KI und Kirche: Leitlinie des Vatikans

„Mit alter und neuer Weisheit“
Ausgabe Nr. 6
  • Soziales
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Die möglichen Gefahren von KI reichen von der Manipulation demokratischer Prozesse bis hin zum Verlust von Empathie und Beziehungen, mahnt das Vatikan-Papier.
Die möglichen Gefahren von KI reichen von der Manipulation demokratischer Prozesse bis hin zum Verlust von Empathie und Beziehungen, mahnt das Vatikan-Papier. ©pixabay/Dieses Bild wurde mit KI generiert

Mit der rasanten Entwicklung von künstlicher Intelligenz (KI) steht die Menschheit an einem Scheideweg: Wird diese Technologie zum Segen für den Fortschritt oder zum Risiko für die Menschlichkeit? Der Vatikan legt nun mit einem Dokument klare Leitlinien für den ethischen Umgang damit vor.

Die katholische Kirche hat Ende Jänner Leitlinien für die ethische Beurteilung und den verantwortbaren Umgang mit künstlicher Intelligenz (KI) veröffentlicht. Unter dem Titel „Antiqua et nova“ („Mit alter und neuer Weisheit“) warnt der Vatikan davor, menschliche Verantwortung an die KI abzugeben. Neben großen Potenzialen für den menschlichen Fortschritt und Wohlstand berge die künstliche Intelligenz wie jedes von Menschen erdachte Werkzeug auch erhebliche Risiken und Möglichkeiten zum Missbrauch. Das Dokument wurde gemeinsam von der vatikanischen Glaubensbehörde unter Kardinal Víctor Fernández sowie von der Behörde für Kultur und Bildung unter Kardinal José Tolentino Calaça de Mendonça verantwortet.

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Der Umgang mit KI in der Kirche

Ausdrücklich betont der Vatikan in dem Schreiben, dass die Kirche den Fortschritt in Wissenschaft und Technik begrüßt und ihn als „Mitwirken mit Gott an der Vervollkommnung der Schöpfung“ sieht. Dies gelte auch für die KI, die „in manchen Gebieten menschliche Fähigkeiten sogar übertreffen“ könne. Der Einfluss der KI sei in vielen Bereichen spürbar, unter anderem in Bildung, Arbeit, Kunst, Gesundheit, Recht, Krieg und internationalen Beziehungen. Da die KI rasant voranschreitet, sei es „von entscheidender Bedeutung, ihre anthropologischen und ethischen Implikationen abzuwägen“. Kurz, was man tun und lassen sollte.
 

Der Papst zu Chancen und Risiken

In den vergangenen Monaten hatte Papst Franziskus bei mehreren Gelegenheiten über Chancen und Risiken der KI gesprochen. Von den Gesetzgebern forderte er Schritte zur ethischen Eingrenzung der neuen technologischen Möglichkeiten. So müsse etwa im Krieg die Entscheidung über das Töten von Menschen immer bei Menschen und nicht bei Maschinen liegen. Dieser Grundsatz wird auch im neuen Vatikan-Dokument unterstrichen. Bei der grundsätzlichen Einordnung erklärt der Vatikan, die KI sei zwar lernfähig, ihr fehle aber die existenzielle Dimension der körperlichen Erfahrung und der persönlichen Entwicklung. Im Unterschied zu Menschen fehle ihr die Fähigkeit, Beziehungen einzugehen und die Wahrheit und das Gute zu erkennen.
 

Einflussreiche Technologie ist in der Hand einiger weniger Tech-Konzerne

Wer die menschliche Intelligenz zu sehr mit den Fähigkeiten der künstlichen Intelligenz gleichsetze, laufe Gefahr, eine rein funktionale Sicht zu entwickeln. Der Mensch würde dann nur noch nach dem beurteilt, was er leisten könne. Die Würde des Menschen basiere aber darauf, dass er als Abbild Gottes erschaffen worden sei. Diese Würde gelte auch für ungeborene Kinder und für alte und leidende Menschen. Das Prinzip der menschlichen Verantwortung wird in dem Dokument unterstrichen. Ein Mensch, der KI nutze, um Entscheidungen zu treffen, bleibe in jeder Phase der Entscheidung letztverantwortlich. Wegen der enormen Lernfähigkeit von KI sei es wichtig, darauf zu achten, dass sie immer dem Menschen und dem Allgemeinwohl diene.

Ungerechtigkeit durch Künstliche Intelligenz?

Sie dürfe nicht dazu genutzt werden, Ungerechtigkeiten und Diskriminierungen zu verschärfen. Dass KI derzeit von wenigen Unternehmen beherrscht und kontrolliert werde, sei Anlass zu erheblichen Sorgen, zumal künstliche Intelligenz die Manipulation der Gewissen und die Beeinflussung demokratischer Prozesse erleichtere. Auch für die Entwicklung der Kinder berge KI erhebliche Gefahren, heißt es in dem Papier. Wenn sie nicht mehr von Menschen, sondern von Maschinen lernten, würden menschliche Beziehungen und Empathie zu kurz kommen. Lob für das Papier kommt vom Wiener Medienethiker Alexander Filipovic. Auch er mahnt, dass die KI-Entwicklung aktuell in den Händen einiger weniger einflussreicher Tech-Konzerne liege. Die KI-Technologie sei daher „im Moment kein demokratisches Instrument, sondern ein Herrschaftsinstrument. Wir müssen überlegen, wie wir diese mächtige Technologie so gestalten, dass sie tatsächlich dem Gemeinwohl dient“, betont Filipovic. 

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  • Portraitfoto von Agathe Lauber-Gansterer
    Agathe Lauber-Gansterer/KAP
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