Katholische Elemente in Shakespeares Werken

Aufgedeckt
Ausgabe Nr. 17
  • Kunst und Kultur
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Prinz Hamlet und der Geist seines Vaters
Hamlet ist nach Dänemark zurückgekehrt. Dort steht die alte Ordnung vertreten durch den Geist seines Vaters im Gegensatz zu einer neuen Ordnung, die vor kurzem von seinem Onkel Claudius mit der Hilfe des Oberkämmerers Polonius eingeführt wurde. Die alte Ordnung ist offenbar katholisch, wie der Geist des Vaters aus dem Fegefeuer eingesteht. ©Public Domain/United States Library of Congress
Der Jesuitenpater und Literaturwissenschaftler Peter Milward (1925-2017) galt als ausgewiesener Kenner der Werke Shakespeares und hatte sich über Jahrzehnte mit dessen Dramen befasst. ©Privat

Der Jesuitenpater und Literaturwissenschaftler Peter Milward (1925-2017) galt als ausgewiesener Kenner der Werke Shakespeares und hatte sich über Jahrzehnte mit dessen Dramen befasst. Er lieferte Indizien für das Katholischsein des englischen Nationaldichters.

Warum hat es so lange gedauert, bis Shakespeares katholische Wurzeln wahrgenommen wurden?

Peter Milward: Einfach gesagt ist es so, dass der Ruf von Shakespeare als Dichter und Dramatiker sehr lange in einem protestantischen Land gehegt wurde und Shakespeare selbst großen Spielraum den protestantischen Kritiker seit Beginn an gewährt hat, ihn als sowohl protestantischen als auch patriotischen Nationaldichter und Dramatiker Englands zu feiern. Denn von seiner Zeit an wurde Patriotismus als charakteristisch für gute, unerschütterlich loyale britische Protestanten betrachtet, während Hochverrat als charakteristisch für illoyale englische Katholiken gesehen wurde.

Beachten Sie, wie ab der Zeit von Heinrich VIII. für Protestanten „Britannien“ der bevorzugte Name war. Teilweise, weil die Tudors Walliser, dann die Stuarts Schotten und die Hannoveraner Deutsche waren, und teils, weil sich die Briten weniger Rom zu Dank verpflichtet für ihren christlichen Glauben gesehen haben. Auf der anderen Seite war „England“ der bevorzugte Name für die Katholiken, wenn man bedenkt, dass die Engländer Rom seit der Zeit des heiligen Gregor und heiligen Augustinus Dank für ihren katholischen Glauben schuldeten.

Nur im viktorianischen Zeitalter konnte John Henry Newman in seiner „Idea of a University“ zu der Erkenntnis kommen, dass Shakespeare „so wenig von einem Protestanten in ihm wie Katholiken“ hat. Wie sein Freund und Konvertit Richard Simpson sagte: „Die Katholiken sind in der Lage gewesen, ohne Extravaganz, ihn für sich zu beanspruchen.“ G. K. Chesterton legte in seinem Buch „Chaucer“ seine Überzeugung noch stärker mit implizitem Verweis auf Newmans „Grammar of Assent“ dar: „Dass Shakespeare ein Katholik war, ist eine Sache, die jeder Katholik mit jeder Art von konvergentem gesundem Menschenverstand fühlt, dass sie wahr ist.“

Die ganze Zeit aber hat sich das sogenannte „Shakespeare Establishment“ geweigert, die vielen Hinweise der katholischen Treue in den Dramen und Gedichten zu akzeptieren, betrachtete solche Ansprüche als „sektiererisch“, während es auf die universelle Vision von Shakespeare beharrte, die die engen religiösen Kontroversen dessen Zeit überwand. Dennoch, in den letzten zwei Jahrzehnten scheinen sie ein Rückzugsgefecht zu führen, in Anbetracht des Umfangs, in dem die „Religion von Shakespeare“ - bisher als „Tabu“ abgelehnt - zu einem „heißen Thema“ der Diskussion auf beiden Seiten des Atlantiks wurde.

Ein interessanter Hinweis auf diese Konfrontation erschien vor 15 Jahren. Zunächst in einer Konferenz an der Universität von Lancaster über „Lancastrian Shakespeare“, im Sommer 1999, basierend auf der Grundlage der faszinierenden Theorie, dass es in einem katholischen Haushalt in der Gegend war, in dem Shakespeare (nach alter Tradition) „ein Schulmeister auf dem Land“ unter dem Namen „Shakeshafte“ war. Im folgenden Jahr wurde die Zweijahreskonferenz in Stratford über das Thema „Shakespeare und die Religionen“ abgehalten.

