Ikone: Fenster zum Himmel

Ikonen schreiben
Ausgabe Nr. 2
  • Kunst und Kultur
Autor:
Schwester Rafaela Kolodziejak sagt, man braucht keine Erfahrung im Malen, um eine Ikone zu schaffen.
Schwester Rafaela Kolodziejak sagt, man braucht keine Erfahrung im Malen, um eine Ikone zu schaffen. ©Benediktinerinnen der Anbetung
Warum eine Ikone eigentlich geschrieben und nicht gemalt wird.
Warum eine Ikone eigentlich geschrieben und nicht gemalt wird. ©Benediktinerinnen der Anbetung
Beim Ikonenmalen kann man nichts erzwingen, aber viel gewinnen.
Beim Ikonenmalen kann man nichts erzwingen, aber viel gewinnen. ©Benediktinerinnen der Anbetung

Eine Ikone zu malen, oder zu schreiben, wie eine andere Bezeichnung lautet, ist mehr als nur ein Akt des Malens und Gestaltens. Es ist ein Gebet, eine besondere Art der Verkündigung. Ein Weg in die Nähe Gottes und oft auch zu sich selbst.

Es ist bereits der vierte Tag eines Ikonenmalkurses, als ich an einem Donnerstagvormittag ins Kloster der Benediktinerinnen der Anbetung im 16. Wiener Gemeindebezirk komme. Die Atmosphäre ist ruhig und konzentriert, im Hintergrund spielt leise, spirituelle Musik. Schwester Rafaela Kolodziejak, die Leiterin des Kurses, heißt mich herzlich willkommen. „Geh ruhig herum“, sagt sie leise zu mir. „Schau dir alles an. Wenn du Fragen hast, dann sag es einfach.“

Werbung

Vom Malen von Ikonen

Ich tue, wie mir gesagt wurde, gehe durch den Raum. Sechs Frauen und ein Mann sitzen hier. Jeder hat seinen eigenen Arbeitsplatz: Eine Schreibtischlampe steht da, ein Wasserglas und Plastikschälchen mit Farben, dazu verschiedene Pinsel. Außerdem findet sich auf jedem Tisch eine winzig kleine Staffelei mit einem Gebet und die Vorlage für die Ikone, die gemalt wird. Ich werfe einen Blick auf die Werke der Teilnehmenden – sehe, was in den vergangenen vier Tagen bereits entstanden ist. „Am Beginn des Kurses haben wir die Motive ausgesucht“, erklärt mir Schwester Rafaela. „Wobei ,aussuchen‘ dabei ein dehnbarer Begriff ist: Man sagt nämlich eigentlich, dass man sich die Ikone, die man malt, nicht selbst aussucht, sondern die Ikone sucht einen aus.“ Anfängern allerdings wird meistens geraten, mit Christus zu beginnen. „Das macht auch Sinn“, sagt Schwester Rafaela. „Denn ohne Menschwerdung Christi wäre die Darstellung seines Antlitzes nicht möglich.“ Wenn das Motiv feststeht, wird der nächste Schritt hin zum eigentlichen Malen gesetzt. „Konkret bedeutet das, dass wir auf den bereits grundierten Holztafeln eine Skizze machen, das heißt, die Konturen der Vorlage mit einer speziellen Technik auf die Holztafel übertragen“, sagt Schwester Rafaela. „Und erst danach beginnt die Arbeit mit dem Pinsel.“ Gemalt wird mit Naturpigmenten, die gerieben und gemahlen in Form eines Farbpulvers mit Eigelb und Weißwein angerührt werden. Das Gold, das verwendet wird, ist kein Pulver, sondern kommt in hauchdünnen Platten, etwa zwei mal fünf Zentimeter groß, und wird „ganz sanft auf den Untergrund gedrückt“, erklärt Schwester Rafaela. 
 

