Extremismus im Glaubensgarten

Hirtenhund
Ausgabe Nr. 41
  • Hirtenhund
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Garten voller Blumen
Gottes Blumenwiese ist zweifellos bunt. ©fotolinchen
©Der SONNTAG

Der Hirtenhund bellt diese Woche darüber, wie Extremismus die katholische Vielfalt bedroht.

Gottes Blumenwiese ist zweifellos bunt. Da dürfen kräftige rote Tomaten gleich neben grünen Gurken stehen und türkiser Thymian neben pinken Orchideen wachsen. Und selbst ein paar blau schimmernde Hyazinthen werden geduldet. So ein göttlicher Garten braucht nicht nur ausreichend Sonne, Wasser und Pflege, um zu gedeihen, es darf zugleich keine Art überproportional viel an Raum beanspruchen. Denn wer nicht auf Ausgleich bedacht ist, wird im kommenden Jahr sein blaues Wunder erleben. Gerade die blauen Traubenhyazinthen sind gnadenlos expansiv und verdrängen die bunte Vielfalt. 

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Politisches Gerangel im katholischen Schrebergarten

Genug der Polit-Petitesse. Ich beobachte aber tatsächlich jenseits der politischen Farbenlehre ein ähnliches Garten-Gerangel in unserem katholischen Schrebergarten. Immer häufiger versuchen gerade ursprünglich randständige Pflänzchen in die Mitte zu drängen und ihre Hälschen in die Sonne zu recken. Etwa die „150-Prozent-Katholiken“: Meist kulturkämpferisch gestimmte Männer, die sich hirschhornbeknöpfte Lodenjanker überziehen und lächelnd harten Tobak in den digitalen Äther erbrechen. 

Extremismus: Radikale Positionen im digitalen Raum

Einer von ihnen – Alexander Tschugguel – wirbt etwa auf seinem Telegram-Kanal „katholischerwiderstand“ für Trump, er erklärt, warum er die FPÖ wählen werde und dass jener noch immer nicht dingfest gemachte Täter, der einer Marienstatue in Linz den Kopf abgesägt hat, ein „Held“ sei. Natürlich sind Gender, Corona und Abtreibung Teufelszeug. Dass so ein Kulturkampfgeraune verfängt, beweist auch die „Gegenseite“: Wenn sich eine Gegendemo zum „Marsch fürs Leben“ als „Marsch fürn Arsch“ bezeichnet und Menschen, die sich für den Lebensschutz einsetzen, als „klerikal-faschistische Kräfte“ bezeichnet werden, dann ist etwas aus den Fugen geraten. Man muss nicht religiös gefärbt sein, um jedes Leben zu betrauern, das durch Abtreibung stirbt oder um doch das Anliegen zu teilen, Frauen in Not zu helfen. 

Verhärtungen und Stilblüten im Glaubensdiskurs

Was mich besorgt stimmt, sind die Verhärtungen allüberall. Geschwafel vom „katholischen Widerstand“ mag eine Stilblüte im göttlichen Garten sein. Aber auch diese streuen Samen. Und manchmal keimt dann plötzlich Ungewolltes und Ungesundes mitten im schönsten Blumenbeet. Ich reiße es nicht aus. Brutalität liegt mir als Hirtenhund fern. Ich warte einfach geduldig. Denn im Herbst färbt sich zwar manches plötzlich braun, aber schließlich stirbt es ab und macht einer neuen Vielfalt im Frühling Platz. 

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