 

 

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War William Shakespeare in Verbindung mit Jesuitenmissionaren, die geheim in Warwickshire oder Lancashire tätig waren?

Peter Milward: Es gibt viele Indizien, die eine Verbindung von Shakespeare mit englischen Jesuiten sowohl in Warwickshire und in Lancashire und später in London herstellen, aber wenige, um diejenige zu überzeugen, die nicht überzeugt werden wollen oder auf harte und schnelle dokumentarische Beweise bestehen. Noch in der Zeit seiner Kindheit, im Jahr 1575, verließ sein Schulmeister an der Stratford Grammar School, Simon Hunt, mit einem seiner Schüler Robert Dibdale Stratford in Richtung Kontinent. Während Dibdale ging, um ein „Seminarpriester“ und letztlich Märtyrer (1586) zu werden, reiste Hunt nach Rom und trat in den Jesuitenorden ein. Er soll dort gewesen sein, um sowohl Edmund Campion als auch Robert Persons zu treffen, bevor diese auf die englische Mission im Jahre 1580 gingen. Hunt dürfte ihnen über die Situation der Katholiken in Stratford und im nahegelegenen Wald von Arden erzählt haben (dieser erstreckte sich sowohl über den westlichen Teil von Warwickshire als auch der Grafschaft Worcestershire). Wir wissen aus den Schriften von Persons, dass beide von Edward Arden von Park Hall (in der Nähe des heutigen Birmingham), dem Oberhaupt der alten Familie von Arden begrüßt wurden, einschließlich Shakespeares Mutter Mary Arden. Sie scheinen auch von Sir William Catesby (Vater von Robert Catesby, ein Mitglied der Pulververschwörung) in dessen Haus begrüßt worden zu sein; entweder in Lapworth im Wald von Arden oder kurz hinter der Grenze in der benachbarten Grafschaft Northamptonshire in Ashby St. Legers.

In einem oder anderem dieser Häuser könnte Shakespeares Vater John die Jesuiten (mit oder ohne Begleitung seines Sohnes William) getroffen und das „geistige Testament“ erhalten haben, welchem so viel Aufmerksamkeit als dem dokumentarischen Nachweis zumindest des Katholizismus von John geschenkt wurde.

Es war auch im Jahr 1580, als ein neuer Schulmeister namens John Cottam in Stratford erschien, der von Lancashire stammte. Sein Bruder Thomas war einer der Seminarpriester, der an der später so genannten „Jesuiten-Invasion“ von England beteiligt war. Er brachte mit sich einen Brief von Robert Dibdale für dessen Familie in Shottery, das Dorf von Shakespeares Frau Anne Hathaway. Aber sowohl er als auch sein Brief wurden abgefangen, er wurde verhaftet und im Jahr 1581 vor Gericht gemeinsam mit Campion und anderen gestellt, aber seine Hinrichtung wurde bis zum folgenden Jahr verzögert.

Jetzt dürfte John Cottam wohl mit sich eine Anfrage von seinem katholischen Nachbarn in Lancashire, Alexander Houghton, nach einem zuverlässigem katholischem Tutor für seinen Haushalt mitgebracht haben, obwohl dies gegen das Gesetz war. Und während Campion seine Reise nach Norden, nach Derbyshire, Yorkshire und Lancashire fortsetzte, dürfte der junge William eine direktere Reise zu Houghtons Landhaus Lea Hall in der Nähe von Preston unter dem geänderten Namen „Shakeshafte“ gemacht haben. Teilweise, weil es andere mit dem Namen „Shakeshafte“ in der Nähe gab und so seine Anwesenheit keinen Verdacht wecken würde. Teils, weil der Name anfällig für eine solche Änderung war, wie wir es vorfinden, wenn William in London erscheint, in der ersten Erwähnung seines Namens als „Shakescene“.

Zu diesem Zeitpunkt wissen wir, dass Campion im Haus eines Halbbruders von Alexander namens Richard wohnte, wieder nicht weit von Preston, zum Zweck der Beendigung seiner Arbeit an der lateinischen Ausgabe von „Zehn Gründe“. So haben wir die Situation, in der Campion nicht nur seine frühere wahrscheinliche Bekanntschaft mit dem jungen William erneuert haben könnte, sondern auch diesen vielversprechenden jungen Mann in die Geistlichen Übungen des Ignatius eingeführt hat. Über den Einfluss dieser Übungen auf Stücke von Shakespeare hatte ich eine Monographie veröffentlicht, noch bevor ich auf die oben genannten Hinweise auf ein wahrscheinliches Treffen des Jesuiten und den zukünftigen Dramatiker in Lancashire kam. Ich hatte mich gefragt, wie Shakespeare so viele Anklänge an die Übungen in seine Stücke aufgenommen haben konnte.