Jeder kann eine Ikone malen

Ich vergleiche die bereits entstandenen Bilder mit der Vorlage, die zum besseren Abmalen auf dem Tisch liegt. Es gibt Christusdarstellungen, einen Engel, auf einem Bild sogar mehrere Gestalten. Manche Ikonen wirken so gut wie fertig. Bei anderen scheint noch das eine oder andere zu fehlen. Jede einzelne aber ist schon jetzt wunderschön. Karin, eine der Kursteilnehmerinnen, sitzt mit nachdenklichem Gesicht vor ihrer Ikone, einer Christusdarstellung. „Das ist nicht meine erste“, erzählt sie mir, als ich mich neben sie stelle. Wohl auch deshalb, weil sie schon auf eine gewisse Erfahrung zurückblicken kann, hat sie die Vorlage leicht verändert. Der Hintergrund ist in ihrem Bild gold und nicht blau. „Besonderes Augenmerk habe ich dieses Mal auf den Gesichtsausdruck von Christus gelegt“, sagt sie. „Gerade auf einer Ikone hat Christus in meiner Wahrnehmung oft einen sehr strengen Gesichtsausdruck und das hat dann halt auch einen Einfluss auf die Stimmung des Bildes. Mir war wichtig, dass ich diese Strenge ein bisschen entschärfe.“ Das Schreiben der Augen und auch des Mundes war deshalb eine besondere Herausforderung. „Aber so ist es jetzt gut.“
 

Man sucht sich die Ikone, die man malt, nicht selbst aus – sondern die Ikone sucht einen aus.

Wie viel künstlerische Vorerfahrung man für so einen Ikonenmalkurs braucht, möchte ich von Schwester Rafaela wissen. „Das werde ich immer wieder gefragt“, sagt sie. „Und die Antwort, die ich darauf gebe und die immer wieder für Erstaunen sorgt, ist: Gar keine.“ Gabriele, die vor sich eine Christusikone liegen hat, schmunzelt bei Schwester Rafaelas Worten. Sie ist eine von jenen, die tatsächlich gänzlich ohne Vorkenntnisse hierhergekommen sind. „Ich habe einmal irgendwo gelesen, dass jeder Ikonen malen kann und das wollte ich am eigenen Leib erfahren“, sagt sie. „Und jetzt sitze ich hier und staune, dass das möglich ist.“ Schwester Rafaela sei aber eben auch eine besonders erfahrene Ikonenschreiberin, die ihr ganzes Wissen mit großer Geduld weitergebe. „Jeder Schritt wird von Schwester Rafaela gezeigt und begleitet. Sie erklärt alles so gut, hat auch so fundiert in das Thema Ikonen eingeführt – da fällt es leicht, das Gehörte umzusetzen, auch wenn man bisher keine Erfahrung hatte. Und wenn doch etwas nicht ganz so läuft oder man Hilfe benötigt, dann ist sie da.“ 
 

Am Anfang war ein Praktikum

Schwester Rafaela hat 2012 mit dem Ikonenschreiben begonnen. „Mehr zufällig als geplant“, erzählt sie mir. „Gott sei Dank gibt es das ja im Leben: Situationen, die unsere Denkmuster durchbrechen und uns oft ein anderes Entwicklungspotential, mit dem wir bisher nicht gerechnet haben, öffnen: So war es auch bei mir.“ Nach der Ablegung des ersten Ordensgelübdes begann sie mit dem Theologiestudium an der Hochschule Heiligenkreuz. Im Jahr 2012 stand schließlich ein Praktikum an. „Die meisten Studierenden haben das Praktikum im Fach Religionspädagogik gemacht“, sagt Schwester Rafaela. „Da ich aber von Beruf Sonderschullehrerin und Kindergartenpädagogin bin, war es mir wichtig, einen anderen Bereich zu erkunden und zu vertiefen.“ Gerade zu dieser Zeit hatten die Benediktinerinnen in ihrem Kloster in Wien einen besonderen Gast – Schwester NadjeŽda, eine orthodoxe Nonne aus dem Konvent Sankt Elisabeth in Minsk, Weißrussland. „Eines Tages kam mir die Idee, das Kloster von Schwester NadjeŽda zu besuchen und mein Praktikum in ökumenischer Theologie zu machen, was mir erfreulicherweise auch von der dortigen Äbtissin und meinem Rektor, damals Pater Karl Wallner, genehmigt wurde.“
 

Warum eine Ikone eigentlich geschrieben und nicht gemalt wird.
Warum eine Ikone eigentlich geschrieben und nicht gemalt wird. ©Benediktinerinnen der Anbetung

Interview


Das ganze Interview mit Schwester Rafaela Kolodziejak exklusiv online.

