Führe uns nicht in Versuchung

Der Brückenbauer
Ausgabe Nr. 5
  • Brückenbauer
Autor:
Gemälde: Jesus mit Schafen
Gott versucht nicht, aber er erprobt, er prüft und läutert, er mutet uns Schweres zu, aber immer aus Liebe. Er ist unser guter Hirte. ©Stephan Schönlaub

Warum heißt es „… und führe uns nicht in Versuchung“ und nicht doch besser: „… und führe uns in der Versuchung“? Weihbischof Stephan Turnovszky antwortet unseren Lesern.

Frage an den Brückenbauer: Warum heißt es „… und führe uns nicht in Versuchung“ und nicht doch besser: „… und führe uns in der Versuchung“?

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Ein Teil des Vaterunsers

Das Vaterunser, auf das sich die Frage bezieht, ist uns im Evangelium zwei Mal überliefert (Matthäus 6 und Lukas 11). Jesus wird es seinen Jüngern wohl in Aramäisch, der damaligen Alltagssprache, beigebracht haben. Uns sind nur alte Übersetzungen zugänglich, in Griechisch und Latein. Das Griechische, nicht ganz leicht wiederzugeben, bedeutet etwa „lass uns nicht in Versuchung geraten“ (Katechismus KKK 2846), das Lateinische heißt übersetzt „Führe uns nicht in eine Versuchung hinein.“

Klar ist: Gott ist kein Versucher

Inhaltlich ist klar, dass Gott kein Versucher ist, das ist der Satan. Gott versucht nicht, aber er erprobt, er prüft und läutert, er mutet uns Schweres zu, aber immer aus Liebe.Daher ist diese sechste der sieben Bitten des Vaterunsers nicht leicht auf den Punkt zu bringen. Ich verstehe sie in der ganzen Breite, die sich spannt von: „Mute uns nicht mehr zu, als wir tragen können“ bis „steh uns bei, wenn wir vom Bösen versucht werden.“ 

Für ein ökumenenübergreifendes Gebet

In den letzten Jahren wurde in manchen Sprachen das Vaterunser für die Liturgie neu übersetzt, in anderen, darunter Deutsch, bleibt es unverändert. Das hat im deutschen Sprachraum auch ökumenische Gründe, damit sich Evangelische und Katholiken nicht im Beten trennen. Gerade bei den bekannten und gut eingeführten Grundgebeten ist der gemeinsame Wortlaut für eine Gemeinschaft von eminenter Bedeutung.

So werden wir wohl bei der Formulierung „und führe uns nicht in Versuchung“ bleiben, wissen aber um die Breite des Gebetsanliegens und um die grundsätzliche Beschränktheit menschlicher Worte.  

 

Haben Sie ein Anliegen? Schreiben Sie eine E-Mail an brueckenbauer@dersonntag.at.

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Autor:
  • Stephan Turnovszky
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