Es dauerte nicht lange, nachdem Campion in den Süden mit seinem abgeschlossenen Manuskript der „Zehn Gründe“ für die Veröffentlichung in Stonor Park und Verteilung auf den Bänken der Kirche von St. Mary in Oxford zurückgekehrt war, dass er in einem nahe gelegenen Rekusanten-Haus, Lyford Grange, von einem Spion namens George Eliot gefangen genommen wurde. Er wurde in den Tower von London eingesperrt und unter Folter verhört, wo er Unterschlupf im Zuge seiner Reisen in den Norden erhalten habe. Das war im Juli 1581, und in diesem August erarbeitete Alexander Houghton seinen berühmten letzten Willen mit der Erwähnung von William Shakeshafte in Verbindung mit Schauspiel-Kleidung. Das ist das letzte, was wir von ihm hören, ohne Zweifel hatte er sich der gleichen Art von Verhör zu unterziehen, wie es Campion durchgemacht hatte.

Zur gleichen Zeit hätte William einen vorzeitigen Rückzug nach Stratford angetreten, wo er bald Anne Hathaway traf und heiratete. Campion hatte den Tod eines Verräters am 1. Dezember 1581 erlitten. Persons war wohlweislich auf den Kontinent zurückgekehrt, um seine Arbeit für die englische Mission in Streitschriften aller Art fortzusetzen. Anschließend wurde ihre Arbeit im Jahre 1584 von William Weston übernommen, der vor allem eine Rolle zusammen mit Robert Dibdale, nun ein Seminarpriester, bei der Erfüllung einer Reihe von Exorzismen in zwei Rekusanten-Häusern in der Nähe von London, in Hackney und Denham, im Jahr 1586 spielte. Ein Anklang dieser Exorzismen scheint sehr früh in Shakespeares „Komödie der Irrungen“ auf, in dem der Dramatiker ihre Bekanntheit gegen einen puritanischen Kritiker namens Phinch zu unterstützen scheint – dies ist auch der Name des Schulmeisters, der einen Exorzismus in dem Stück durchführt. Eine anglikanische Kritik an den gleichen Exorzismen erscheint auch als sekundäre Quelle der späteren Shakespeare-Tragödie „König Lear“, in seiner Charakterisierung von Edgar als verrückten Bettler - und implizit als einen gejagten Priester.

Nicht lange danach Weston wurde verhaftet, aber sein Platz wurde von zwei jungen Jesuiten, Henry Garnet und Robert Southwell, 1586 übernommen. Ersterer wurde der umsichtige Ordensobere der wenigen Jesuiten in England, die von nun an nach und nach in der Anzahl zunahmen, und er entkam erfolgreich seiner Gefangennahme bis zum Zeitpunkt seiner Festnahme kurz nach der Aufdeckung der Pulververschwörung Ende 1605. Ob er je Shakespeare getroffen hat, ist ungewiss. Das bemerkenswerte Ausmaß des Einflusses von Southwell auf den Geist von Shakespeare, durch dessen vielen Schriften sowohl in Poesie und Prosa, wurde gründlich von John Klause in seinem Buch „Shakespeare, the Earl and the Jesuit“ (2008) erforscht. Wobei der Earl Shakespeares Patron, der junge Earl of Southampton, ist, und der Jesuit Robert Southwell.

Erhielt Shakespeare seine ersten Unterrichtsstunden in Dramaturgie von Jesuiten?

Peter Milward: Trotz der Versuche der Stratford-„Autoritäten“, speziell von Dr. Robert Bearman, die „Shakeshafte Theorie“ der Anwesenheit des jungen William in Lancashire im Frühjahr 1581 zu widerlegen, bleibt die Frage eine offene. Es gibt so viele Vorteile für diese Theorie. Erstens bietet es die einzige Erklärung einer alten Überlieferung, die zurück auf das 17. Jahrhundert und auf den Namen von Shakespeares Schauspielkollegen Christopher Beeston geht, dass William in seiner Jugend „ein Schulmeister auf dem Lande“ war. Zweitens öffnet sie paradoxerweise den Weg, der den jungen Shakespeare von Stratford nach London über Lancashire führt, weil das Testament von Alexander Houghton den jungen William Shakeshafte mit seiner Schauspiel-Kleidung dem nahegelegenen rekusanten Ritter Sir Thomas Hesketh empfiehlt, der sich eine Gruppe von Schauspielern bis zum Jahr seines Todes im Jahre 1588 hielt. Von den Hesketh-Schauspielern wäre es für ihn ein reibungsloser Übergang gewesen, da Hesketh sehr gut bekannt war mit dem Earl of Derby und seinem Sohn und Thronfolger Lord Strange, zu den Strange's Men, die Stücke nicht nur in Lancashire, sondern auch in London präsentierten. Darüber hinaus ist unter der Schirmherrschaft der Strange's Men Shakespeare erstmals als Dramaturg in London mit seinen zwei Stücken „Titus Andronicus“ und „Heinrich VI.“ (vermutlich Teil I) aufgetaucht. Und dann er ist schon in Greenes „Groatsworth Wit“ (1592) als eine dramatische Bedrohung für die „university wits“, die führenden Dramatiker jener Zeit, als eine „Krähe in geliehenen Federn gekleidet“ unter dem Pseudonym „Shakescene“ gesehen worden.

