Österreichs endlose Leitkultur-Debatte

Hirtenhund
Ausgabe Nr. 15
  • Hirtenhund
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©Der SONNTAG

Der Hirtenhund "bellt" über die Leitkulturdebatte.

Ich gebe zu, mit vier Pfoten tanzt es sich nicht gut. Ständig ist irgendeine Stelze im Weg. Aber was gerade noch geht, ist der Langsame Walzer. Eins, zwei, drei, schööön langsam immer im Kreis herum. Bissi Bewegung, ohne dabei von der Stelle zu kommen. Das ging mir zuletzt durch den Kopf, als ich die verschiedenen, auch kirchlichen Meldungen rund um die schwarze Wahlwerbeveranstaltung namens „Leitkulturdebatte“ las. Man ventiliert permanent irgendwas, aber weiter kommt man letztlich nicht. Am Ende ist einem schwindelig und man ist allen möglichen Leuten auf die Füße getreten. Eine Leid-Kultur halt. Wie beim Langsamen Walzer. „Den Schwung holen sich die Tänzer mit dem Schritt beim ersten Taktschlag. Danach erschöpft sich dieser Schwung auf dem Weg nach oben bis zum Schließen der Füße beim dritten Taktschlag“, weiß Wiki. Kreisbewegung. Alles wieder von vorn.

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Da ich aber kein Spielverderber sein möchte und die vielen wohlmeinenden Kommentare wohlmeinend aufgreife, die den „Nachdenkprozess zur Überprüfung des Gemeinsamen“ loben, hier einige Schlagworte, die man mit unserem schönen Land verbindet: Die Kaffeehaus-Kultur natürlich. Das Punschkrapferl, den Weißen Spritzer, die Melange, das Soda Zitron, das lässige „Passt scho’“ (auch in seiner Variation „Geht scho’“), Almdudler, k&k, Neujahrskonzert, Mozart, Eurofighter, Schnitzel, Germknödel, Falco, Toni Polster, Gemischter Satz, aber, ach, auch Raunzen – und Mauthausen. Topaktuelles Leitkultur-Update: Rene Benko und Egisto Ott – Immobilien-verliebter Milliarden-Versenker und Russland-verliebter Daten-Verkäufer. So sind wir nicht!, mag man da rufen. Stimmt – um mit Karl Kraus zu antworten: Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst. Auch das sind wir. 

Und vielleicht ist auch das zumindest andeutungsweise Führen einer Debatte über eine Leitkultur, während rundherum die Welt in Flammen steht, eine typisch österreichische Sache. Aber ernsthaft und zum Mitschreiben: Ein moderner liberaler Rechtsstaat kann seinen Bürgern keine andere Leitkultur vorschreiben, als diese, die durch die feine Mechanik des Rechts und der zugrunde liegenden Grund- und Freiheitsrechte gegeben ist. Versuche, dies auszuhebeln, führen in illiberale Zustände. Und in Konflikt mit der Europäischen Union sowieso. Es hilft also nix. Wir müssen einander aushalten. In aller Verschiedenheit, in aller Andersheit. Darauf einen Langsamen Walzer. Wenn es sein muss, sogar mit Egisto Ott. Eins, zwei, drei … und wieder von vorn. 

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