Keine Angst vor der Streif

Sportkaplan Johannes Lackner zum Sportevent des Jahres
Ausgabe Nr. 2
  • Leben
Autor:
Kitzbühel Abfahrtsrennen auf der Streif
Auch die weltberühmte Streif ist Johannes Lackner schon hinuntergefahren. ©Sebastian Pucher/EXPA/picturedesk.com
Sportkaplan Johannes Lackner im Radiostudio
Johannes Lackner ist Priester in der Erzdiözese Salzburg und seit November 2022 Seelsorger für das olympische und paralympische Team Österreichs. ©Markus A. Langer

Johannes Lackner ist der neue Sport- und Olympiakaplan der römisch-katholischen Kirche Österreichs. Im Vorfeld des Kitzbüheler-Wochenendes spricht er über seinen ganz persönlichen Berufungsweg, über die aktuellen Herausforderungen an den Spitzensport und damit auch die Sportseelsorge. Aber auch darüber, warum er gerade zur Kitzbüheler „Streif“ ein besonderes Naheverhältnis hat.

Grünes Licht gab es schon in der vergangenen Woche für die Kitzbühel-Rennen am weltbekannten Hahnenkamm in Tirol. Die Freude ist nicht nur bei den Veranstaltern groß. Wird doch die „Streif“ als das „spektakulärste Skirennen“ der Welt gehandelt und spielt dementsprechend Jahr für Jahr hohe Gewinne ein – finanzieller Natur wie auch was den Bekanntheitsgrad der Region Kitzbühel betrifft. Johannes Lackner ist 27 Jahre alt und kennt Kitzbühel und auch die Streif wie die sprichwörtliche Hosentasche. Ist er doch dort aufgewachsen – als einziges und heißersehntes Kind seiner Eltern Johann und Luise. 45 und 53 Jahre alt mussten die beiden werden, bis ihnen das Glück, ein Kind zu bekommen, doch noch beschieden war. Die Freude ob dieses Wunders war unbeschreiblich groß und ebenso groß ist nun auch die Freude darüber, dass der Sohn den Beruf(ung)sweg des Priesters eingeschlagen hat.  

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Sie sind seit dem vergangenen Jahr in der Erzdiözese Salzburg als Priester tätig. Im November wurden Sie außerdem zum neuen Sport- und Olympiakaplan ernannt. Wie kam es dazu? Spielt der Glaube in Ihrem Leben schon lange eine Rolle? 

Johannes Lackner: Ja, ich bin in einer gläubigen Familie aufgewachsen. Mit meinen Eltern bin ich immer in die Kirche gegangen und habe auch ministriert. Durch das Ministrieren bin ich in Beziehung zu Gott gekommen und immer tiefer auch in die Beziehung zur Kirche eingetaucht.

Und den Ruf, Priester zu werden, haben Sie dann auch zu Hause erlebt? Oder gab es einen anderen Ort, einen anderen Zeitpunkt, an dem das für Sie ganz klar wurde?  

Ausschlaggebend war für mich eine Wallfahrt nach Fatima in Portugal. Dort waren bei einer heiligen Messe fast eine Million Menschen – und auch ganz viele Junge dabei. Das war unglaublich für mich. Das kannte ich so nicht. Sie alle haben eine tiefe innere Freude ausgestrahlt, eine Freude am Glauben, eine Freude darüber, dass Gott uns liebt. Von dieser Freude bin ich richtiggehend angesteckt worden. Ich hab mir dann gedacht: Wenn Jesus so vielen Menschen so eine Freude schenkt und er auch mir so eine Freude schenkt, dann muss ich mich mehr mit dem Glauben beschäftigen. Und vielleicht kann ich sogar mein ganzes Leben in seinen Dienst stellen.
 

Sie haben dann begonnen, Theologie zu studieren, richtig?

 Ja. In Heiligenkreuz habe ich das Studium aufgenommen und habe dabei bald gesehen: Der Glaube gibt meinem Leben Sinn, gibt meinem Leben Hoffnung. Und er gibt mir eine Perspektive, auch über den Tod hinaus. Der Ruf, diese Perspektive, diese Freude am Glauben an Menschen weiterzugeben, der ist dann immer stärker geworden. Und so bin ins Priesterseminar eingetreten. Ich bin jetzt seit 29. Juni Priester und es ist wirklich eine schöne Aufgabe. Ich bin sehr, sehr gerne Priester. 

Sie sind jetzt als Kaplan in drei Pfarren im Lungau in der Erzdiözese Salzburg eingesetzt, schreiben außerdem an Ihrer Dissertation. Wie wird sich das alles mit Ihrer neuen Tätigkeit als Sport- und Olympiakaplan vereinbaren lassen? 