Was mehr als alle diese vorherigen Vorteile wäre, die Anwesenheit des jungen William in dem Rekusanten-Haushalt von Houghton 1580-1581 gäbe eine Erklärung nicht nur für des Dramatikers offensichtliche Vertrautheit mit den Geistlichen Übungen des Ignatius unter der Leitung von Edmund Campion, sondern auch von seinem frühen Versuch in Dramaturgie unter den gleichen Führung. Denn schon bevor sich Campion auf die englische Mission 1580 machte, hatte er während seiner früheren Jahren als Lehrer für Studenten an der Jesuitenschule in Prag komponiert und mehrere Stücke in Latein geleitet, nach dem jesuitischen Ideal der Erziehung, die den dramatischen Übungen einen prominenten Platz gab. So spielte er seine Rolle in dem bekannten „Jesuitendrama“ der damaligen Zeit in Europa.

Welche Schlüsselelemente in Shakespeares Stücken zeigen an, dass er katholisch war?

Peter Milward: Um damit zu beginnen, was schon immer von Shakespeare-Gelehrten anerkannt worden ist, eine gewisse rätselhafte oder geheimnisvolle Qualität in seinen Stücken, die zusammengefasst werden kann in Lucios Worten über Herzog Vincentio (der manchmal, mit Hamlet und Prospero, als Alter Ego von Shakespeare selbst angesehen wird) in „Maß für Maß“: „Sein Vorwand sei unendlich weit entfernt von seinem wahren Plan“. Oder auch in der tiefempfundenen Klage Hamlets am Ende seines ersten Monologs: „Doch brich, mein Herz, denn schweigen muß mein Mund!“

Ein solches Schlüsselelement ist herausragend in der Problem-Tragödie von „Hamlet“, in dem der Held, wenn auch in der lutherischen Universität Wittenberg ausgebildet, zusammen mit seinem Freund Horatio und den beiden vom König bestimmten Spionen, Rosenkranz und Güldenstern, sich auf seiner Rückkehr nach Dänemark befindet. Dort steht die alte Ordnung vertreten durch den Geist seines Vaters im Gegensatz zu einer neuen Ordnung, die vor kurzem von seinem Onkel Claudius mit der Hilfe des Oberkämmerers Polonius eingeführt wurde. Die alte Ordnung ist offenbar katholisch, wie der Geist des Vaters aus dem Fegefeuer eingesteht: „Bis die Verbrechen meiner Zeitlichkeit hinweggeläutert sind“, und er drückt seine Trauer darüber aus, dass er ohne die Möglichkeit des Erhalts der letzten Sakramente der Kommunion (Wegzehrung), Beichte und letzten Ölung ermordet worden ist: „unhouseled, disappointed, unaneled“.

Die junge Ophelia darüber hinaus erinnert sich in ihrem Wahnsinn an eine Zeit, als die Menschen auf Wallfahrt zum Heiligtum „Unserer Lieben Frau in Walsingham“ gingen und Gebete für die Toten gesprochen wurden - vor der Ankunft der neuen evangelischen Ordnung. Auf der anderen Seite ist die neue Ordnung nicht so sehr protestantisch als säkular, und basiert - wie auch die religiösen Veränderungen unter Heinrich VIII. eingeführt - auf Doppel-Verbrechen des Ehebruchs (zwischen Claudius und Gertrude) und Mord (Claudius).

Dies wurde auch weitgehend von Polonius hervorgerufen, dessen Name und Charakter offenbar auf Lord Burghley hinweist, den Chef-Spion von Königin Elizabeth. Er organisierte sein erstes Spionagesystem im Jahr 1570 mit der Unterstützung von Sir Francis Walsingham, nicht nur gegen den Herzog von Norfolk bei der Ridolfi-Verschwörung - vergleiche Francis Edwards „The Marvellous Chance“ (1968) - , sondern auch ab 1574 weiter gegen die katholischen Rekusanten und die neu angekommenen Seminarpriester sowie Jesuiten ab dem Jahre 1580.

