Kirche-Bischof-ohne
HirtenhundUnwürdig“, „That’s not my pope“, „Mich stört seine Kleidung eminent, – Er ist doch nicht irgendein Oldtimer!“ Es war absehbar, dass so ein spontaner papaler Rollstuhltrip in den Petersdom nicht ganz unentdeckt bleiben würde. Und es war wohl auch absehbar, dass nicht alle den Auftritt des etwas „derangiert“ wirkenden Franziskus in ziviler Kleidung – mit schwarzer Hose, Unterhemd und Poncho – gut finden würden, wie die Kommentare aus einem einschlägigen katholischen Portal zeigen. Am wenigsten die eigenen Leute, wie es bei einer Äußerung von Vatikansprecher Matteo Bruni durchklang: „Manchmal entstehen bestimmte Dinge auch aus dem Wunsch heraus, Überraschungen zu bereiten, und überraschen dann auch uns.“
Der Papst wollte überraschen
Dabei hat sein Chef nur getan, was er immer tut: überraschen! Nicht nur in Lehrentscheidungen oder in teils erratisch wirkenden Manövern, sondern auch in ganz alltäglichen Dingen wie dem plötzlichen Bedürfnis, in „seinem“ Dom zu beten. „Aber so was macht man doch nicht!“, höre ich die angstvoll um den Verlust jeglichen mystischen Brimboriums bangenden Monsignori. Das zerstört doch den mystischen Leib, beschädigt Glanz und Gloria der päpstlichen Rolle, wenn er so aus Rahmen und Form fällt! Ach? Hat sein „Chef“ das nicht ähnlich gehandhabt? Hat ein gewisser Jesus von Nazaret nicht auch mit Zöllnern gegessen, im Tempel für Furore gesorgt, und wurde er nicht – vollkommen gegen jede Norm – „aus den Toten auferweckt“?
Entmystifizierung des Papstes
Übrigens darf sich Franziskus der Gesellschaft weiterer prominenter Vorgänger sicher sein: So wurde schon vor über 40 Jahren der skibegeisterte Johannes Paul II. auf Brettern im Skianzug abgelichtet. Benedikt XVI. stieg 2013 selbstgewählt von der Kathedra Petri, und selbst der ewig nörgelnde Kardinal Gerhard Ludwig Müller ließ sich einmal im Trainingsanzug und mit Schlapfen fotografieren. Wir erleben vielleicht tatsächlich so etwas wie die fortschreitende Entmystifizierung des päpstlichen Leibes. Aber wir sollten nicht fragen, was wir verlieren, sondern was wir damit gewinnen: einen Menschen, der seine Verwundbarkeit zeigt. Der klar macht, dass er nicht näher „bei Gott“ ist als jeder andere Mensch auch. Und der ebenso die Dunkelheit der Gottesfinsternis kennt, die uns alle am Karfreitag ergreift. Und der ebenso hofft, dass diese Dunkelheit am Ostersonntag dem Licht weicht.
Das Foto von Kardinal Müller ist übrigens immer noch online. Der Dateiname lautet „Kirche-Bischof-ohne.jpg“. Sehr passend, wie ich finde. Kirche-Bischof-ohne-Heilsvorsprung. Gezeichnet „jpg“, Johannes Paul der Große. Frohe Ostern!