Eine Fülle an Bildern

In Minsk hatte Schwester Rafaela dann so etwas wie eine „Begegnung mit Ikonen“ – wie sie sagt – die sie nicht nur stark beeindruckt hat, sondern ihr auch das Wesen dieser speziellen Bilder nähergebracht hat. „Bei einem Besuch in der Klosterkirche des Konvents Sankt Elisabeth fiel mir auf, dass es hier keinen einzigen Zentimeter weiße Wand gibt: überall farbenfrohe Fresken, Szenen aus den Evangelien, überall Ikonen, große und kleine Gesichter von Christus, von der Gottesmutter, den Aposteln, Engeln und Heiligen.“ Vom Reichtum der Farben und der biblischen Darstellungen fühlte sich Schwester Rafaela geradezu überwältigt. „Ich fragte die orthodoxe Schwester, die mich begleitete, ob diese Fülle an Bildern nicht das Gebet störe, ob das ständige Schauen und Anschauen nicht letztendlich eine Ablenkung sei. Aber sie antwortete mir: ,Nicht wir schauen die Ikonen an, sondern sie schauen uns an!‘ Das war die erste und wichtigste Lektion zum Thema Ikonen: Sie sind wie eine Brücke in die himmlische Wirklichkeit und schaffen Beziehung. Angesichts einer Ikone schaue nicht ich, sondern ich werde angeschaut, ja sogar ‚durchschaut‘.“ 
 

Gemalte Frohe Botschaft

Im Laufe des Aufenthaltes im Kloster in Minsk hat es sich dann ergeben, dass Schwester Rafaela für einige Wochen in die Ikonenwerkstatt des Konvents geschickt wurde, wo sie zunächst ein paar Skizzen und Übungen anfertigte. Schließlich wurde sie gefragt, ob sie die Ausbildung in der Ikonographie nicht weiterführen möchte. „Diese Einladung war für mich eine der größten Überraschungen des Lebens“, sagt Schwester Rafaela. „Und ich bin den Schwestern dort bis heute sehr dankbar dafür.“ Viel habe sie dort gelernt – worauf es beim Ikonenschreiben ankomme, wie man sie male, welche Technik man einsetzen muss, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. „Das Ikonenmalen verstehe ich als Verkündigungsdienst. Und in Abwandlung der Worte aus dem Markusevangelium: Gehet hin in die ganze Welt und malt das Evangelium!“ 
 

Nicht wir schauen die ­Ikonen an, sondern sie schauen uns an.

Begleiter auf dem Lebensweg

Zurück im Ikonenmalkurs in Ottakring: Schwester Rafaela geht mit interessiertem und wohlwollendem Blick durch die Reihen, gibt Inputs, beantwortet Fragen. Immer wieder geht es um die Farben und wie man den Farbton der Vorlage treffen kann. Jana zum Beispiel arbeitet an einem Engel für ihren jüngsten, wenn auch schon erwachsenen, Sohn. „Das mache ich für alle meine Kinder“, sagt sie: „Ich gebe ihnen einen Schutzengel mit auf ihren Lebensweg.“ Dieser Gedanke, ein lieber Mensch möge durch eine Ikone beschützt und begleitet werden, ist Schwester Rafaela sehr vertraut. „In unserer Werkstatt werden viele Taufikonen, Ikonen von Namenspatronen bestellt“, erzählt sie. „Die Auftraggeber äußern dabei den Wunsch, ihre Angehörigen mögen lebenslang von den Heiligen begleitet und unterstützt werden.“ 

Eine Ikone braucht Zeit

„Bis dieser Engel meinen Sohn begleitet, wird es aber noch dauern“, lacht Jana. Derzeit tüftelt sie an der Farbe des Hintergrunds der Engelsikone – sie zu bestimmen, ist gar nicht so leicht. „Ich bin nicht sicher, wie ich diese Farbe nennen soll“, sagt sie zu Schwester Rafaela. „Das ist mir im Moment in jedem Fall zu gelb.“ Schwester Rafaela hat ein besonders gutes Auge für die Farben, schult auch den Blick der Teilnehmenden. Bei Jana nimmt sie ein Schälchen, in dem sich bereits gelbe Farbe befindet, mischt mit geübten Handgriffen ein wenig Braun dazu und ein wenig Grün. „Versuch es damit“, sagt sie. Als Jana die frisch angerührte Farbe ausprobiert, sehe ich auch gleich die Maltechnik. Mit großer Konzentration setzt sie auf einem kleinen Flecken ihrer Ikone ganz viele winzig kleine Striche – zuerst waagrecht, dann senkrecht – malt sozusagen ein Gitter, so lange, bis es eine durchgehende Farbfläche ist. „Beim Ikonenmalen gibt es verschiedene Techniken“, erklärt mir Schwester Rafaela. „Wir hier malen mit Proplasmos-Technik. Die Bezeichnung geht auf ein griechisches Wort zurück, das so viel wie ‚Grundfarbe‘ bedeutet. Ikonen werden schichtenweise gemalt.“
 

Je ­länger an einer Ikone gemalt wird, desto besser.