Ein verwandtes Element findet sich in einer Serie dessen, was ich als „Stücke der Enterbten“ nenne, von „Richard II“ und „Wie es euch gefällt“ bis „König Lear“. Im ersten dieser Stücke ist es zunächst Bolingbroke, der von dem eigensinnigen jungen König enterbt wird. Dann aber in der Entwicklung des Dramas kehren sich ihre Positionen um, als es der König selbst ist, der nicht nur enterbt, sondern auch abgesetzt wird. Dann erscheint ein deutlicher verbaler Kontrast zwischen Bolingbrokes Gefolgsmann Lord Fitzwater, der es als seine Absicht erklärt „So wahr ich in dieser neuen Welt zu gedeihen wünsche“, und Richards Rat an seine trauernde Königin nach Frankreich zu eilen: „Und da verschließ' dich in ein geistlich Haus“ und „es ist uns nichts übrig, als durch ein heiliges Leben die Krone in einer bessern Welt wieder zu gewinnen“. Das genau war die Situation der katholischen Rekusanten im elisabethanischen England, als so viele ihrer Töchter eine ähnliche Zuflucht auf den katholischen Kontinent als Nonnen nahmen.

Im zweiten Drama, im Wald von Arden angesetzt, gibt es einen ähnlichen Kontrast zwischen zwei Ordnungen, zwischen dem sich mit Gewalt aneigenden Herzog Friedrich und dem namenlosen verbannten Herzog mit seinen vielen „lustigen Männern“, die ihm ins Exil gefolgt sind – „wie der alte Robin Hood von England“. Darin eingeschlossen ist dieser Gegensatz, der in der Nähe des Zuhauses von Shakespeare herrschte: zwischen den protestantischen Grafen von Leicester und Warwick im östlichen Teil von Warwickshire und der katholischen Enklave, darunter Edward Arden von Park Hall, im westlichen Teil, der vom Wald von Arden bedeckt ist. Es gibt auch eine absichtliche Doppeldeutigkeit im Wald von Arden. Die dramatische Quelle, Thomas Lodges „Rosalynde“, weist auf die Ardennen in den Niederlanden hin, in der Nähe von William Allens Englischen College von Douai, wohin (wie wir es in dem Stück erzählt bekommen) „viele junge Herren scharen sich um ihn jeden Tag“.

Außerdem gibt es im Wald eine Reihe von geheimnisvollen alten religiösen Männern, die erwähnt werden, aber nie auf der Bühne erscheinen, aber sie sind dem puritanischen Pfarrer Sir Oliver Martext gegenübergestellt. Im dritten Stück „König Lear“ finden wir zwei gute Kinder sowohl vom König als vom Grafen, Cordelia und Edgar, die durch ihre leichtgläubigen Eltern enterbt, nur von den Eltern beachtet werden, wenn diese von den Fehlern ihrer Wege lernen. Aber mehr von diesem Stück später im Zusammenhang mit seinem tiefen Bezug auf die Passion Christi.

Ein weiteres wichtiges Element ist der deutliche Gebrauch des Wortes „Gnade“ mit Bezug auf die idealen Heldinnen, in „Komödie der Irrungen“ (nämlich Luciana, deren Name Licht bedeutet) oder in „Der Sturm“ (Miranda, deren Name sowohl Virgo Veneranda als auch Mater Admirabilis impliziert), mit mehr als einer Implikation der seligen Jungfrau Maria und des englischen Grußes „Gegrüßest seist du, voll der Gnade“ (von den Versionen dieses Abschnitts, die im elisabethanischen Zeitalter verwendet wurden, beinhaltet nur die katholische Reims-Version „Gnade“, in den protestantischen Versionen kommt „Gunst“ vor). Diese Implikation wird ausdrücklich in „Othello“ gemacht, wo die Heldin Desdemona bei ihrer sicheren Ankunft in Zypern von dem galanten Cassio begrüßt wird: „Heil dir, o Herrin! Und des Himmels Gnade begleite dich auf allen Seiten stets, dich rings umschließend.“

Vor allem ist es die Heldin Marina in der späten Romanze des „Perikles“, deren bloße Name nahe legt, dass Stella Maris mit Maria von St. Bernard übereinstimmt, und die von ihrem Vater fröhlich bei ihrem unerwarteten Wiedersehen angesprochen wird: „O komm hierher, du, die erzeugt, der dein Erzeuger war“ - eine wörtliche Übersetzung der katholischen Hymne Alma Redemptoris Mater: „Tu quae genuisti, Natura mirante , tuum sanctum genitorem“. Übrigens war es dieses Drama, das zusammen mit „König Lear“ vor einem Rekusanten-Publikum in Yorkshire vorgestellt wurde, am Fest Mariä Lichtmess 1610, in Verwendung der kürzlich zuvor veröffentlichten Quartos.

