Fürs Vorlesen ist man nie zu alt

Eintauchen in die schönsten Geschichten
Ausgabe Nr. 45
  • Soziales
Autor:
Älteres Paar beim Vorlesen
Vorlesen kann man in jedem Alter, fast an jedem Ort und so gut wie alles, was gedruckt wurde – auch Zeitungen oder Bücher, die nur mit Bildern auskommen. ©Rawpixel
Volles Bücherregal
Schön, wenn zuhause gut gefüllte Bücherregale stehen und die Bücher damit geradezu ins Auge springen. So kommt man noch mehr auf die Idee, dass gelesen – oder vorgelesen werden könnte. ©clu

Warum man für das Vorlesen niemals zu alt ist.

Wenn es draußen wieder früher dunkel ist, ist es Zeit, es sich drinnen wieder so richtig gemütlich zu machen. Ein gutes Buch gehört für viele von uns zu dieser Gemütlichkeit ganz schnell dazu. Und ein ganz besonderer Luxus ist es, wenn einem genau aus diesem Buch vorgelesen wird – ganz egal wie alt man ist. 

Werbung

Einblicke in die Welt der Manuskripte

Die Abteilung für Kinder- und Jugendbücher im Tyrolia Verlag: Zwischen 500 und 700 Manuskripte langen hier jedes Jahr aufs Neue ein. Katrin Feiner ist für das Programm, das Lektorat und die Lizenzen verantwortlich. Nicht jedes Manuskript, das sie sieht, ist dabei ein dicker Wälzer – schließlich handelt es sich um Geschichten für Kinder und gerade da kommen viele gute Geschichten auch nur mit wenigen Worten oder Sätzen, manchmal auch nur mit Bildern aus. „Vorlesen darf man da ruhig ein wenig weiter fassen. Auch das Bilderlesen ist etwas, was da hineinfällt“, sagt Katrin Feiner. „Am Ende bleibt: Aus einem guten Buch vorzulesen, eine gute Geschichte vorzulesen, das ist für alle Beteiligten – für die Zuhörenden genauso wie die Vorlesenden – eine Freude.“  

Die Essenz einer guten Geschichte

Aber was macht sie aus, die „gute Geschichte“? Kann man das überhaupt so pauschal sagen? „Diese Frage zu beantworten ist tatsächlich gar nicht so leicht“, sagt Katrin Feiner. „Die eine gute Geschichte gibt es insofern nicht, als es ja auch nicht das eine Kind gibt, den einen Menschen, der sich mit der Geschichte auseinandersetzt.“ Eine wirklich gute Geschichte sei wohl deshalb daran zu erkennen, dass sie uns „emotional zum Schwingen bringt“ und welche Geschichte das tut, ist und bleibt eine sehr individuelle Sache. „In ganz jungen Jahren hören Kinder oft das am liebsten, was sie aus ihrem Alltag kennen. Wenn sie dann selbst zu lesen beginnen, muss es spannend sein oder sie ganz besonders interessieren, um die Lesemotivation aufrecht zu erhalten“, sagt Katrin Feiner. „Je älter man wird, desto eher wird man sich vielleicht auch auf Ungewöhnlicheres einlassen können.“ Nicht zuletzt habe eine gute Geschichte natürlich nicht nur damit zu tun, welches Thema aufgegriffen wird, sondern auch, in welchem Stil darüber geschrieben wird. Klar ist deshalb auch: „Geben Sie niemals auf, die richtigen Bücher für sich zu suchen und zu finden – es gibt für jeden etwas!“ 

Ein vielfältiges Bücherregal

Und gibt es Bücher, die in jedem Bücherregal zu finden sein sollten? Die man sozusagen gelesen haben muss? „Ein Bücherregal – das von Kindern, aber auch das von Erwachsenen – kann gerne von allem etwas abbilden, was die Welt der Bücher so hergibt“, sagt Katrin Feiner. „Da kann es die Klassiker geben, Bücher, die einfach alle wichtigen Lebensfragen umfassen und sich bestimmt auch deshalb seit Jahrhunderten halten. Dann gibt es aber auch noch jene Bücher, die aktuelle gesellschaftsrelevante Themen abhandeln. Und es darf natürlich auch Bücher geben, die einfach leicht und unterhaltsam zu lesen sind, dazu Serien oder Comics. Ich bin davon überzeugt, dass wir alle Geschichten brauchen und finde es deshalb auch schön, wenn wir im Hinblick auf Bücher und Geschichten mit möglichst viel in Berührung kommen. Durch eigene Bücher, aber natürlich auch in Bibliotheken. In Österreich haben wir ja erfreulicherweise einen sehr einfachen Zugang zu Büchern.“

