Kann Glaube heilen?

Podiumsdiskussion
Ausgabe Nr. 36
  • Spiritualität
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Das Abschlussfoto der Podiumsdiskussion.
Das Abschlussfoto der Podiumsdiskussion mit dem Hausherrn Rektor P. Marek Pučalík, Johann Philipp Spiegelfeld, Ingrid Marth, Chefredakteurin Sophie Lauringer, Larry Hogan und Karl Hunstorfer.
© Magdalena Gruber
Die Podiumsdiskussion fand in der Karlskirche in Wien statt.
Die Podiumsdiskussion "Kann Glaube heilen?" fand in der Karlskirche in Wien statt. ©pixabay
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Die Podiumsdiskussion fand in der Karlskirche statt.
Die Podiumsdiskussion fand in der Karlskirche statt. ©Magdalena Gruber
"Der Sonntag"-Chefredakteurin Sophie Lauringer moderierte die Podiumsdiskussion "Kann Glaube heilen?".
"Der Sonntag"-Chefredakteurin Sophie Lauringer moderierte die Podiumsdiskussion "Kann Glaube heilen?". ©Magdalena Gruber
Ingrid Marth ist Leiterin des Mobilen Palliativteams der Caritas Socialis in Wien.
Ingrid Marth ist Leiterin des Mobilen Palliativteams der Caritas Socialis in Wien. ©Magdalena Gruber
Johann Philipp Spiegelfeld ist ehrenamtlicher Kommandant des Malteser Hospitaldienstes.
Johann Philipp Spiegelfeld ist ehrenamtlicher Kommandant des Malteser Hospitaldienstes. ©Magdalena Gruber
Karl Hunstorfer ist Theologe und lehrt an der Universität Wien.
Karl Hunstorfer ist Theologe und lehrt an der Universität Wien. ©Magdalena Gruber
Monsignore Larry Hogan ist seit 2001 Exorzist der Erzdiözese Wien.
Monsignore Larry Hogan ist seit 2001 Exorzist der Erzdiözese Wien. ©Magdalena Gruber

Im Juni widmete sich eine Podiumsdiskussion der Frage: Kann Glaube heilen? Die Heilungskraft des Glaubens wurde aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet, von der Theologie bis in die Onkologie. Dazu eingeladen hatte das Rektorat der Kreuzherren mit dem Roten Stern an der Wiener Karlskirche. Eine Zusammenfassung.

Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von Chefredakteurin Sophie Lauringer. Zu Gast waren Ingrid Marth, Leiterin des Mobilen Palliativteams der Caritas Socialis in Wien, der Theologe, Priester und Onkologe Karl Hunstorfer, Johann Philipp Spiegelfeld, Kommandant des Malteser Hospitaldienstes, und Monsignore Larry Hogan, Exorzist der Erzdiözese Wien. 

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„Durch seine Wunden seid ihr geheilt“ (1 Petr 2,24) schreibt der Heilige Petrus an alle, die an Christus glauben. Im Glauben an ihn, seinen Tod und seine Auferstehung liegt Heilung. Hausherr Rektor Pater Marek Pučalík leitete die Podiumsdiskussion ein und meinte: „Die Karlskirche ist ein Heilsort: Das war sie früher, als die Kreuzherren hier ein Spital betrieben, das will sie auch heute sein durch Gebet und durch tätige Nächstenliebe.“ Mit ihrer Seelsorge in der markanten Barockkirche solle diese ein Ort sein, an dem Menschen durch Gott und den Glauben Heilung an Leib und Seele erfahren. Und doch bleibt die Frage: „Ist unser Bemühen, überall auf der Welt den Menschen Heilung durch den Glauben zuteilwerden zu lassen, nicht in Wahrheit vergebens? Ist eine solche Haltung im Lichte moderner Medizin und Wissenschaft noch haltbar?“ Oder kurz gefragt: „Kann Glaube heilen?“

Kurz gefragt: „Kann Glaube heilen?“

„Wir begleiten oft Menschen, wo wir in einer Situation sind, wo wir nichts mehr für sie tun können“, so die Leiterin des Mobilen Palliativteams der Caritas Socialis in Wien. Sie begleitet Menschen bis zum letzten Atemzug. Dabei geht es um Themen, die auch die Betreuerinnen und Betreuer tief berühren. „Wir kommen unmittelbar mit dem Tod, dem Abschiednehmen und der Vergänglichkeit in Kontakt“, erzählt Ingrid Marth. 