Noch ein weiteres Schlüsselelement kann in der Charakterisierung der drei Franziskaner, Lorenzo in „Romeo und Julia“, Franziskus in „Viel Lärm um nichts“ und Lodowick als franziskanische Verkleidung von Herzog Vincentio in „Maß für Maß“ gesehen werden. In jedem Stück erscheinen sie als vertrauenswürdige spirituelle Berater des Helden und der Heldin, deren Namen jeweils Romeo und Julia, Claudio und Hero, Claudio und Julia sind – als eine Art Vernunftschluss des Liebhabers. Den Ratschlag, den sie geben müssen, ist „sterben um zu leben“, wie es im Gedicht von Robert Southwell anklingt: „Ich sterbe lebendig“. Ihre gefällige Darstellung bietet einen Kontrast zu den puritanischen/anglikanischen Pfarrern, die in mehreren Stücken erscheinen wie Sir Nathaniel in „Verlorene Liebesmüh“, Sir Hugh Evans in „Die lustigen Weiber von Windsor“, Sir Oliver Martext in „Wie es euch gefällt“ und der Hofnarr Feste getarnt als Sir Topas, der Vikar, in „Was ihr wollt“.

Ein weiteres Schlüsselelement kann in den häufigen Verweisen auf die katholische Liturgie - verstreut in den Stücken - bemerkt werden, welches schon erwähnt wurde in den Worten des erfreuten Perikles zu seiner Tochter Marina. Aber es würde zu lange dauern, detailliert alle solche Referenzen aufzuzeigen, die ich in einem Anhang zu meiner Monographie „The Plays and the Exercises“ zusammengesammelt habe.

Nicht zuletzt (aber es gibt viele andere) ist ein Schlüsselelement Shakespeares zahlreiche Hinweise auf die Leiden der katholischen Rekusanten im elisabethanischen Zeitalter – das zugefügte Leiden der armen Heldin Lavinia in „Titus Andronicus“, das scherzende Gespräch zwischen Portia und Bassanio zum Thema Verrat und Bekenntnis, bevor er seine Wahl der drei Kästchen in „Der Kaufmann von Venedig“ macht; die Erwähnung des Martyriums des Gehängt-, Gestreckt- und Gevierteilt-Werdens in „König Johann“ und „Viel Lärm um nichts“; die Verfolgung von Edgar in „König Lear“ in Bezug auf Beobachtung von Häfen, Veröffentlichung von Proklamationen und Einsatz von Informanten, um ihn als einen Typ von gejagtem Priester erscheinen zu lassen.

Bezüglich dieses einen Punktes habe ich zwei Artikel über „Shakespeare and the Martyrs“ veröffentlicht, um die Behauptung von Graham Greene (in seiner Einführung in John Gerards Autobiographie) zu widerlegen, dass in Shakespeares Dramen „die Märtyrer schweigen“. Gut, sage ich, wenn sie still sind, können sie (wie Kartäuser) durch Schweigen sprechen.

Warum behaupten Sie, dass „Othello“, „Macbeth“ und „König Lear“ ein Passionsspiel darstellen?

Peter Milward: Die Idee, dass Shakespeare seine Stücke in einer dramatischen Tradition, die tief in das religiöse Drama des Mittelalters verwurzelt war, schrieb oder die drei Ms der „Mystery, Morality and Miracle plays“, ist eine, die zurück auf die kritischen Essays von T.S. Eliot geht. Sie wurde besser durch S. L. Bethell in seinem „Shakespeare and the Popular Dramatic Tradition“ aufgenommen, mit besonderem Bezug auf die Passionsspiele von John Vyvyan in „The Shakespearian Ethic“ (1959). Diese Idee habe ich genauer auf die ersten drei jakobinischen Tragödien „Othello“, „Macbeth“ und „König Lear“ (in dieser zeitlichen Reihenfolge) sowie auf die letzte Problem-Tragödie der elisabethanischen Zeitalters „Hamlet“ angewandt. Wahrlich „Hamlet“ ist das erste von „vier großen Tragödien“, von A. C. Bradley als solche bezeichnet, aber während diese tiefer biblisch ist - mehr als die meisten Shakespeare-Gelehrten zu erkennen bereit sind - wird sie weniger auf die Geschichte der Passion zentriert als die anderen.

