Heiliger Krieg in der Heiligen Nacht
Als wir vor zwei Wochen die Christbäume aufgeputzt und die letzten Geschenke verpackt haben, überfielen bewaffnete Banden im Norden Nigerias 26 von Christen bewohnte Dörfer und brachten an die 200 Menschen um. Der Konflikt dort hat vor allem ökonomische Gründe: Muslimische Nomaden aus dem Norden, in dem sich mit atemberaubender Geschwindigkeit die Wüste ausbreitet, ziehen mit ihren Viehherden immer weiter nach Süden, wo christliche Ackerbauern leben. Aber die Muslime aus dem Stamm der Fulani haben auch zunehmend Kontakt mit der dschihadistischen Boko Haram, und das Datum der Überfälle ist laut Experten genauso wenig zufällig wie bei den Pfingstmassakern 2022.
Die Umstände, unter denen Christen heute in Bedrängnis sind, sind oft ganz unterschiedlich. Ob in Mauretanien, wo vor wenigen Tagen nach einer Taufe eine Razzia gegen Christen stattgefunden hat, oder auf der philippinischen Insel Mindanao, auf der eine Bombe in einer Kirche am ersten Adventsonntag vier Menschen getötet hat, ob eine Kirche in Gaza oder ein katholisches Gemeindezentrum in Myanmar unter militärischen Beschuss genommen wird, oder ob China Christen, die aus Nordkorea geflohen sind, dorthin zurückschickt, wo sie grausame Arbeitslager erwarten – der Kontext ist jedes Mal anders und komplex, aber das Leid ist immer groß.
Wenn man ältere Jahrgänge des SONNTAG anschaut, fällt einem die ungeheure Solidarität mit der verfolgten Kirche im Ostblock auf. Was gab es damals alles an Hilfsaktionen und Gebetsaufrufen! Ich stehe etwas ratlos vor der Tatsache, dass wir heute oft nur die Achseln zucken. Müssten wir nicht mehr tun können für unsere 200 Millionen Geschwister, die wegen ihres Glaubens in Not sind?