„Wir kommen unmittelbar mit der Vergänglichkeit in Kontakt.“

Ingrid Marth 

Glaube: Hoffnungsort zur Stärkung

Es gibt viele Ziele für eine Wallfahrt. Ein sehr beliebtes und bekanntes ist Lourdes in Frankreich. An der Quelle von Massabielle erleben Menschen spirituelle Kraftmomente, aber es gibt auch anerkannte Heilungen. Johann Philipp Spiegelfeld begleitet mit dem Malteser Hospitaldienst die Klientinnen und Klienten. „Für diese Menschen ist es einer der wenigen Momente, wo sie ihre Wohnung verlassen und rauskommen.“ Aus seiner Erfahrung weiß er: „Das ist eine Reise zu einem Ort der Hoffnung.“ Der Kommandant des Malteser Hospitaldienstes betont, dass nicht nur die Klientinnen und Klienten beschenkt werden, sondern dass er als Betreuer auch viel zurückbekommt. „Es ist ein Privileg, nicht nur helfen zu können, sondern auch helfen zu dürfen“, betont er. „Durch die Wallfahrt verstehen die Menschen wieder, dass sie nicht selbst schuld sind an ihrer Krankheit.“ Das Miteinander ist kraftgebend an diesem besonderen Ort. „Man spürt das Gebet, obwohl jeder in einer anderen Lebenssituation ist und eine andere Sprache spricht“, so Johann Philipp Spiegelfeld. Mittlerweile wurden im bekannten Wallfahrtsort 70 von 7.000 medizinischen Heilungen von der katholischen Kirche als Wunderheilungen anerkannt. Ein interessantes Detail: Da Unmögliches an diesem Ort möglich werden kann, gehen auch Ärzte direkt hinter dem Allerheiligsten. Denn oft passieren Wunder. 
 

Glaube an Auferstehung

„Die Menschen brauchen beides – einen Arzt und einen Theologen“, so Karl Hunstorfer. Er ist Theologe an der Universität Wien, Onkologe im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder und Priester. „Als Theologe versucht man auch rational zu denken.“ Auf die Frage, ob Glaube heilen kann, antwortet er: „Theologisch gesehen heilt der Glaube seelisch, aber nicht im biologischen Sinn.“ Dabei geht der Seelsorger und Arzt auch auf die österliche Botschaft ein, die die Grundlage für die Hoffnung und das Heil ist.  „Ein Christ, der weiß, dass ihm durch die Taufe und die Firmung die Ewigkeit schon geschenkt ist, muss der Welt nicht alles abverlangen.“ Dennoch sagt er: „Nur beten und glauben ist zu wenig – man muss auch handeln.“ Der Theologe steht oft in einem Spagat seiner beiden Disziplinen. „Glaube und Natur darf nicht getrennt werden – entweder oder ist falsch. Wir sind Mensch, Körper, Seele, Geist“, sagt Karl Hunstorfer kritisch.

Exorzimus als Heilung

Monsignore Larry Hogan war von 2012 bis 2023 Vizepräsident des internationalen Vereins der Exorzisten. „Exorzismus gehört genau gesagt zur Liturgie“, so der gebürtige Amerikaner. 
Der Person werden im Vorhinein Fragen zu ihren körperlichen und psychischen Beschwerden gestellt. Dann sucht das Team mit Monsignore Larry Hogan nach einem passenden Priester, der diesen religiösen Ritus durchführt. „Ich nehme die Gedanken, die die Menschen während der Sitzung äußern, sehr ernst. Mein Team unterstützt mich in schwierigen Situationen“, äußert der Seelsorger.
 