Doch im Umgang mit allen vier zusammen erkenne ich, was ich als „Meta-Drama“ oder metaphysische (und religiöse) Dimension des Dramas, in zwei Monographien für das Renaissance-Institut, „Hamlet“ mit „Macbeth“ in der einen und „Othello“ mit „König Lear“ in der anderen (beide 2003 veröffentlicht) bezeichne. In diesem Zusammenhang spreche ich von drei Bedeutungsebenen in allen Stücken von Shakespeare, aber vor allem in diesen. Die erste Ebene ist offen für alle Zuschauer und Leser der Stücke, darunter die Mehrheit der Shakespeare-Gelehrten, von denen viele nicht zugeben, einen verborgenen „Sinn“ in ihnen anzuerkennen, auch wenn sie dem Dramatiker zugestehen, einer der rätselhaftesten Autoren gewesen zu sein.

Die zweite Ebene ist das, was aus einer Studie der vielen biblischen Anklänge und Anspielungen in den Stücken entsteht, wenn man sie nicht getrennt betrachtet wie die Standard-Autorität auf dem Gebiet, Naseeb Shaheen, die lediglich Anklänge notiert, ohne irgendeine besondere Bedeutung in ihnen zu bemerken. Aber alles wächst (in den Worten von Hippolyta über die Geschichte der Nacht, wie von den Liebenden in „Ein Sommernachtstraum“ erzählt) zu „etwas von großer Beständigkeit“ zusammen. In der Tat, von diesem Standpunkt aus , vor allem bei der Annäherung an die großen Tragödien, sieht man alles, wenn es auf den Kopf gestellt und von innen nach außen gedreht wurde: Wie das, was nur auf der Oberfläche weltlich schien, sich als wirklich religiös entpuppt.

Dies stimmt mit dem anhaltenden Schwerpunkt in den Stücken auf „sein“ und nicht auf „scheinen“ überein, sowie Bassanio erklärt, bevor er seine Wahl unter den drei Kästchen trifft: „So ist oft äußrer Schein sich selber fremd“, und wenn Hamlet in Reaktion auf seiner Mutter erklärt: „Scheint, gnädge Frau? Nein, ist; mir gilt kein »scheint«.“

Nun zu „Othello“ kommend, werden uns drei Charaktere von Anfang an vorgestellt: als jeweils Held, Heldin und Bösewicht, nämlich Othello, Desdemona und Jago, oder in moralischen Begriffen des Jedermanns mit seinem guten Engel auf der einen Seite und seinem Begleiter, den Teufel, auf der anderen, oder auch in den Begriffen des Mysterienspiels als Jesus, Maria und Judas. Nur, wie sich das Stück entwickelt , ändert sich Othello als Folge von Jagos Versuchung von Jesus zu Judas, während Jago nicht mehr als Judas, sondern als Satan erscheint - so wie im Johannes-Bericht vom Letzten Abendmahl von Judas gesagt wird, als er den Raum verließ, „fuhr der Satan in ihn.“ Folglich mit Othellos Mord an Desdemona, kann sie in all ihrer Unschuld implizit identifiziert werden (trotz des Unterschiedes im Geschlecht) mit Jesus in seinem Leiden und Sterben am Kreuz.

Ähnlich aber noch gegensätzlicher wird uns in „König Lear“ eine doppelte Leidensgeschichte in den Fällen der beiden guten Kinder in den parallelen Handlungssträngen Lear und Gloucester, nämlich Cordelia und Edgar, aufgezeigt. Von Beginn ihrer Verbannung für ihre Wahrheit, wird Cordelia charakterisiert in Bezug nicht auf Maria, sondern auf Jesus in seiner Passion, als sie vom König von Frankreich begrüßt wird: „Schönste Cordelia; desto reicher, weil du arm bist, desto wählenswürdiger, weil du vergessen, und desto geliebter, weil du verschmähet wirst.“ Nach ihrer Rückkehr nach Hause wird sie von ihrem Edelmann in seinen Worten zu Lear beschrieben: „Du hast eine Tochter, welche die Natur von dem allgemeinen Fluch befreit, den zwei über sie gebracht haben.“

