores zum Lainzer Tiergarten im 13. Bezirk Wiens – liegt das Karmelitinnenkloster
St. Josef. Abgeschieden in wunderschöner Gegend mit herrlichem Ausblick leben die Karmelitinnen in Klausur.
Still ist es bei ihnen dennoch nicht immer. Es war ein schöner Mai, in dem ein Kuckuck offenbar beim Stundengebet der Schwestern mitmachen wollte. Die Schwestern hatten sich versammelt, um gemeinsam zu beten. Er saß auf einem Baum direkt vor dem offenen Fenster. Die Schwestern begannen zu beten: „Herr, öffne meine Lippen“ – er kommentierte: „Kuckuck, kuckuck!“ – „damit mein Mund dein Lob verkünde“ – „Kuckuck!“ Die Schwestern schmunzelten und versuchten, sich zu konzentrieren. Es ging weiter mit Psalm 5: „Herr, ich flehe zu dir“ – „Kuckuck“ – „Am Morgen hörst du mein Rufen.“ – „Kuckuck, kuckuck!“ – Es wurde immer schwieriger, die Fassung zu behalten: „Achte auf mein Seufzen“ – „Kuckuck!“ – „Vernimm mein lautes Schreien, mein König und mein Gott.“ – „Kuckuck, kuckuck!“ – „Denn ich flehe zu dir.“ – „Kuckuck, kuckuck, kuckuck!“ Dann war es vorbei. Die Schwestern prusteten los. Das Morgenlob konnte nicht mehr fertig gebetet werden.
Der Kuckuck ist wegen zweier Eigenheiten sprichwörtlich geworden: zum einen aufgrund seines charakteristischen Balzrufs und zum anderen durch seine schmarotzende Lebensweise. Diese findet sich im bekannten Sprichwort wieder „jemandem ein Kuckucksei legen“, was bedeutet, dass man jemandem etwas unterschieben will. Und zum Positiven: Der Kuckuck weckt auch Frühlingsgefühle – üblicherweise hört man die ersten Kuckucksrufe Ende März und so ist er ein Bote des zu Ende gegangenen Winters.