Ruhestand: Kardinal Schönborns Zuhause
GlaubenszeugnisIn der Dammstraße in Wien-Brigittenau lebt eine Gemeinschaft in radikaler Einfachheit und in Freundschaft mit den Armen: die Kleinen Schwestern vom Lamm. Hier wird Kardinal Christoph Schönborn, langjähriger Wegbegleiter der Gemeinschaft, seinen Ruhestand verbringen.
Zeichen des Friedens im Herzen von Wien
Mitten in der bunten Vielfalt des 20. Wiener Bezirks, in der Dammstraße 20, liegt eine stille Oase: das Kloster der Kleinen Schwestern vom Lamm. Acht Schwestern leben hier, geprägt von franziskanischer Einfachheit und dominikanischer Spiritualität. Ihre Mission? Ein Zeichen der Freundschaft und des Friedens Gottes in einer multikulturellen Umgebung zu sein. In naher Zukunft wird hier auch Kardinal Christoph Schönborn, langjähriger Unterstützer der Gemeinschaft, seinen Ruhestand verbringen.
Einfachheit als Lebensstil
Die Ordensgemeinschaft, 1983 in Frankreich gegründet, ist ein junger Zweig des Dominikanerordens und zählt heute etwa 140 Schwestern und 25 Brüder in neun Ländern. In Wien besteht das Kloster seit 2012 und hat sich zu einem Ort der Spiritualität und gelebten Nächstenliebe entwickelt. Die Schwestern haben bewusst einen einfachen Lebensstil gewählt, wie Schwester Petra – sie stammt aus Niederösterreich – im Gespräch mit dem SONNTAG betont: „Wir leben sehr einfach, wie der Großteil der Weltbevölkerung, der arm ist.“ Gekleidet sind die Ordensfrauen in mittelblaue Habits mit dunkelblauem Schleier.
Gebet, Mission und Zuhören
Der Alltag der Schwestern ist von Gebet, Studium und Mission geprägt. Der Tag beginnt früh, um 6:30 Uhr, mit dem Stundengebet und stiller Anbetung. Nach Frühstück und Studium widmen sich die Ordensfrauen praktischen Aufgaben wie Kochen, Putzen oder der Vorbereitung der Liturgie. Doch das Herzstück ihrer Berufung ist die Mission. „Wir gehen zu zweit oder zu dritt, beten vorher, wo uns der Herr hinschicken will, und klopfen an die Türen der Menschen“, erklärt Schwester Petra. „Manchmal bitten wir um ein Stück Brot, manchmal geht es nur darum, zuzuhören.“ Dieses Zuhören sei eine zentrale Geste der Freundschaft: „Wir wollen den Menschen Gemeinschaft schenken“, gibt die aus Frankreich stammende Hélène, leitende Schwester des Klosters, Einblick. Die Ordensfrauen teilen nicht nur das Wort Gottes, sondern auch das Brot mit den Bedürftigsten. Sie besuchen Suppenküchen und Wärmestuben, um mit Obdachlosen am Tisch zu sitzen. „Wir wollen ihnen unsere Freundschaft schenken, ihnen zuhören“, so die Ordensfrauen.
Kardinal Schönborn und die Gemeinschaft vom Lamm
Kardinal Schönborn ist der kirchenrechtliche Verantwortliche für die Gemeinschaft vom Lamm und kennt sie seit 50 Jahren. Für die Schwestern ist er nicht nur ein Hirte, sondern auch ein Freund. Die Ordensfrauen nennen ihn Pater Christoph. Wie sich sein Ruhestand im Kloster gestalten wird, bleibt offen. Doch eines ist sicher: Sein Einzug wird eine Bereicherung für die Gemeinschaft sein. Das Kloster, ein schlichter Holzriegelbau, umfasst eine Kapelle, die von der Straße aus zugänglich ist. Sie lädt Passanten ein, innezuhalten und zu beten. Daneben gibt es ein kleines Oratorium und die Wohnräume der Schwestern. „Wir haben kein warmes fließendes Wasser, aber wir wärmen es im Winter“, beschreibt Schwester Hélène ihren Alltag. Diese Einfachheit ist für die Schwestern ein Ausdruck der Solidarität mit den Armen.
Versöhnung als Lebensmotto
Die spirituelle Tiefe der Gemeinschaft zeigt sich besonders in ihrem Motto: „Selbst wenn ich verletzt werde, höre ich nicht auf zu lieben.“ Für die Schwestern ist dies nicht nur ein Leitspruch, sondern eine tägliche Herausforderung. „Die Versöhnung und der Friede in der Gemeinschaft sind für uns das Wichtigste“, erklärt Schwester Hélène. „Das ist unsere Freude und unsere Herausforderung für den Alltag.“ Mit ihrem Leben und Wirken sind die Kleinen Schwestern vom Lamm ein lebendiges Zeugnis für eine Spiritualität, die sich nicht in Worten erschöpft, sondern in Taten entfaltet. Ihr Kloster in Wien-Brigittenau ist ein Ort des Gebets und ein Zeichen der Hoffnung – auf Frieden und Versöhnung in einer oft unversöhnten Welt.