Kann ein reicher Mensch in den Himmel kommen?
Rechter Umgang mit GeldDas Verhältnis zwischen Christentum und Geld war Jahrhunderte hindurch ziemlich verkrampft. Was ist unsere christliche Sicht heute? Ist es gerechtfertigt, wenn wir Geld verleihen oder investieren, dass wir einen Gewinn dafür bekommen? Wir geben diese Frage an Samuel Gregg, Forschungsdirektor am Acton Institute, einer Denkfabrik in den USA, bei seinem Besuch in Wien weiter. Als anerkannter Experte in moralischen Fragen der Wirtschafts- und Finanzwelt antwortet er: „Ja, selbstverständlich. Wenn ich der Bank leihe, dann setzt diese das Geld durch die Vergabe von Krediten produktiv im Wirtschaftskreislauf ein. Für die Zeit, in der ich auf den Gebrauch des Geldes verzichte und selbst nicht produktiv damit umgehen kann, erhalte ich als Ausgleich einen Preis in Form eines Zinses.“
Es wird viel über die Rolle und Wichtigkeit des Geldes diskutiert. Kann Geld ein Gut sein?
Das Geld an sich kann niemals gut sein, aber es ist ein gutes Instrument, das das Leben für jeden von uns besser macht. Ohne Geld würden wir noch immer vom Tauschhandel leben: Tausche Kuh gegen Schwein! Und das wäre ein miserables Leben. Geld macht das wirtschaftliche Leben einfacher und gibt uns Möglichkeiten, unser Kapital gezielt in den unterschiedlichen Phasen unseres Lebens einzusetzen. Viele zitieren die Bibel falsch, wenn sie sagen: „Geld ist die Wurzel allen Bösen.“ Nein, die Liebe zum Geld ist das Problem, weil diese Liebe eine Art von Materialismus ist, der den Menschen, der Moral und der Spiritualität schadet.
Was sind die biblischen Wurzeln von Privateigentum?
Schon in den Zehn Geboten im Alten Testament der Bibel wird Respekt vor Privateigentum gefordert: „Du sollst nicht stehlen!“ In der Apostelgeschichte des Neuen Testaments wird von der Jerusalemer Urgemeinde berichtet, deren Mitglieder alles miteinander gemeinschaftlich teilen. Da könnte man denken, die Christen sollten alle Kommunisten sein und Privateigentum ist verwerflich. Wenn wir aber weiterlesen, sehen wir, dass der Apostel Paulus von den vom ihm gegründeten Gemeinden nicht verlangt, so zu leben wie die Gemeinschaft von Jerusalem. Nein, er sammelt wie ein moderner Fundraiser bei ihnen Geld ein, damit die Menschen in Jerusalem davon leben können.
Bis heute ist Privateigentum nichts Absolutes, einzig das menschliche Leben ist absolut. Privateigentum ist der Weg, wie materielle Dinge dem Menschen dienen können. Der große Theologe des Mittelalters, Thomas von Aquin, findet deutliche Worte: Privateigentum gibt Anreize, dass Menschen überhaupt arbeiten. Wenn alle Dinge gemeinschaftlich besessen werden, dann fühlt sich niemand dafür verantwortlich.
Lebenslauf
Ausbildung
Masterstudium in politischer Philosophie (Universität Melbourne), Doktoratsstudium in Moralphilosophie und Politischer Ökonomie (Universität Oxford)
Als Forschungsdirektor leitet er das Acton Institute in Grand Rapids, Michigan, USA. Die Mitarbeiter der Denkfabrik beschäftigen sich mit den Querverbindungen zwischen Ökonomie und Theologie bzw. Philosophie.
Lieblingsbücher neben der Bibel sind für ihn zwei Romane. In der Geschichte von „Die Kraft und die Herrlichkeit“ des englischen katholischen Schriftstellers Graham Greene geht es um einen Priester während der Verfolgung der Kirche in den 1930 Jahren in Mexiko. Samuel Gregg fasziniert an dem Buch, wie anscheinend sündige und hoffnungslose Menschen durch Christus verwandelt werden.
In „Des Teufels Advokat“ des Australiers Morris West untersucht ein Priester die Heiligkeit eines Mannes, der von kommunistischen Partisanen im Zweiten Weltkrieg erschossen wurde. Gregg: „Der todkranke Priester, der ein sehr theoretisches Leben führt, versteht auf einmal während seines Aufenthalts in Süditalien die ganze Herrlichkeit von Jesus Christus und die Wahrheit des Glaubens.“
Sollen wir Katholiken speziell über ethisches Investment nachdenken?