Schließlich wird ihre Leiche auf der Bühne von ihrem trauernden Vater in einer Nachbildung der Pieta gebracht, wobei die Geschlechter vertauscht sind: Lear tritt an die Stelle der trauernden Mutter und Cordelia steht für den vom Kreuz genommenen Christus. Edgar spricht bei seiner Flucht aus dem Haus seines Vaters von sich selbst als zu einem „Nichts“ reduziert, was Paulus „Selbstentäußerung“ Christi (Brief an die Philipper) nennt, er ist „das Ding selbst“ in den Augen von Lear und wird „ein Wurm und kein Mann“ von seinem Vater Gloucester gerufen. Darüber hinaus endet das Spiel, nicht so wie „Hamlet“ als ein Fest in des Todes „ewiger Zelle“, sondern eher in einer Abfolge von gebrochenen Herzen, mit Kent, Gloucester und Lear selbst, folgend der Episode des Durchstoßens der Seite des gekreuzigten Heilands, wie Edgar bei der Beobachtung des Treffens der beiden alten Männer, einer verrückt gemacht durch seine undankbaren Töchter und der andere geblendet durch den Verrat seines unehelichen Sohns wiederholt: „O herzdurchbohrender Anblick!“

In „Macbeth“ ist der Held mit seiner Heldin zusammen ein Bösewicht. In seinem Selbstgespräch beim Verlassen der Halle, wo Duncan mit seinen Lehnsherren schlemmt, hört Macbeth die Worte von Jesus zu Judas: „Was du tust, das tue bald!“, mit der Antwort: „Wärs abgetan, so wie's getan, wärs gut, 's wär schnell getan.“ Anschließend, als er die Stufen zur Duncans Schlafkammer hinaufklettert, mit der Absicht, seinen königlichen Herrn zu verraten und zu ermorden, stellt er sich vor, dass er einen Dolch vor sich sieht, von dem „gouts of blood“ tropfen. Das ist eine Anlehnung an die Tropfen Blutes (lateinisch: guttae sanguinis), die Jesus in seiner Todesangst geschwitzt hat.

Wenn Macbeth Judas ist, ist Duncan Jesus, wie er in der Tat sogar von seinem Mörder als „der gnädige Duncan“ gelobt wird. Die gleiche „Gnade“ wird in Duncans Sohn und Erbe Malcolm am Ende des Dramas gezeigt, als er beschließt, alle Angelegenheiten in seinem neuen Reich „durch die Gnade der Gnade“ zu begleichen. Es gibt auch einen dritten Beteiligten an dieser Verteilung der Gnade, den heiligen Eduard, der auch „voll der Gnade“ erklärt wird, indem er Malcolm beim schlussendlichen Sturz von Macbeth hilft.

Aber das ist nicht alles, was es zum Meta-Drama in diesen drei Stücken zu sagen ist. Da bleibt noch eine dritte Ebene, in der der Dramatiker nicht nur von der Oberfläche des Stücks zum biblischen Unterstrom mit Schwerpunkt auf der Passionsgeschichte sieht, sondern zur Fortsetzung der Passion in aktuellen Ereignissen, nämlich in den Leiden der katholischen Gläubigen in England - seit der Zeit als Heinrich VIII. mit Rom brach, den Titel des Oberhauptes der Kirche in England beanspruchte und daranging, alle Klöster und Heiligtümer in seinem Reich abzuschaffen.

Während also für die zweite, biblische Ebene der Dramatiker gesehen werden könnte, der an den Verstand und die Herzen der Katholiken und Protestanten in seinem Publikum appellierte, da die Bibel auf jeder Seite als das Wort Gottes anerkannt wird - nur die Katholiken gehen weiter von der Bibel zur Tradition. In der dritten Ebene spricht er nicht so viel die Katholiken in seinem Publikum an, sondern gibt ihre innersten Gedanken und Gefühle wider. Er nimmt sozusagen einer der berühmtesten Gedanken von Pascal in dessen „Pensees“ vorweg: „Jesus Christus ist in Agonie bis zum Ende der Welt.“

Oder besser gesagt: Er entwickelt und wendet auf seine katholischen rekusanten Zeitgenossen an, was Paulus zu den Kolossern sagte: „Ich ergänze in meinem Körper, was an den Leiden Christi noch fehlt.“ Dies ist, was er in seinen Stücken vom ersten bis zum letzten konsequent zeigt – wie ich in der Beschäftigung mit dem wichtigsten Element der „Märtyrer“ erwähnte – außer in der letzten Romanzen oder Tragikomödien schaut er optimistischer auf ein Ideal, sogar auf eine ökumenische Wiedervereinigung zwischen Katholiken und Protestanten, in den abschließenden Worten von Cymbeline: „Ein römisch und ein britisch Banner wehe freundlich vereint“.

Autor:
  • Porträtfoto von Markus Langer
    Markus A. Langer
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