Kirchenbeitrag: Endet die Absetzbarkeit?
KoalitionsverhandlungenEmpörung, Unverständnis und Kopfschütteln: So reagieren Vertreterinnen und Vertreter der katholischen Kirche auf die in den vergangenen Tagen bekannt gewordenen Pläne der FPÖ, im Zuge der laufenden Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP die steuerliche Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags und der Spenden an gemeinnützige Vereine sowie auch die Grundsteuerbefreiung für Kirchen und Religionsgemeinschaften aufzuheben oder zu „redimensionieren“.
Ist der Kirchenbeitrag bald nicht mehr von der Steuer absetzbar?
Der Generalsekretär der Bischofskonferenz, Peter Schipka, sprach hinsichtlich der Absetzbarkeit von einem „völlig untauglichen Mittel“ der angestrebten Budgetkonsolidierung. Schipka bezeichnete das Anliegen der Budgetkonsolidierung zwar als „etwas Gutes und Wichtiges“, die vorgeschlagenen Maßnahmen jedoch als nicht zielführend: Übersehen werde, dass die Spendenabsetzbarkeit für gemeinnützige Vereine und die steuerliche Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags den Staat entlasten. „Würden die Vereine und die Kirchen ihre Tätigkeiten einschränken, die für die Gesellschaft so wichtig sind, dann müsste der Staat dafür einspringen. Das wäre alles andere als eine Budgetkonsolidierung“, sagte der Generalsekretär der Bischofskonferenz.
Pläne zu Kirchenbeitrag als "massiver Angriff auf die Kirchen"
Als „massiven Angriff auf die Kirchen, Religionsgemeinschaften und den gesamten gemeinnützigen Sektor“ bezeichnete die Generalsekretärin der Caritas, Anna Parr, die in den öffentlich gewordenen Verhandlungsprotokollen genannten FPÖ-Forderungen. Hilfsorganisationen würde dadurch die Finanzierungsbasis genommen werden, was deren „massive Schwächung“ zur Folge hätte. Die Caritas wäre von den Maßnahmen gleich doppelt betroffen – nicht nur von einem Ende der Absetzbarkeit der Spenden, sondern auch von jener des Kirchenbeitrages, der in einigen österreichischen Diözesen etwa für die Caritas zweckgewidmet werden kann. Mit Generalsekretärin Christine Rod meldete sich auch eine Vertreterin der Österreichischen Ordenskonferenz zu Wort, deren Mitglieder von einem Ende der Grundsteuerbefreiung für Kirchen und Religionsgemeinschaften erheblich betroffen wären. Direkt zu spüren bekämen es unter anderem rund 830 Klöster, Stifte und weitere Einrichtungen wie Schulen, Pflege- und Krankenhäuser der katholischen Orden. Da sie aus Sicht des Staates dem Gemeinwohl dienen, sind sie ähnlich wie das Rote Kreuz oder die Freiwilligen Feuerwehren von Grundsteuer befreit.
Vorteile der Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags
Gegenüber dem SONNTAG benennt Wolfgang Paset, der Leiter des Bereichs Kirchenbeitrag in der Erzdiözese Wien, die vielen Vorteile der Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags für alle – für Kirche, Gesellschaft und Staat.
Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags: Interview mit Wolfgang Paset

Wie beurteilen Sie die Medien-Berichte über Forderungen der FPÖ im Zuge der Koalitionsverhandlungen, die Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags zu „redimensionieren“ beziehungsweise ganz abzuschaffen?
WOLFGANG PASET: Verpflichtende Beiträge an gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften sind steuerlich absetzbare Sonderausgaben. Von einer Abschaffung wäre nicht nur die katholische Kirche betroffen, sondern auch andere Religionsgemeinschaften. Die gute Zusammenarbeit mit den Religionen wird von Politikerinnen und Politikern gerne hervorgehoben. Abseits von Sonntagsreden braucht es auch die konkrete Unterstützung der Gemeinschaften durch den Staat, zum Beispiel durch steuerliche Entlastung.
Wer wäre von den möglichen Änderungen betroffen?
Die Absetzbarkeit kommt in erster Linie den zahlenden Mitgliedern zugute, die dadurch weniger Steuer bezahlen. Immerhin finanzieren sie mit ihren Beiträgen Leistungen, die allen zugutekommen. Die Anhebung des Höchstbetrags von 400 auf 600 Euro wurde 2024 noch damit begründet, dass Kirchen und Religionsgemeinschaften bedeutend zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und zum sozialen Miteinander beitragen.
Warum wäre die völlige Streichung der Absetzbarkeit des Kirchenbeitrags ein massiver Angriff auf die finanziellen Möglichkeiten der Kirche?
Die Attraktivierung durch die Absetzbarkeit erhöht nicht nur die Spendenfreudigkeit, sondern auch die Akzeptanz eines verpflichtenden Beitrags. Wenn die Bereitschaft zur finanziellen Unterstützung abnimmt, verringert das auch die Möglichkeiten der Kirche, konkrete Hilfe zu leisten und denkmalgeschützte Kulturgüter zu erhalten. Der Wiener Bürgermeister spricht von einem Angriff auf die Religionsgemeinschaften und betont deren wichtige Rolle in der Gesellschaft.
Sind die vielfältigen Aufgaben, Angebote und Leistungen der katholischen Kirche den Koalitionsverhandlern genug bekannt?
Wie vieles im Leben werden auch die Leistungen der Kirche als selbstverständlich wahrgenommen. Der hohe gesellschaftliche Nutzen der kirchlichen Leistungen in den Bereichen Religion, Soziales, Bildung, Gesundheitswesen, Kultur und Entwicklungszusammenarbeit wurde auch durch eine volkswirtschaftliche Studie belegt. Alleine das engmaschige soziale Netz der Pfarren ist in Krisenzeiten unersetzbar. Unsere Gemeinden schaffen nicht nur ein „Obdach für die Seele“, sondern zum Beispiel als Wärmestuben auch eines für den Leib.