Jede unserer Investitionen hat eine ethische Dimension. Vom Standpunkt eines katholischen Christen bedeutet ethisches Investieren, nichts Böses zu tun. Die Zehn Gebote geben eine klare Richtlinie vor und helfen uns zu entscheiden, welche Investitionen gut sind. Wenn wir danach vorgehen, können wir nicht viele moralische Fehler machen. Viele Produkte auf dem Weltfinanzmarkt mit dem Stempel „Ethisches Investment“ haben nicht wirklich viel mit dem christlichen Verständnis von einem moralischen Leben zu tun, sondern Investmentstrategien werden oft mit politischem Aktivismus vermischt, ein Beispiel dafür ist etwa die Unterstützung einer umweltverträglichen Produktion.
In Ihrem Buch „Für Gott und den Profit“ zeigen Sie auf, dass das Christentum ein entscheidende Rolle im Aufstieg von modernen Wirtschaften spielte. Welches konkrete Beispiel kommt Ihnen spontan in den Sinn?
Christen haben sehr viel für die Entwicklung des Banken- und Finanzwesens beigetragen. Es ist keine Erfindung der Aufklärung oder der Moderne. Nein, es stammt aus der katholischen Welt. Theologen des Mittelalters und der frühen Neuzeit haben viele zentrale Finanzeinrichtungen und -instrumente, die wir heute als selbstverständlich hinnehmen, entwickelt. Sie waren keine Ökonomen, wie wir sie heutzutage kennen, aber sie hatten einen sehr tiefen Einblick in das Wesen des wirtschaftlichen Lebens. Ironischerweise haben sie in ihrer Beschäftigung mit Fragen der Moraltheologie Basisfunktionen eines Wirtschaftssystems herausgefunden, wenn wir an heutige gängige Begriffe wie Opportunitätskosten und komparative Vorteile denken oder wie Zinsraten Auskunft über den Risikograd verschiedener Unternehmungen geben. Neben den theoretischen Überlegungen gab es viele praktische Umsetzungen: Ordensgemeinschaften wie die Franziskaner, die sich eigentlich ganz der Armut verschrieben und sich von weltlichen Dingen gelöst haben, gründeten eine Reihe von Finanzinstituten. Im Zentrum stand besonders der Geldverleih an arme Menschen, die sonst keinen Kredit bekommen hätten. Einige dieser Institute bestehen heute noch als größere Banken.
Privat
Leben ist ...
Wenn wir unser Leben ganz auf den Herrn Jesus Christus ausrichten, dann können wir alle Schwierigkeiten überwinden. Dann kommen wir zu einem Leben in Fülle und des Glücks.
Sonntag ist ...
für mich der Tag, an dem ich mich völlig auf Jesus konzentriere. Ich gehe zur Heiligen Messe, ich bete und lese Stellen in der Bibel. Ich denke über meine Schwächen nach und über das, was mir in dieser Woche gelungen ist.
Glaube ist ...
Ich war immer auf der Suche nach Wahrheit und habe sie im katholischen Glauben gefunden. Wenn ich im Neuen Testament der Bibel lese, muss ich immer wieder festzustellen, dass ich die Person Jesus sehr überzeugend finde. Ich versuche die Vorgaben des Glaubens zu leben, auch wenn ich öfters scheitere.
Nach Ihrer Auffassung kann ein Leben im Finanzwesen durchaus als Berufung gedacht werden. Warum?
Wie Menschen zu Priestern, Ärzten, Rechtsanwälten berufen sind, sind manche auch für die Arbeit in der Finanzwelt berufen. Die Finanzwirtschaft hat einen sehr schlechten Ruf und sogar Menschen, die viel davon verstehen, sehen es moralisch problematisch an. Deshalb ist es dringend notwendig, dass Menschen ihre Berufung für diesen Teil der Wirtschaft verspüren, um ihn auf ein gesundes Fundament zu stellen. Sie helfen anderen zu verstehen, wie dieser Wirtschaftszweig funktioniert, dass er Wohlstand schaffen und uns freier, glücklicher und erfolgreicher machen kann.
Eine uralte Frage, die uns stets begleitet: Kann ein reicher Mensch in den Himmel, in das Reich Gottes kommen?
Jesus sagt uns nicht, dass der Besitz von Vermögen automatisch ein Hindernis ist, das ewige Heil zu erlangen, und man in die Hölle kommt. Wenn wir uns die Bibel, Altes und Neues Testament, ansehen, dann ist Geld und Reichtum nicht das eigentliche Problem, sondern wenn wir Geld zum Götzen machen und es vor Gott stellen. Das heißt nicht, dass reiche Menschen nicht in den Himmel können, sondern es ist eine klare Warnung: Jeder materialistisch denkende Mensch, auch wenn er nicht vermögend ist, setzt sein Seelenheil aufs Spiel.