Ja, das wird sich vereinbaren lassen. Der Hauptschwerpunkt meiner Arbeit liegt ja dann auf den Olympischen Spielen, wo ich hinfahren und praktisch als Seelsorger die Sportlerinnen und Sportler vor Ort betreuen darf und natürlich auch die Betreuer und Betreuerinnen. Die nächsten Olympischen Spiele sind 2024 in Paris. Darauf freue ich mich, 2026 sind dann die Winterspiele in Mailand und Cortina. Und 2028 geht es in die USA nach Los Angeles. Da verlassen wir dann Europa. Das ist für mich eine sehr aufregende Aufgabe und ich freue mich auf die Begegnungen. Und ich freue mich auf die Gespräche, die sich da ergeben werden. 

Durch Kommerz und Korruption, die ungehörige Vermengung mit politischen Interessen, leidet der Sport. 

Johannes Lackner

Sie sind in Kitzbühel, sozusagen neben der Streif, aufgewachsen. Wird einem da der Sport praktisch in die Wiege gelegt?

Ich bin tatsächlich seit meiner Kindheit  sehr sportbegeistert und da wohl nicht nur von der Gegend, sondern vor allem von meiner Familie geprägt. Mein Papa ist ein begeisterter Tischtennisspieler, war noch vor ein paar Jahren Tiroler Seniorenmeister. Und natürlich gibt es in meiner Heimatstadt Kitzbühel viele Sportveranstaltungen. Angefangen beim Hahnenkamm-Rennen, aber Kitzbühel ist auch für Tennis bekannt, für Triathlon und Radsport – da war ich früher manchmal auch als freiwilliger Helfer dabei. Aber ich mache auch selber gerne aktiv Sport. Skifahren steht da natürlich ganz oben auf der Liste und ich nutze jede Gelegenheit. 2020 war ich ganze 53 Mal auf der Piste – das ist dann schon richtig oft. Im Sommer gehe ich gerne Mountainbiken und Rennradfahren. Ich bin persönlich wirklich sportlich sehr interessiert. Deshalb freut mich die Aufgabe als Olympiakaplan ganz besonders.   

Sie hatten ja zu Hause, im eigenen Garten, auch einen Golfplatz?

Früher, ja. Ich glaube, wir haben den einzigen Sieben-Loch-Golfplatz der Welt gehabt. Ein echter Golfplatz war das, nicht „nur“ ein Minigolfplatz – geschlagen wurde über die Haselnuss, über die Dachrinne drüber und übers Haus. Es war im Grunde wirklich ein sehr abenteuerlicher Golfplatz. Und auch sehr lustig. An den Wochenenden waren da bis zu 25 Spieler da und auch teilweise Prominente. Franz Beckenbauer hat da mal gespielt. 
 

Sind Sie auch schon selbst die Streif hinuntergefahren? 

Ja, tatsächlich schon relativ oft. Aber natürlich nicht in diesem Tempo, wie es die Skirennläufer tun. Es gibt, wenn nicht gerade für das Rennen präpariert wurde, auch viele Hügel. Allein deswegen kann man nicht so schnell hinunterrasen. Aber was es immer ist: sehr eisig. Man braucht also richtig gut geschliffene Kanten an den Skiern. Und es braucht viel Überwindung. 

Der Anfang der heurigen Weltcup-Saison war von vielen Absagen geprägt, weil es kaum Schnee gibt. Experten sagen, dass das Auswirkungen der Klimaveränderung sind. Welchen Blick haben Sie bei diesem Thema?  

Wenn es immer weniger schneit, ist das natürlich ein Problem für die Zukunft. Nicht nur, was das Skifahren betrifft. Konkret zu den Absagen vor einigen Wochen: Ich denke, da waren die Rennen auch sehr früh angesetzt und dass es keinen Schnee gab, lag vielleicht auch daran.  Aber natürlich hat das auch mit dem Klimawandel zu tun. Es wird wärmer. Das merken wir. In Kitzbühel haben wir immer weniger Naturschnee, zumindest im Tal. Bis jetzt ging es gut mit den Schneekanonen. Aber jetzt gehört auch auf die Energiekrise geschaut.

Gerade wenn man sich die Austragungsorte der nächsten Großereignisse ansieht, gibt es ja auch viel Hoffnung für die Sportlerinnen und Sportler und für alle Sportinteressierten.

 Ja, Gott sei Dank. Da bin ich sehr froh, weil dadurch der Sport vielleicht wieder mehr ins Zentrum rückt und weniger der Ort, an dem die Spiele stattfinden. Das wäre schon wichtig, weil durch Kommerz und Korruption, die ungehörige Vermengung mit politischen Interessen, leidet der Sport. Das haben wir gerade bei der Fußballweltmeisterschaft in Katar erlebt. Die Sportlerinnen und Sportler sind ja in diese Entscheidungen nicht involviert, sie können nichts dafür und sie leiden auch. Ich hoffe und erwarte mir deshalb tatsächlich, dass bei den anstehenden Spielen das Sportliche wieder in den Fokus rücken kann. 

Autor:
  • Stefan Hauser
  • Portraitfoto von Andrea Harringer
    Andrea Harringer
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