Für das Malen brauche es aber nicht nur spezielle Farben und eine spezielle Technik, sondern auch besondere Pinsel. „Die Pinselhaare sind aus dem Schweif von sibirischen Eichhörnchen“, gibt Schwester Rafaela ein kurioses Detail preis. „Sie müssen sehr fein sein, damit diese Strichtechnik gelingen und man die Schichten gut auftragen kann, ohne etwas zu verwischen.“ Interessiert schaue ich Jana weiter beim Malen zu. „Bis man da etwas sieht, dauert es – wundern Sie sich nicht“, sagt sie. „Gestern habe ich nur an diesem Punkt der Flügel gearbeitet, genau hier“, sie deutet auf ein winzig kleines Fleckchen. „Ich bin mit der Farbe nicht unzufrieden, weiß aber jetzt schon, dass ich bei diesem Fleckchen erst in ein paar Tagen sehen werde, ob der Farbton auch tatsächlich der ist, den ich wollte.“ Vage bekomme ich eine Ahnung, warum Jana gesagt hat, dass es noch dauern wird, bis dieser Engel ihren Sohn begleitet.  „Im Grunde ist es so: Je länger an einer Ikone gemalt wird, desto besser, denn die Eitemperatechnik erfordert eine Trocknungszeit von mehreren Wochen“, sagt Schwester Rafaela. „Ist eine Schicht fertig, muss sie erst einmal trocknen und erst wenn das geschehen ist, kann an dieser Stelle weitergearbeitet werden. Durch die Konservierung verändert sich auch oft die Farbe, wird tiefer.“ In der Regel werde an einer Ikone zwischen drei Wochen und sechs Monaten gemalt, je nach Größe und Motiv. 
 

Wie das Leben

Eines lässt mir keine Ruhe und ich komme noch einmal auf Schwester Rafaelas Anfangsbemerkung über die künstlerischen Vorkenntnisse zurück: Wenn es die nicht braucht, gibt es sonst irgendetwas, was man mitbringen sollte? „Die Fähigkeit, sich selbst auszuhalten und nicht davonzulaufen oder aufzuhören, wenn es einmal schwierig ist“, sagt Schwester Rafaela. „Eine Ikone zu malen ist wie das Leben. Es gibt natürlich Situationen, in denen man unzufrieden ist, in denen man aufgeben möchte. Aber es ist wichtig, an diesem Punkt nicht stehen zu bleiben, sondern weiterzumachen, die Zuversicht zu haben, dass es gut werden wird, dass es schön sein wird, dass die Unzufriedenheit nicht das Ende ist. Und zu sehen, dass stehen zu bleiben keine Lösung ist.“ 


Man lerne beim Ikonenmalen deshalb auch – notgedrungen – Geduld zu haben: mit sich und mit dem, was man schaffe. „Ich habe gelernt, darauf zu vertrauen, dass ich das, was ich tue, und das, was ich schaffe, als etwas Gutes annehmen kann“, sagt etwa Jana. „Ganz egal, wie klein der Fortschritt auch objektiv sein mag.“ Beim Ikonenmalen könne man eben nichts erzwingen. „Wenn man zu gestresst ist und zu ungeduldig mit sich selbst, dann wird’s nichts. Und wenn man zu viel von sich erwartet, dann auch nicht.“ 
 

Die Sehnsucht nach dem Himmlischen

Und dieses „Mich-selber-Aushalten“ – kann man das in einem Ikonenmalkurs auch lernen? „Mir hilft da sehr das Gebet, das auf unseren Tischen steht“, sagt Jana. „Zu beten bringt mich runter, hilft mir, mich auf das einzulassen, was im wahrsten Sinn des Wortes vor mir liegt.“  „Eine Ikone ist eben nicht einfach nur ein Bild“, sagt Schwester Rafaela. „Sie entsteht im Klima des Gebetes. Bei einer Ikonen-Bestellung frage ich deshalb auch, ob der oder die Bestellende ein Anliegen hat, in dem ich beten darf. Sonst bete ich gerne das Jesusgebet. Ich kenne keine anderen Bilder, bei deren Anfertigung gebetet wird.“