Glaube und Beziehung als Hilfe 

„Menschen, die glauben, haben eine Stütze in der schwierigen Zeit des Sterbens, wohingegen stellen sich viele Menschen, die keinen Glauben haben, die Frage, wie es mit ihnen weitergeht“, so die Leiterin des Mobilen Palliativteams bei Caritas Socialis in Wien. Der Theologe und Onkologe Karl Hunstorfer ergänzt: „Eine Studie der WHO hat gezeigt, dass religiöse Menschen, egal welcher Religion, weniger krank sind und leichter sterben können“. Johann Philipp Spiegelfeld verweist auf die Krankensalbung, eines der Sakramente, das immer wieder Kraft geben kann. Glaube wurde in der Podiumsdiskussion aber nicht nur als Sterbehilfe angesprochen, sondern auch als mögliche Gefahr, wenn die Schulmedizin ignoriert wird. 

Glaube an die Heilung durch Gott

Der Glaube an die Heilung durch Gott hat Grenzen, wenn auf den Rat der Ärzte nicht gehört wird. Und wie geht es Betroffenen? Eine besondere Gruppe folgte der Einladung zur Podiumsdiskussion: Der Aphasiechor begleitete den Abend musikalisch. Warum dieser Chor?  Aphasie ist eine Sprachstörung, ausgelöst durch eine Schädigung des Gehirns. Ursache ist in 80 Prozent der Fälle ein Schlaganfall. Sie äußert sich beim Reden und Verstehen, Schreiben und Lesen. Betroffene sind nicht geistig beeinträchtigt, aber es fehlen ihnen die Worte. Der Text eines Liedes bei der Musik ist in einem anderen Teil des Gehirns als dem Sprachzentrum abgespeichert. Dieser Wortschatz ist zusammen mit der Musik noch abrufbar. Die Betroffenen sind so in der Lage, zu sprechen, zu summen, zu brummen oder zu singen. Die Melodien stellen die Verbindung her. Ein interessanter Aspekt rund um Heilung.

Ingrid Marth ist Leiterin des Mobilen Palliativteams der Caritas Socialis in Wien.

Podiumsgäste: Ingrid Marth

„Menschen, die glauben, haben eine Stütze in der schwierigen Zeit des Sterbens, wohingegen sich viele Menschen, die keinen Glauben haben, die Frage stellen, wie es mit ihnen weitergeht.“ - Ingrid Marth 

 

Ingrid Marth ist Leiterin des Mobilen Palliativteams der Caritas Socialis in Wien. Zusammen mit Anita Natmeßnig und Astrid Lessmann entstand das Buch Was zählt, ist dieser Augenblick. Leben lernen im Hospiz.“
 

Johann Philipp Spiegelfeld ist ehrenamtlicher Kommandant des Malteser Hospitaldienstes.

Podiumsgäste: Johann Philipp Spiegelfeld 

„Es ist ein Privileg, nicht nur helfen zu können, sondern auch helfen zu dürfen.“ - Johann Philipp Spiegelfeld 

 

Johann Philipp Spiegelfeld ist ehrenamtlicher Kommandant des Malteser Hospitaldienstes. Im Zivilberuf ist er Pilot und Fernsehmoderator der ORF-Serie „Herrschaftszeiten“. Zuletzt erschien ein Buch  unter dem Titel „Johann-Philipps Schlossbesuche“.

Monsignore Larry Hogan ist seit 2001 Exorzist der Erzdiözese Wien.

Podiumsgäste: Larry Hogan

„Ich nehme die Gedanken, die die Menschen während der Sitzung äußern, sehr ernst. Mein Team unterstützt mich in schwierigen Situationen.“ - Larry Hogan

 

Monsignore Larry Hogan ist seit 2001 Exorzist der Erzdiözese Wien. Er ist Theologe und Professor. Larry Hogan stammt aus den USA, hat in Jerusalem gelebt und ist seit 1995 in der Seelsorge tätig.
 

Karl Hunstorfer ist Theologe und lehrt an der Universität Wien.

Podiumsgäste: Karl Hunstorfer

„Glaube und Natur darf nicht getrennt werden – entweder oder ist falsch. Wir sind Mensch, Körper, Seele, Geist.“ - Karl Hunstorfer

 

Karl Hunstorfer ist Theologe und lehrt an der Universität Wien. Der Mediziner arbeitet als Onkologe im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien.
 

Autor:
  • Judith Winkler-Ebner
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