Gewalt gegen Frauen: Stimme gegen Stille
Angelika Ritter-GreplGewalt ist keine Randerscheinung unserer Gesellschaft. Aber sie ist tabuisiert. Wenn wir jedoch nicht über Gewalt und insbesondere Gewalt gegen Frauen sprechen, lassen wir die Betroffenen im Stich und weiterer Gewalt ihren Lauf. Wieso scheuen wir uns vor einer Auseinandersetzung mit diesem Thema? Weil es uns tiefergreifendere gesellschaftliche Probleme aufzeigt. Dazu gehören traditionelle Geschlechterstereotype. Soziale Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern begünstigen Gewalt. Denn aggressives Verhalten ist auch Teil einer Sozialisierung, bei der Gewalt als Beweishandlung einer Autoritätssicherung geduldet wird.
Als kfb fördern wir daher bewusstseinsbildende Maßnahmen zur Gleichstellung beider Geschlechter, etwa durch Youtube-Videos über faire Aufgabenverteilung von Care-Arbeit. Wichtig ist uns, dass an der Erarbeitung eines geschlechtergerechten Miteinanders Frauen und Männer gleichermaßen mitwirken. Nur durch eine beidseitige, ausgeglichene Beteiligung kann die Veränderung hin zu einem ausgewogenen, egalitären Rollenbild von Frauen und Männern dauerhaft und wirksam sein.
Neben der Aufgabe, unsere gesellschaftlichen sowie privaten Geschlechterklischees zu hinterfragen, müssen wir aber auch strukturelle Veränderungen in Angriff nehmen. Diese brauchen staatlichen Einsatz, etwa im Hinblick auf die Förderung von Gewaltforschung und Investitionen in die medzinische und psychologische Ausbildung sowie im Bereich der Soziologie und Präventionsarbeit, professioneller Begutachtung von Gewalthandlungen und vor allem der nachhaltigen Betreuung von Gewaltbetroffenen.
Anlässlich des Aktionszeitraums „16 Tage gegen Gewalt“ ist es der kfb ein besonderes Anliegen, allen Frauen in Österreich und weltweit Mut zu machen, über ihre Erfahrungen zu sprechen. Ein Viertel aller Frauen ab 15 Jahren haben in unserem eigenen Land bereits körperliche oder sexuelle Gewalt erfahren. Wir dürfen das nicht ignorieren und sind christlich wie gesellschaftlich als Frauen und als Männer dafür verantwortlich, eine friedliche und respektvolle Gemeinschaft zu gestalten. Wir müssen über Gewalt sprechen, auch wenn es unangenehm ist!
Angelika Ritter-Grepl ist Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreich (kfb).
Der Kommentar drückt die persönliche Meinung der Autorin aus!