Vorlesen: Ein Ritual ohne Altersgrenze

Und wann ist es genug mit dem Vorlesen? „Nie“, lacht Katrin Feiner. „Absolut nie! Vorlesen – das ist so eine Sache, die man mit Kindern in Verbindung bringt, die noch nicht lesen können, und viele Erwachsene hören auch auf vorzulesen, wenn die Kinder selbst zu lesen beginnen. Aber ich sage: Fürs Vorlesen ist man nie zu alt! Und Vorlesen ist ja auch so viel mehr als einfach nur einer Geschichte zu lauschen. Es ist eine schöne Situation – eine intensive Zuwendung, vielleicht regt es zum Reden über ein schwieriges Thema an oder auch dazu, miteinander zu lachen, kritisch zu denken, Dinge zu hinterfragen.“

Die Kunst des Vorlesens erlernen

Dass Vorlesen durchwegs auch eine Kunst ist, die man sogar erlernen kann, zeigt das Angebot des Katholischen Bildungswerkes Wien „Ganz Ohr - ganz anders!“. Unter diesem Motto werden seit vielen Jahren Vorlesepaten und Vorlesepatinnen ausgebildet. Vorlesepaten sind dabei Menschen, die ehrenamtlich in Bibliotheken, Gemeinden, in Kindergärten und Pflegeheime und an viele andere Orte gehen, um dort vorzulesen. „Die Nachfrage nach dieser Ausbildung bleibt beständig groß“, sagt Birgit Rümmele, Verantwortliche für den Bereich Elternbildung im Katholischen Bildungswerk. „Unsere Kurs- teilnehmer werden dabei in die Kunst des Vorlesens eingeführt, werden von einem professionellen Stimmbildner und Schauspieler begleitet und lernen hierbei auch, worauf man achten kann, wenn man einen Text lebendig und mitreißend rüberbringen will. Geradezu nebenbei bekommt man die Gelegenheit, sich verschiedenster Literatur zu nähern, in Geschichten in anderer Art und Weise einzutauchen. Und man bekommt Tipps, wie man zielgruppengerecht ein Buch auswählen oder wie man die Vorlesesituation gestalten kann.“

Vertrauen und Erinnerungen schaffen

Ein Vorleser, eine Vorleserin zu sein, das sei schon etwas ganz Besonderes, sagt Birgit Rümmele. „Wir wissen aus verschiedensten Studien, dass diejenigen, die vorlesen, großes Vertrauen bei denen genießen, denen vorgelesen wird. Das ist bei Kindern so, aber auch bei Senioren.“ Gerade bei älteren Menschen sei es oft auch so, dass das Vorlesen Erinnerungen weckt. Oder dass das Vorlesen für sie eine Möglichkeit ist, am Leben teilzuhaben – gerade wenn man ihnen aus Zeitungen, Magazinen oder auch Pfarrblättern vorliest.

Schlagwörter
Autor:
  • Portraitfoto von Andrea Harringer
    Andrea Harringer
Werbung

Neueste Beiträge

| Hirtenhund
Hirtenhund

Der Hirtenhund bellt diese Woche über das Maskottchen im Heiligen Jahr.

| Weltkirche
Ihnen gesagt

Das Heilige Jahr wird am 24. Dezember zu Weihnachten eröffnet. Chefredakteurin Sophie Lauringer schreibt über die "Baustellenzäune" in Rom und das Maskottchen des Pilgerjahres.

| Heiter bis heilig
Anekdoten

Im Dom von Aachen wurde der Heilige Leopold jahrzehntelang mit einem anderen Heiligen verwechselt.