Das „Malen“ einer Ikone sei deshalb auch nicht nur etwas Künstlerisches, obwohl eine fertige Ikone schon auch ein Kunstwerk ist. „Ikonenmalen ist etwas tief Spirituelles. Man muss vielleicht dafür im Glauben nicht tief verwurzelt sein, aber man muss schon eine gewisse Sehnsucht nach dem Himmlischen haben.“ Dabei sei das Beten beim Ikonenschreiben eben kein „Muss“, eher eine Selbstverständlichkeit, denn angesichts des Schönen und des Heiligen beuge sich das Knie wie von selbst. „Indem ich eine Ikone male, folge ich dem Weg der Menschwerdung“, sagt Schwester Rafaela. „Was mich persönlich sehr beeindruckt, ist die erste Phase des Pigmente-Auftragens, in der die ganze Ikone mit Lichtocker bemalt wird. So sind wir schon am Anfang der Arbeit bei der Essenz der Botschaft: ,Ihr seid das Licht der Welt!‘ Unsere wahre Identität – die ‚erste Schicht‘ unseres Daseins ist das Licht.“ 
 

Beten um die heilende Kraft

Wann das Schreiben einer Ikone abgeschlossen ist, will ich am Ende noch wissen. „Nachdem eine Ikone fertig gemalt wurde, wird sie geweiht“, sagt Schwester Rafaela. „Dafür wird bei uns der Ikonenweihe-Ritus vom orthodoxen Erzpriester Alexander Lapin in der Version vom März 2019 verwendet. Ein wunderbarer Text, der es ermöglicht, in die Tiefe der Bedeutung und in die Geschichte der Ikone einzutauchen. Im Abschlussgebet dieses Ritus wird gebetet, dass diesen Bildern, die für uns geschaffen wurden, die heilende Kraft verliehen werden möge, damit auch alles, was vor diesen Bildern im Gebet hervorgebracht wird, in Gottes Gnade und Menschenliebe gehört wird.“ 

Warum eine Ikone eigentlich geschrieben und nicht gemalt wird.
Warum eine Ikone eigentlich geschrieben und nicht gemalt wird. ©Benediktinerinnen der Anbetung

Warum eine Ikone eigentlich geschrieben und nicht gemalt wird

Das Wort Ikone leitet sich vom griechischen „eikon“ ab und bedeutet schlicht und einfach „Bild“. Doch was macht ein Bild zu einer Ikone? Die Maltechnik? Das Holz? Das Motiv? Das Gold? Warum werden Ikonen als „heilige Bilder“ bezeichnet und warum besitzen sie eine so große Anziehungskraft? 

Theologisch gesehen ist das wichtigste Element, das ein Bild zu einer Ikone macht, die enge Verbindung von Wort und Bild, die sich in der griechischen Sprache durch das Wort „graphè“ manifestiert. Der Schreiber von Texten ist der „logographos“, der Wortschreiber, der Schreiber von Bildern der „eikonographos“, der Bildschreiber. Dahinter steht die Auffassung, dass Wort und Bild gleichbedeutend sind. In den Skriptorien wurde früher durch die Mönche das Evangelium abgeschrieben. Dies ist auch in der Ikonenwerkstatt der Fall. Die Ikonen werden wieder und wieder kopiert, man sagt daher auch „geschrieben“, wie bei der Vervielfältigung des Evangeliums. Dabei geht es darum, die Botschaft Jesu von der Erlösung der Menschen so genau wie möglich durch das Bild zu verkünden. Die Farben, Gesten und all das, was die Symbolik des Bildes ausmacht, sind wie die „Buchstaben“, die zusammengestellt einen bestimmten „Text“, eine bestimmte Botschaft ergeben. 

Gemalt wird all das, was man in der Heiligen Schrift lesen kann, und die Heiligen, die durch ihre Transparenz auf Christus hin in einem bestimmten Sinne auch als Christusikonen bezeichnet werden dürfen.

Autor:
  • Portraitfoto von Andrea Harringer
    Andrea Harringer
Werbung

Neueste Beiträge

| Sonntagsjause
SONNTAGs-Jause

Sie kennt sich nicht nur in der heiligen Schrift, sondern auch beim Fasten gut aus: Katrin Brockmöller ist promovierte Theologin und Brustkreuz-Trägerin. Sie hat das Buch „Frauen*Fasten" geschrieben, indem bekannte Frauen aus der Bibel Anstöße für eine erfolgreiche Fastenzeit geben.

| Heiligenschein
Von Gott?!

Wöchentliche Heilige, vorgestellt von Bernadette Spitzer.

| Hirtenhund
Hirtenhund

Den Hirtenhund beschäftigt diese Woche der Bestseller – „Die Benedikt-Option“. Ein Buch, in dem er angesichts der globalen Krisensituation empfahl, auf die kleinzellige Pflege gläubiger Gemeinschaften zu setzen.