Gottes Tempel sein

Siebter Sonntag im Jahreskreis – Lesejahr A, 19. Februar 2023
Ausgabe Nr. 7
  • Sonntag
Autor:
Foto des Apollon-Tempels
Der Apollon-Tempel stand den Korinthern vor Augen ©Niederleitner/KIZ

Kommentar zur 2. Lesung von Reinhard Stiksel, promovierter Theologe und Leiter des Bibelwerks Linz.

Die Sprache in Bildern und Gleichnissen gehört zum Repertoire biblischer Texte. Ein Bild schafft die Möglichkeit, tiefere Dimensionen eines Sachverhalts zu erschließen. Damit wird unsere kreative Vorstellungskraft angeregt. Wir beginnen eigene Assoziationen daran anzuknüpfen, die wir befreit vom Zwang vorgegebener logischer Erklärungen weiterdenken. So spricht Jesus über Gott oder das Gottesreich in Bildern und gießt sie nicht in die Form eines Katechismus.

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In der Gemeinde Gott begegnen

Auch Paulus beherrscht bildhafte Sprache. Vor allem am Beginn des 3. Kapitels im Ersten Korintherbrief sprudelt es nur so aus ihm heraus: Die Landwirtschaft und das Bauwesen dienen als Vergleich für Aufbau und Krisen der Gemeinde in Korinth. Den Höhepunkt bildet das Bild vom Tempel. War zuvor allgemein die Rede von Bauwerken, so spricht Paulus nun vom heiligsten Gebäude, dem Ort der Gegenwart Gottes. Das heißt, dass durch die gesamte Gemeinde Gott erfahrbar wird – wer also den Christ:innen in Korinth begegnet, soll eine Ahnung von Gott bekommen. Doch wie sich der Tempel von profanen Gebäuden unterscheidet, muss auch die Gemeinde andere Akzente setzen. In ihr soll die Grundhaltung des Geistes spürbar werden, von der Paulus später noch berichten wird: die gegenseitige Liebe zum Nächsten innerhalb und außerhalb der Gemeinde; sie erhält diesen Tempel aufrecht. Rangstreitigkeiten, Parteiungen und die Gier nach Macht und Einfluss bringen diesen Tempel hingegen ins Wanken. Wenn wir knapp 2.000 Jahre später unsere Gemeinden ernsthaft neu denken, sind wir gut beraten sein, dieses Bild ernst zu nehmen.

1. Lesung Levítikus 19,1–2.17–18

Heiligkeit bedeutet, Gott ähnlich zu sein. Das ist nicht nur frommer Wunsch, sondern konkreter Auftrag, der in die gelebte Nächstenliebe mündet.

Der HERR sprach zu Mose: Rede zur ganzen Gemeinde der Israeliten und sag zu ihnen: Seid heilig, denn ich, der HERR, euer Gott, bin heilig. Du sollst in deinem Herzen keinen Hass gegen deinen Bruder tragen. Weise deinen Mitbürger zurecht, so wirst du seinetwegen keine Sünde auf dich laden. An den Kindern deines Volkes sollst du dich nicht rächen und ihnen nichts nachtragen. Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.
Ich bin der HERR.

 

2. Lesung 1 Korínther 3,16–23

Paulus vergleicht die gesamte Gemeinde mit einem Tempel. In ihr soll Gottes Nähe erfahrbar werden. Rangstreit und Parteiungen hingegen können dieses Bauwerk zerstören.

Schwestern und Brüder!

Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Wer den Tempel Gottes zerstört, den wird Gott zerstören. Denn Gottes Tempel ist heilig und der seid ihr. Keiner täusche sich selbst. Wenn einer unter euch meint, er sei weise in dieser Welt, dann werde er töricht, um weise zu werden. Denn die Weisheit dieser Welt ist Torheit vor Gott.

In der Schrift steht nämlich: Er fängt die Weisen in ihrer eigenen List. Und an einer anderen Stelle: Der Herr kennt die Gedanken der Weisen; er weiß, sie sind nichtig. Daher soll sich niemand eines Menschen rühmen. Denn alles gehört euch; Paulus, Apóllos, Kephas, Welt, Leben, Tod, Gegenwart und Zukunft: Alles gehört euch; ihr aber gehört Christus und Christus gehört Gott.

 

 

 

 

 

Evangelium Matthäus 5,38–48

Jesus ermutigt zur Nächstenliebe. Diese macht aber nicht nur bei denen Halt, die mir gegenüber wohlgesonnen sind, sondern schließt auch jene ein, die mir das Leben schwer machen.

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:

Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Auge für Auge und Zahn für Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin! Und wenn dich einer vor Gericht bringen will, um dir das Hemd wegzunehmen, dann lass ihm auch den Mantel! Und wenn dich einer zwingen will, eine Meile mit ihm zu gehen, dann geh zwei mit ihm! Wer dich bittet, dem gib, und wer von dir borgen will, den weise nicht ab! Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen. Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen, damit ihr Kinder eures Vaters im Himmel werdet; denn er lässt seine Sonne aufgehen über Bösen und Guten und er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.

Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner? Und wenn ihr nur eure Brüder grüßt, was tut ihr damit Besonderes? Tun das nicht auch die Heiden? Seid also vollkommen, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist!

 

 

 

 

 

Quelle: Lektionar für die Bistümer des deutschen Sprachgebiets. Authentische Ausgabe für den liturgischen Gebrauch. Band I: Die Sonntage und Festtage im Lesejahr A, Freiburg u. a. 2019. © staeko.net

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Autor:
  • Portrait von Rainhard Stiksel
    Reinhard Stiksel
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